Heute werden Lehrer dringend gesucht, sogar Prämien sollen Anreiz geben. Die Besoldung vor rund 150 Jahren dagegen war geradezu erbärmlich. Das geregelte Einkommen des Altenstädter Lehrers Engel setzte sich 1872 zusammen aus Schulgeld von 83 Werktagsschülern à 2,80 Mark (232,40 Mark) und von 37 Feiertagsschülern à 1,40 Mark (51,80 Mark). Sein Jahresgehalt belief sich also auf insgesamt 284,20 Mark. Weitere Einnahmen kamen von der Ausstellung von Schulentlassscheinen (Zeugnisse) für 1,03 Mark, aus der Kreisschuldotation, dem Kreiszuschuss in Höhe von 86,28 Mark.
Aus der Schulchronik
In einer über 100 Jahre alten, wenn auch nicht ganz vollständigen, Schulchronik an der Grundschule Altenstadt/WN finden sich Unterlagen über das Gehalt eines Lehrers. Die Schule selbst kann wesentlich älter datiert werden. Bereits 1526 hatte der Pfarrer von Altenstadt einen Kaplan und einen Lehrer am Ort. Dass es sich dabei eindeutig um zwei Personen handelte, ergibt sich aus einem Zahlungsbeleg im Stadtarchiv Neustadt/WN. Beide standen bei ihm in Kost, sind also am Pfarrort anzusiedeln. Hier lässt sich aber - so der Heimatforscher Jörg Krämer - nicht eindeutig sagen, wo sie unterrichtet haben. Da die Stadt Neustadt bereits im 15. Jahrhundert Schullehrer urkundlich nachweisen kann (in einem Steuerbuch von 1463 heißt es "Item der Schulmeister rechnet"), werden sie, seiner Meinung nach, "kaum in Altenstadt tätig gewesen sein".
Gehen wir in das Jahr 1853. Der damalige Lehrer schrieb sich Georg Engel, wo er herkam und wo er hinging, kann nicht mehr herausgefunden werden. Ob noch weitere Lehrer unterrichteten, ist nicht bekannt. Eines aber wissen wir, er unterrichtete 29 Jahre in Altenstadt. Sein Nachfolger Josef Pöll, der spätere Ehrenbürger, übernahm 1882 die einklassige Schule. Noch war die Schule des Pfarrdorfes 1878 der Distriktsschulinspektion Neustadt/WN zugeordnet.
Altenstadt hatte seit 14 Jahren den Bahnanschluss, der Ort bestand aus 57 Häuser, 92 Familien und 391 Einwohner. Es gab drei Metzger, drei Wirte und zwei Krämer. Arzt und Apotheke waren in Neustadt/WN. Im Vorbereitungsdienst mit 1., 2. und 3. Klasse besuchten den Unterricht 82 Werktagsschüler und 35 Feiertagsschüler. Eingeschult waren auch die Kinder der Ortsteile Haidmühle, Klobenreuth, Menzlhof, Moosöd (Waldhof), Sauernlohe, Süßenlohe und Ziegelhütte.
12 Ster Holz
Das Schulhaus, 1796 erbaut, stand am Friedhof, damals noch mitten im Ort, und wird als zweistöckig bezeichnet. Es war die Zeit des "armen Dorfschullehrerleins". Das geregelte Einkommen des Altenstädter Lehrers Engel wurde noch aufgewertet durch Unterstützungsmaßnahmen der Gemeinde. Sie lieferte dem Pädagogen 12 Ster weiches Scheitholz und zwar 3 Ster in natura, welche sie herbeifahren und klein machen ließ und 9 Ster in Geld im Wert von 64,50 Mark (einschließlich Hauer- und Fuhrlohn).
Die Beheizung und Reinigung der Schullokalitäten besorgte der Lehrer für 7,30 Mark und Benützung des Forstackers zu 46,7 Aar. Zur Lehrerwohnung (parterre) gehörte damals auch ein Stall für vier Stück Vieh und drei Schweineställe. Ob es der Anbau mit dem böhmischen Gewölbe war? Hinzu kam eine Holzlege, eine Scheune außerhalb des Ortes, ein Waschkessel beim Eingang ins Schulzimmer und ein kleiner Hofraum. Die Benutzung des Gemeindebackofens - er stand an der Grundstücksgrenze der Familie Eduard Greiner, nur ein paar Meter entfernt - war ihm erlaubt. Was fehlte war ein Brunnen und so musste der Lehrer das Trinkwasser am nahen Ortsbrunnen holen.
Organist bei Messen
Im Schulsprengel lagen die Ortskirche Maria Himmelfahrt und die Wallfahrtskirche St. Anna in Mühlberg. In der Ortskirche hatte der Lehrer bei gestifteten Gottesdiensten, Leichen, Hochzeiten, Taufen und bei den Hl. Messen, in Mühlberg bei etwa acht bis zehn Messen, ein oder zwei Votivämtern und eine Litanei, als Organist zu fungieren. Die pfarrlichen Gottesdienste an Sonn- und Festtagen wurden größtenteils in Neustadt/WN abgehalten. Bei den wenigen Ämtern in Altenstadt agierte der Lehrer nur als Mesner. Zu Nebenverdienst durch Privatunterricht war wenig Gelegenheit gegeben: Die Bauern brauchten ihre Kinder am Feld und im Hof.
Gebetläuten
Aufgebessert wurde das Gehalt durch die Tätigkeit als Organist und Mesner: Von der Kirchenstiftung Altenstadt erhielt er für gestiftete Jahrtagsmessen und Messen 18,08 Mark. Für Leichen, Hochzeiten, Taufen und ähnliche Dienste 45,62 Mark. Dazu kamen 16 Weizen-, 65 4/8 Korn-, 21.2/8 Gersten-, 24 4/8 Haberläutgarben im Wert von 52,45 Mark. Für Belegung des ewigen Lichtes in der Kirche gab es 2,06 Mark, für das Samstag-Gebetläuten 8,06 Mark und für die Reinigung der Kirchenwäsche 3,43 Mark.
Das Abholen des heiligen Öls wurde entlohnt mit 1,05 Mark. In St. Anna gab es für eine Jahrtagsmesse 29 Pfennige, von St. Felix kam ein Gehalt von 6,86 Mark. Nicht zu verachten waren die 34 Laib Läutbrot für 11,66 Mark, und die Fastenspende in Geld mit 25,94 Mark. Willkommen waren auch die jährlichen 89 Stück Eier mit 1,27 Mark und das Totengräberamt mit 49,20 Mark. Nach der Osterzeit sammelte der Lehrer im Auftrag des Pfarrers insgesamt 240 Beichtzettel-Eier ein, dafür gab es 3,43 Mark.
Ohne diese Nebenverdienste und Zuschüsse war das Auskommen kaum möglich. Zahlen musste er für die Wohnung 20,60 Mark, für 4,94 Tagwerk Äcker, zwei Tagwerk Wiesen, 0,21 Tagwerk Garten insgesamt 49,97 Mark und fürs Weiderecht 86 Pfennige. An weiteren Lasten musste er unter anderem für den angestellten Totengräber 24,60 Mark bereitstellen. Seine Vorgänger im Amt mussten diese Tätigkeit noch selbst ausüben.
105 Mark im Monat
So blieb ihm ein monatliches Einkommen von rund 87 Mark. Diese Summe erhöhte sich durch weitere Zuwendungen: So erhielt er aus einem Zentralfonds 103,14 Mark und aus dem Kreisfonds 29,55 Mark. Als Gemeindeschreiber kamen 80 Mark hinzu und vom Standesamt 12 Mark. Summa summarum betrug sein Lehrergehalt im Monat etwa 105.00 Mark. (cr)
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