Die Bürgerinitiative Brand kämpft weiter gegen die Mega-Stromtrasse Süd-Ost-Link. Laut einer Pressemitteilung sind Gründe dafür nicht nur die massiven Naturzerstörungen, sondern angesichts der Kostenexplosion auch uferlos steigende Strompreise für die Bevölkerung. "Bis heute fehlt zudem der Nachweis, dass eine zentrale Stromversorgung mit Mega-Stromtrassen wirtschaftlicher ist als eine dezentrale Stromversorgung vor Ort", so die BI.
Die schweren Eingriffe in die Natur durch die HGÜ-Leitung Süd-Ost-Link wird in der Gemeinde Brennberg bei Regensburg schon heute sichtbar: Hier hat der Netzbetreiber Tennet auf rund vier Kilometern eine 40 Meter breite Schneise in einen alten Baumbestand schlagen lassen. Noch vor der offiziellen Baugenehmigung, dem sogenannten Planfeststellungsbeschluss, sei dies durch das neue Netzausbaubeschleunigungsgesetz (Nabeg) ermöglicht worden, heißt es in der Mitteilung. Durch die Rodungen sei ein zusammenhängendes Waldgebiet unwiederbringlich zerstört.
"Die Baumfällungen in Brennberg lassen erahnen, wie es bald im Fichtelgebirge aussehen wird. Rigoros sollen Bäume gefällt und Schneisen geschlagen werden. Beginnend westlich von Brand über das Geotop Vogelherd, in nur 70 Metern Abstand zum Naturschutzgebiet Ruhberg bis nach Preisdorf soll mitten durch einen vollkommen intakten, zusammenhängenden Wald auf einer Breite von 40 Metern eine über fünf Kilometer lange Schneise geschlagen werden. Dies stellt einen großen Verlust eines alten gesunden Baumbestandes dar", sagt BI-Sprecherin Irene Fickentscher. Auch Gefahren am verbleibenden Wald seien durch diese lange Gasse zu erwarten. Die Bäume würden angreifbar für Sturmböen und seien ungeschützt der Sonne ausgesetzt. "Durch die Austrocknung werden sie anfällig für Schädlinge wie den Borkenkäfer und somit absterben. Das Verlegen der Stromleitungen in Kabelgräben verändere zusätzlich die Bodenstruktur und die Wasseradern im Boden."
Sorge um Gleichgewicht
Wegen des harten Basaltfelsens in der Region um den Ruhberg plane man Sprengungen sagte laut der BI ein Mitarbeiter des Stromnetzbertreibers Tennet. Das Ökosystem Wald nahe des Biotops "Vogelherd" und des Naturschutzgebietes "Ruhberg südlich Arzberg" wird nach Ansicht der Bürgerinitiative ruiniert, seltene Tiere werden vertrieben und Pflanzen sterben aus.
"Das ökologische Gleichgewicht wird unabänderlich gefährdet. Umweltauswirkungen und der Artenschutz sollen laut Energie-Wirtschafts-Gesetz durch den Betreiber finanziell pro angefangenem Kilometer mit 25 000 Euro für Artenhilfsprogramme ausgeglichen werden. Die Naturzerstörungen lassen sich dadurch allerdings nicht rückgängig machen." Ausgleichszahlungen, unkalkulierbare Baukosten und Entschädigungen des ganzen Bauprojektes werden über steigende Netzentgelte auf den deutschen Stromnutzern übertragen, befürchten die BI-Mitglieder.
Das Gegenmodell der Berechnungen, also die dezentrale regionale Versorgung, fehle. Der 2015 beschlossene zentrale Stromnetzausbau mit unbezahlbaren Mega-Stromtrassen muss nach Ansicht der BI neu betrachtet werden. Inzwischen hätten sich die wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Bedingungen grundlegend geändert.
"Wir verweisen auf die Studie ,Über-dimensionierter Netzausbau behindert die Energiewende' von Professor Lorenz Jarass. Für das Bauvorhaben fehlt eine detaillierte Wirtschaftlichkeitsberechnung mit allen Folgekosten wie Entschädigungen oder erschwerte Baubedingungen. Tennet scheint erkannt zu haben, dass die ganzen HGÜ-Projekte in Deutschland ein finanzielles Fiasko werden und strebt deshalb den Verkauf des deutschen Netzes an den Staat an. Bei der derzeitigen katastrophalen Finanzlage unmöglich vertretbar. Der Koalition fehlen 60 Milliarden, wie durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klima- und Transformationsfonds (KTF) offenbart wurde. Woher soll die Bundesregierung angesichts leerer Kassen und bestehender Milliarden-Kredite das Geld für diese Kosten nehmen?"
Unkalkulierbare Kosten
Megastromtrassen quer durch Deutschland für den europaweiten Stromhandel zu bauen, die die deutschen Bürger finanzieren, von welchen in erster Linie die angrenzenden Länder profitieren, ohne sich an den Kosten zu beteiligen, wird zu großen sozialen Unfrieden führen, befürchten die BI-Mitglieder laut der Mitteilung. Letztendlich würden die unkalkulierbaren Kosten über steigende Netzentgelte durch den Bürger getragen werden.
Fickentscher weiter: "Diese Vorhaben stehen nicht in Zusammenhang mit der Energiewende und fördern damit auch nicht den Klima- und Umweltschutz, wie gebetsmühlenartig im ,Märchen vom Windstrom' von Nord nach Süd erzählt wird. Die Leitungen dienen, wegen der Anbindung des Stromnetzes an die Nachbarländer größtenteils dem Transport von klimaschädlichem Kohle- oder Atomstrom im Rahmen eines europäischen Energiehandels." Gesetzlich sei festgelegt, dass 70 Prozent für grenzüberschreitenden Stromtransport in Europa in den HGÜ-Leitungen fließen müsse.
Bedarfsrechnung zweifelhaft
Die Modellregion Wunsiedel im Fichtelgebirge mit dem "Wunsiedler Weg" der SWW zeigt laut der Mitteilung, "dass unsere Forderung nach einer dezentralen Versorgung berechtigt ist. Im Netzentwicklungsplan wurde das Gegenmodell mit dem Bau von Speichern für erneuerbare Energie mit dezentraler Versorgung in der Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht berücksichtigt. Zweifelhaft sei auch die Bedarfsberechnung. Das Kraftwerk Isar 2 müsse mit 1,4 Gigawatt ersetzt werden. Durch den Süd-Ost-Link bekomme der Freistaat Bayern aber vier Gigawatt geliefert. "Wo gehen die übrigen 2,6 Gigawatt hin? Braucht man im Süden überhaupt zusätzlich vier Gigawatt aus dem Norden?", fragt Irene Fickentscher.
Die BI fordert "ein Aufschieben der ganzen Planungen und eine Ermittlung des Bedarfs von einer neutralen Seite mit neuen Berechnungen. Angesichts leerer Kassen des Bundes, hoher steigender Kosten für den Bau der Mega-Stromtrassen und der massiven Umweltschäden durch deren Bau muss ein Umdenken stattfinden. Das noch vorhandene Geld sollte zuerst in den prinzipiell notwendigen Ausbau des bestehenden Nieder- und Mittelspannungsnetzes vor Ort gesteckt werden. Der Bau der Mega-Stromtrassen und insbesondere des Süd-Ost-Links gehören auf den Prüfstand, da die Finanzierung in Folge der steigenden Baukosten nicht mehr gesichert ist."
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