Kohlberg
12.03.2019 - 10:45 Uhr

Neu entdeckt: Längst vergessene Volksmusik

Es ist ein besonderes Ereignis in der Gemeinde: Der Bezirksheimatpfleger und das Oberpfälzer Volksmusikarchiv (OVA) präsentieren eine Bearbeitung einer alter Handschriftenreihe.

Die „7gscheitn und Freunde“ sorgen im Gasthaus Frieser für einen gelungenen Abend mit bodenständiger Volksmusik. Franz Maier (vorne, links) hat die Stücke in der „Neuen Folge“ der Reihe „Volksmusik aus der Oberpfalz“ bearbeitet und sorgte als Ansager mit seinem erfrischenden Humor für viele Lacher bei den Besuchern. Auch Bezirksheimatpfleger Dr. Tobias Appl (hinten, links) und Stellvertreter Florian Schwemin haben Spaß an der Präsentation. Bild: jml
Die „7gscheitn und Freunde“ sorgen im Gasthaus Frieser für einen gelungenen Abend mit bodenständiger Volksmusik. Franz Maier (vorne, links) hat die Stücke in der „Neuen Folge“ der Reihe „Volksmusik aus der Oberpfalz“ bearbeitet und sorgte als Ansager mit seinem erfrischenden Humor für viele Lacher bei den Besuchern. Auch Bezirksheimatpfleger Dr. Tobias Appl (hinten, links) und Stellvertreter Florian Schwemin haben Spaß an der Präsentation.

Bezirksheimatpfleger Dr. Tobias Appl und sein Stellvertreter Florian Schwemin stellen im Gasthof Frieser in Kohlberg die neue Notenedition der Kultur- und Heimatpflege vor. Nach fast fünf Jahrzehnten wird die 1970 vom damaligen Heimatpfleger Dr. Adolf Eichenseer gegründete Reihe „Volksmusik aus der Oberpfalz“ inhaltlich überarbeitet als „Neue Folge“ fortgeführt. Alle an ursprünglicher Musik Interessierte waren bei freiem Eintritt eingeladen.

Was die Gäste dann von den „7gscheitn und Freunden“ in verschiedener Instrumentenbesetzung zu hören bekamen, war Volksmusik vom Feinsten. Ehrlich, bodenständig und ganz ohne technischen Schnickschnack. Mit raffinierten Taktwechseln, interessanten Begleitstimmen und gewürzt mit dem trockenen Humor von Franz Maier, der über alle Stücke, ihre Verfasser und die geschichtliche Entwicklung kurz informierte. Ihm ist es besonders zu verdanken, dass diese Sammlung erschienen ist, auch wenn man dem Notenmaterial nun nicht mehr ansieht, wie viel Arbeit, Herzblut und kompositorische Fähigkeiten von ihm darin enthalten sind. Die Musik berührte das Gemüt, man konnte fast bildlich sehen, wie sich damals die Tanzpaare im Walzer- oder Polkatakt drehten.

In dieser ersten Ausgabe sind auch zwei Lieder aus den Notenbüchern des Kohlberger Schuhmachers, Musikers und Krämers Christoph Haberländer (1821-1891) enthalten, die „Die 7gscheitn und Freunde“ im Gasthof Frieser erstmals wieder erklingen ließen. Deshalb wurde Kohlberg auch als Präsentationsort gewählt. Am Ende des sehr gelungenen Abends erhielten die Musiker verdient viel Applaus und zweiter Bürgermeister Gerhard List von Bezirksheimatpfleger Appl für den Markt das Prädikat „Kunst- und Kulturort“. Bezirkstags-Vizepräsident Lothar Höher stellte in seinem Grußwort den Wert alter Volksmusik in den Vordergrund und lobte: „Es ist erfreulich, dass sich auch in der Oberpfalz die jungen Leute wieder stark für Tracht, Laienspiele und früher gebietstypische Tänze interessieren.“

Durch diese Neuauflage macht die Kultur- und Heimatpflege des Bezirks den reichen Fundus des 1969 gegründeten Oberpfälzer Volksmusikarchivs (OVA) wieder zugänglich. Der Bestand des OVA umfasst rund 800 Nachlässe von Tanzkapellen, Musikgruppen und Einzelpersonen. Der Umfang reicht vom einzelnen Liederheft bis hin zum gesamten musikalischen Lebenswerk eines Musikanten oder einer Kapelle. Die Noten- und Liedhandschriften stammen überwiegend aus der Zeit von Mitte des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. Für das erste Heft hat OVA-Mitarbeiter Franz Maier gut ein Dutzend Stücke aus Kohlberg, Nabburg, Parkstein, Schierling, Schwandorf, Sulzbach-Rosenberg und Weiden für verschiedene Besetzungen eingerichtet. Walzer, Ländler, Schottisch, Bayerisch Polka, je eine Mazurka, eine Weihnachtsweise und eine Parodie bilden mit der getragenen Musik der Prüfeninger Arie einen bunten musikalischen Streifzug durch vergangene Zeiten. Drei Bonusstücke komplettieren die Mappe mit 12 Beiträgen.

Christoph Haberländer:

Christoph Haberländer: Schuhmacher, Krämer und Volksmusikant. Haberländer (1821-1891) stammte nach Auskunft des früheren Kohlberger Bürgermeisters Karl Prösl aus dem ehemaligen Anwesen Helmstreit (Hausname Schatzl) im Ortsteil Froschau und wohnte später am oberen Markt. Der Familienname erscheint laut Chroniken-Verfasser Walter Fischer über etliche Jahrzehnte in mehreren Linien im Markt. Eine nette Episode aus der Zeit ist, dass eine der Namensträgerinnen einen Mann namens Teufel heiratete. In der nächsten Generation kam nun ein Sohn zur Welt, der katholischer Priester werden sollte, was bei diesem Familiennamen natürlich undenkbar war. Auch deshalb nahm die Familie den Mädchennamen der Großmutter wieder an.

Aus dem Begleittext der Sammlung „Volksmusik aus der Oberpfalz“ geht hervor, dass Haberländer in seinem „Ländlerbuch“ von 1840 weit über 200 einstimmige Walzer, Halbwalzer und Galopp in gut leserlicher Handschrift aufgezeichnet hat. Zu hören waren an dem Abend der Haberländer Galopp und sein Schuhmacher-Walzer. Kommentar von Musiker Maier: „Bei dem Galopp kommt man ganz schön ins Schwitzen, ja, der hat schon was drauf gehabt!“ Haberländers Stücke sind in der Sammlung Parkstein Nr. 2 erfasst. Dort wurden vor Jahrzehnten in einem Abbruchhaus acht große Kartons mit alten Liederhandschriften entdeckt und dem OVA übergeben. Mit dabei, das Original-Ländlerbuch des Christoph Haberländer, das der Heimatpfleger den Gästen gerne präsentierte.

180 Jahre alt und immer noch gut lesbar, das „Ländlerbuch“ des Kohlberger Volksmusikers Christoph Haberländer. Bezirksheimatpfleger Dr. Tobias Appl (Mitte) präsentiert hier das wertvolle Stück zweitem Bürgermeister Gerhard List (links) und einem Besucher aus Georgenberg. Bild: jml
180 Jahre alt und immer noch gut lesbar, das „Ländlerbuch“ des Kohlberger Volksmusikers Christoph Haberländer. Bezirksheimatpfleger Dr. Tobias Appl (Mitte) präsentiert hier das wertvolle Stück zweitem Bürgermeister Gerhard List (links) und einem Besucher aus Georgenberg.
Bezirksheimatpfleger Dr. Tobias Appl zeigt das „Ländlerbuch“ des Kohlberger Schuhmachers, Krämers und Volksmusikanten Christoph Haberländer von 1840 gerne den Besuchern. Bild: jml
Bezirksheimatpfleger Dr. Tobias Appl zeigt das „Ländlerbuch“ des Kohlberger Schuhmachers, Krämers und Volksmusikanten Christoph Haberländer von 1840 gerne den Besuchern.
 
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