Kodlitz bei Speichersdorf
27.05.2022 - 15:25 Uhr

Vor 50 Jahren Weihe für Kodlitzer Kapelle

In dem 45 Einwohner zählenden Ort Kodlitz lädt am Montag, 30. Mai, 18 Uhr, die Glocke zum Gottesdienst ein. Damit feiert ein kaum bekannter und unauffälliger Sakralbau in der Großgemeinde Speichersdorf auf den Tag genau 50. Weihejubiläum.

Die Kodlitzer Kapelle ist am 30. Mai vor 50 Jahren geweiht worden. Bild: hai
Die Kodlitzer Kapelle ist am 30. Mai vor 50 Jahren geweiht worden.

Es ist eine Kapelle mit außergewöhnlichem Erscheinungsbild, die am 30. Mai 1972, eingeweiht wurde und die im Eigentum und in der Baulast der Gemeinde Speichersdorf liegt. Über der 14 Quadratmeter großen Fläche ragt ein Satteldach aus Kunstschiefer fast bis zum Boden herab. Die Westwand schmückt ein Kreuz aus Glasbausteinen. Im offenen Glockenturm über dem First hängt eine kleine, elektrisch betriebene Glocke, darüber auf der Spitze des Türmchens ein markantes Eisenkreuz. Eine vom Hobbyschnitzer Anton Sertl aus Kemnath gefertigte Marienfigur in der Kapelle wurde im September 2003 angeschafft.

Blitzschlag im Oktober 1960

Anlässlich des Weihejubiläums hat sich Heimatforscher Werner Veigl auf Spurensuche gemacht und Zeitzeugen befragt. Baubeginn und Einweihung hatte Josef Bayer in einem kleinen Notizbüchlein festgehalten. Die Kapelle neben dem Feuerwehrhaus ist ein zentraler Platz des Dorfes geworden. Ausgangspunkt dafür war ein Blitzschlag am 31. Oktober 1960, der Ursache für einen verheerenden Brand beim Anwesen Kaußler in Nairitz war. Die Glocke und Glockenturm, der sich auf der Scheune befand, wurden ein Raub der Flammen. Fast zwölf Jahre war der Klang einer Glocke in Nairitz und Kodlitz nicht mehr vernehmbar. "Die Toten wurden ohne Glockengeläut zum Dorf hinausgefahren wie ein Stück Vieh." So drastisch schilderte der gebürtige Kodlitzer Christian Bayer die damalige Situation. Diese war für die Bewohner von Kodlitz unerträglich. So beantragten am 12. Juli 1969 Josef Bayer, Christian Bayer, Hans Ziegler, Wolfgang Krokauer und drei weitere Bürger bei der damaligen Gemeinde Plössen, auf dem Ortsgrund (Hirtgarten) eine Kapelle bauen zu dürfen. Der Antrag fand allgemeine Zustimmung.

Den Plan für die Kapelle fertigte Baumeister Hans König von Kirchenlaibach, der auch die Bauleitung innehatte. Der Bauantrag vom 19. Februar 1971 wurde laut Beschluss des Landratsamtes Kemnath vom 14. Mai 1971 genehmigt. Als Bauherr trat die Ortsgemeinde Kodlitz auf. Der Bauplan wurde von Christian Bayer unterzeichnet. Noch im November begann der Bau, berichtet Josef Bayer.

Viele Kodlitzer Bürger haben durch ihre Arbeitseinsätze die Kapelle in fast ausschließlicher Eigenleistung entstehen lassen. Lediglich der Dachstuhl wurde in fremde Hände vergeben. Ihn hat die Firma Zimmermann aus Windischenlaibach kostenlos angefertigt. Das Holz dazu hatten Kodlitzer Landwirte gespendet.

Am 30. Mai 1972 erhielt die Kapelle durch Pfarrer Peter Schwarzfischer von Kirchenlaibach den kirchlichen Segen. Anschließend fand darin die erste Maiandacht statt. Die Bevölkerung von Kodlitz nahm regen Anteil an der Einweihung und freute sich, dass in ihrem Ort die Stimme einer Glocke wieder zu hören war. Laut Christian Bayer wurde die Kapelle der Heiligsten Dreifaltigkeit geweiht, die Homepage der Gemeinde Speichersdorf gesagt aber, dass die Kapelle der Muttergottes geweiht ist.

Erst mit der feierlichen Einweihung der neuen Dorfkapelle im Frühjahr 1972 konnten die Gläubigen den Ruf einer Glocke wieder wahrnehmen. Wie aus der Glockenumschrift hervorgeht, wurde sie im Jahr 1956 von der Firma Johann Hahn in Landshut gegossen und Maria geweiht. Sie trägt die Aufschrift "Hohenzant" und ein Bildnis von der Muttergottes mit dem Jesuskind. Hohenzant dürfte der Name des Glockengießers sein. Nach Aussage von Christian Bayer ist die Glocke eine Stiftung des Bauern Wolfgang Lehner von Selbitz, gestorben 1959.

Auch in Landshut gegossen

"Schon in den 1950er Jahren befand sich die Glocke zur Aufbewahrung im Wohnhaus der Familie Seitz in Kodlitz", berichtet Erika Schlöger, geborene Seitz. Die Stiftung dürfte demnach im Jahr 1956 erfolgt sein. Die Glocke auf dem Dachreiter des Wohnhauses von Wolfgang Lehner (1880 bis 1959) in Selbitz war im Zweiten Weltkrieg konfisziert worden. 1949 ließ er eine neue Glocke von der Glockengießerei Hahn in Landshut anfertigen. Die Geläute in Selbitz und in Kodlitz wurden also von der gleichen Firma hergestellt. Damit wird die Aussage von Christian Bayer untermauert, dass die Marienglocke in Kodlitz eine Stiftung des Bauern Lehner sein könnte. Der Beweggrund dazu ist nicht mehr bekannt.

Die gut erhaltene und sehr gepflegte Kapelle wird von Maria Schreglmann seit 26 Jahren mit viel Liebe und Hingabe geschmückt. Außerdem fungiert sie als Vorbeterin bei den verschiedensten Anlässen. Dieses Ehrenamt hat sie nach dem Tod von Anna Seitz am 1. April 1996 übernommen. Einmal im Jahr hält Pfarrer Sven Grillmeier von Kirchenlaibach eine feierliche Maiandacht in der Dorfkapelle in Kodlitz.

Hintergrund:

Die Kapelle in Kodlitz

  • beantragt bei der Gemeinde Plössen: 12. Juli 1969
  • Bauantrag: 19. Februar 1971
  • Genehmigung: durch das Landratsamt Kemnath am 14. Mai 1971
  • Baubeginn: Frühjahr 1972
  • Weihe: 30.Mai 1972 durch Pfarrer Peter Schwarzfischer von Kirchenlaibach
 
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