Nicht immer, aber immer öfter stehen Veranstaltungen im Stadttheater Marienbad auch im Terminkalender von Kulturfreunden aus dem Oberpfälzer Grenzgebiet. Das Stadttheater im westböhmischen Marienbad(tschechisch Mariánské Lázne) liegt knapp 40 Autominuten von Tirschenreuth entfernt und bietet ein umfangreiches Angebot (nicht nur) klassischer Konzerte auf höchstem Niveau.
Neben dem Westböhmischen Symphonieorchester, das landesweit zu den besten zählt, sind in dem Theater, das 2018 das 150-jährige Bestehen feierte, regelmäßig Musiker der renommiertesten Ensembles aus dem In-und Ausland zu Gast. Außerdem gibt es bedeutende Festivals, wie etwa das Chopin-Festival, das Mitte August 2019 zum 60. Mal stattfindet. Auch das prachtvolle Jugendstilgebäude selbst ist einen Besuch wert. Die Karten dafür kann man mittlerweile im Internet auch schon in Euro bezahlen.
Bis das Theater in seiner heutigen Form gebaut wurde, bedurfte es viel Überzeugungsarbeit. Im Bebauungsplan der Stadt befand sich ein Theatergebäude bereits im Jahr 1818, als Marienbad gerade als Kurort anerkannt und mit dem Aufbau des Kurbades begonnen wurde. Bis das heutige Stadttheater eröffnet werden konnte, sollten allerdings weitere 50 Jahre vergehen.
Vorläufer war das sogenannte "Bretterbudentheater" - bis 1945 wurde in deutscher Sprache gespielt. Die Erlaubnis inklusive finanzieller Unterstützung für das provisorische Brettertheater kam vom Abt Reitenberger aus dem Stift Tepl, dem Begründer des Kurortes Marienbad. Bespielt wurde das Bretterbuden-Theater in den Skalník-Gärten während der Kursaison durch Wanderensembles, die unter anderem aus Karlsbad kamen. Es folgen einige weitere Übergangslösungen, bevor die Theaterszene in Marienbad ihr eigenes Gebäude bekam.
Johann Mussil, der 1852 die Leitung übernahm, gelang es, die Kurleitung zu überzeugen, ein ständiges Theatergebäude zu errichten. Den Baugrund stellte das Kloster Tepl kostenlos zur Verfügung, gebaut wurde nach den Plänen des Architekten Friedrich Zickler im Neorenaissancestil. Finanziert wurde der Bau bereits vollständig aus Einnahmen aus der Kurtaxe. Die erste Vorstellung fand am 8. August 1868 statt. Für seine Zeit war das Theater sehr modern ausgestattet. 1910 wurde auf der Bühne und im Zuschauerraum elektrische Beleuchtung installiert. Unter der Leitung von Julius Laska erlebte das Theater ab 1889 die erfolgreichste Phase seiner Geschichte. Was als Provinztheater begann, konnte sich im Laufe der Zeit auf technischem und künstlerischem Niveau mit Großstadttheatern messen und hatte regelmäßig Größen der europäischen Theaterszene zu Gast. 1905 wurde das Theater nach den Plänen des Architekten Alfred Walcher aus Montheim im Jugendstil umgebaut.
In der Zeit der Ersten Republik hatte die Theaterszene mit der aufkommenden Konkurrenz durch Film und Radio zu kämpfen. Diese machte es zunehmend unmöglich, das hervorragende Niveau zu halten. Die politische Lage und vor allem die Weltwirtschaftskrise verschlechterten die Situation zusätzlich. Die Bemühungen um finanzielle Subventionen blieben erfolglos. Dennoch ist auch für das Jahr 1938 eine fast uneingeschränkte Tätigkeit des Marienbader Stadttheaters belegt. Noch 1943 feierte das Theater 75-jähriges Bestehen und bespielte von November 1943 bis April 1944 erstmals auch eine Wintersaison. Im März 1944 spielte das Theater noch eine kurze Zeit. Besucher waren hauptsächlich deutsche Soldaten aus den Lazaretten. Die letzte Vorstellung gab es am 31. August 1944. Einen Tag später wurde das Ensemble in der Kriegsindustrie eingesetzt.
Von Mai bis November 1945 übernahmen die Amerikaner das Theater. Das deutsche Personal blieb bis zur Vertreibung 1945. Vorübergehend wurde das Theater als Kino genutzt, in dem amerikanische Filme liefen, die über ein Sonderkontingent an Karten auch Zivilisten zugänglich waren. Später nahm sich das örtliche Kulturhaus des Theaters an. Noch im November 1945, nach dem Abzug der Amerikaner, gab es die erste tschechischsprachige Nachkriegsproduktion.
Bereits 1945 gründete sich das Volkskunsttheater, das zuerst als eigenständige Theatergesellschaft fungierte, sich dann aber den staatlichen Massenorganisationen anschließen musste, denen dann auch das Stadttheater gehörte. Heute wird das Stadttheater von der Organisation "Kultur und Informationszentrum Marienbad" betrieben. Haupteinnahmequelle der Stadt sind die Kurbäder und der Tourismus. Das Theater trägt zu einem attraktiven kulturellen Angebot bei, das seit der Grenzöffnung zunehmend Besucher aus dem Nachbarland anzieht.
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