2010 erteilte Pfarrer Arnold Pirner dem Bildhauer Wendelin Sperl einen anspruchsvollen Auftrag. Er sollte eine rund ein Meter große, armlose Christusfigur restaurieren. Diese Aufgabe meisterte er mit fachlicher Kompetenz und Einfühlungsvermögen. Ursprünglich hing der Torso an einem überdachten Flurkreuz nahe der Luhebrücke, die einst das Ende der Weidengasse (heute: Lilienstraße) bildete. Dort war er den Unbilden des Wetters ausgeliefert. Auch eine uralte Linde bot keinen hinreichenden Schutz, so dass seine farbige Fassung ziemlich gelitten hatte.
Weitaus schlimmer aber war, dass das Abbild des Gekreuzigten zwei Gliedmaßen unwiederbringlich verlor. Während man den rechten Arm aus seiner Verzapfung gerissen hatte, war der linke irgendwann brutal abgeschlagen worden. Waren marodierende Soldaten im 18. Jahrhundert die Täter? Der Markt Luhe litt nämlich mehrfach entsetzlich unter Truppendurchzügen und Einquartierungen.
Eine Erneuerung erschien unmöglich. Deshalb ließ der Oberpfälzer Waldverein Luhe 1978 ein Ersatzkreuz an die besagte Stelle setzen. Der geschändete Gekreuzigte hingegen erhielt von Pfarrer Josef Scherr einen Ehrenplatz. Er ließ ihn im Kaminzimmer des 1979 zum katholischen Gemeindezentrum umgebauten Pfarrhofs anbringen. Weil er und Nachfolger Johann Stich sich mit Amtsbruder Roland Schwarz gut verstanden, erlaubten sie den evangelischen Christen aus Luhe und Umgebung, sich in stilvoller Atmosphäre zu Gottesdiensten zu versammeln. Zuvor hatten diese sich mit einem ungeheizten Klassenzimmer im alten Schulhaus begnügen müssen.
2010/11 wurde der barocke Pfarrhof unter Pfarrer Arnold Pirner restauriert und seinem ursprünglichen Zweck als Wohnstätte des Ortsgeistlichen gewidmet. Die Christusfigur ohne Arme zog in das Büro um, wo sie jeden Besucher beeindruckt. Ein neues Pfarrheim entstand nebenan.
Matthias Wenger, Referent für Skulptur und Malerei im Bayerischen Nationalmuseum, verortet die Jesusfigur in das 18. Jahrhundert. Dafür spreche die Bindung des Lendentuchs, das mit einem Strick zusammengehalten werde und die Körperpartie nicht komplett verhülle. Das Haupt Christi dagegen lasse eher die Spätgotik anklingen. Auf jeden Fall sei das Werk interessant, zumal es sich offensichtlich in einem guten Erhaltungszustand präsentiere. Gerade deshalb ist anzunehmen, dass man den Gekreuzigten die meiste Zeit in einem geschlossenen sakralen Raum verehrte, bevor er an ein Flurkreuz im Freien „verbannt“ wurde.
Von 2004 bis 2008 wurde die Nikolauskirche in Luhe renoviert. Dabei stellte sich heraus, dass die beiden Engel am Hochaltar vom Holzwurm zerfressen waren. Bildhauer Wendelin Sperl ließ sie in barockem Glanz und Ausdruck wieder auferstehen. Auch in anderen Gotteshäusern hat der ortsansässige Künstler Spuren hinterlassen, etwa beim Ensemble aus Bischof Martin, Bettler und Gans in der Neustädter Pfarrkirche. 2007 erneuerte er das „Altehrwürdige Pilgerkreuz der Maria-Kulm-Wallfahrer“.
Festschrift des OWV Luhe zum 60. Gründungsfest 1982.
Bayerisches Nationalmuseum, München.
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