Marktredwitz
02.10.2019 - 14:55 Uhr

Als entartet gebrandmarkt

Ein kaum bekannter Künstler erfährt späte Anerkennung: Josef Hermann Hendel ist ein besonderer Botschafter des Egerlandes. Seine Bilder sind nun in einer Ausstellung zu sehen.

Die Ausstellung im Egerland-Kulturhaus eröffneten (von links) Janis Große-Wöstmann, Pablo Schindelmann, Beate Roth, Horst Geißel, Volker Dittmar, Ute Ewering und der stellvertretende Bundesvüarstäiha Günther Wohlrab. Bild: Matthias Kuhn
Die Ausstellung im Egerland-Kulturhaus eröffneten (von links) Janis Große-Wöstmann, Pablo Schindelmann, Beate Roth, Horst Geißel, Volker Dittmar, Ute Ewering und der stellvertretende Bundesvüarstäiha Günther Wohlrab.

Beim Egerlandtag 2019 mit dem 49. Bundestreffen der Egerland-Jugend - Motto: „Tradition hat Zukunft“ - gab es in der Egerländer Kunstgalerie ein besonderes Ereignis zu feiern. Mit der Eröffnung der Ausstellung „Josef Hendel – Wiederentdeckung eines Egerländer Künstlers“, die bis zum 25. Januar 2020 zu sehen ist, wird ein Künstler aus Roßbach im Ascher Land wieder in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt: Josef Hermann Hendel wirkte im Umfeld von Paul Klee, Wassily Kandinsky, Lionel Feininger und László Moholy-Nagy. Das Egerland-Museum ist Dienstag bis Sonntag von 14 bis 17 Uhr geöffnet.

Beate Roth aus Wunsiedel, die Kuratorin der Ausstellung, machte Museumsleiter Volker Dittmar auf den Künstler aufmerksam. Zeitgleich wird im Foyer des Rosenthal-Theaters bis 25. Oktober eine Ausstellung gezeigt, die die Bezüge zwischen Hendel, Walter Gropius, dem Bauhaus und Selb beleuchtet. Diese Doppelausstellung wurde möglich durch die Selb 2023 gGmbH, deren Zweck die Vorbereitung der deutsch-tschechischen Freundschaftswochen ist. Geschäftsführer Pablo Schindelmann wies darauf hin, dass die Grenzregion neben der unberührten Natur, den kraftvollen Orten und den Bädern eine hohe Dichte und Qualität von Design, Kunsthandwerk und Gestaltung bietet. Diese Faktoren machten Josef Hendel zu einem besonderen Botschafter des Egerlandes, der viele dieser Felder besetze.

Die Finanzierung dieser Ausstellung war also, gerade im Bezug auf das 100. Bauhaus-Jubiläum, ein ideales Projekt in der Vorbereitung auf die Freundschaftswochen. Anfang der 90er Jahre kam die Gemeinde Neunkirchen in den Besitz des Werkes von Josef Hendel. Diese betreute Dr. Ute Ewering mit dessen Katalogisierung. Dadurch konnte sie viele Gespräche mit Josef Hendel und dessen Frau Maria führen und wurde zu einer besonderen Kennerin des Künstlers und seines Werkes. Die 1500 Stücke zählende Sammlung gilt als sehr umfangreich. Und daraus die Werke auszuwählen, die jetzt im Fichtelgebirge ausgestellt werden, machte das fast zu einer Mammutaufgabe.

In der Egerländer Kunstgalerie liegt der Fokus auf den teils kolorierten Federzeichnungen, Skizzen und einigen Ölbildern. Aber auch Hendels Sekretär und die darin gefundenen Streichholzschachteln bilden einen spannenden Teil der Ausstellung, der erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Der „Floh in Samt und Seide“ als Spiegel der Gesellschaft und Sozialkritiker ist ebenso verewigt wie die böhmischen Dörfer. Die Arbeiten machen schnell klar, warum Hendel 1926 eine Einzel-Ausstellung mitten unter all den Bauhauskünstlern erhielt. Der Sohn einer Textilfabrikantenfamilie in Roßbach verschrieb sich der Kunst, die Familie enterbte ihn dafür. Er wurde in München ausgebildet. Schnell erwarb er sich mit expressionistischen Holzschnitten Anerkennung.

Seine zeitkritischen Werke wurden von den Nationalsozialisten als entartet gebrandmarkt, woraufhin Hendel alle seine bis dahin entstandenen Werke vernichtete. Der Künstler scheute Zeit seines Lebens die öffentliche Bühne und lebte lieber zurückgezogen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er zwangsausgesiedelt und ließ sich schlussendlich in Neuenkirchen bei Steinfurt im Münsterland nieder. 1991 erwarb die Gemeinde alle noch in seinem Besitz befindlichen Werke. Am 9. Mai 1993 starb der Künstler kurz vor seinem 96. Geburtstag.

 
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