Marktredwitz
02.04.2019 - 15:50 Uhr

Namensgeber mit Licht und Schattenseiten

Zum 100-jährigen Bestehen des OHG: Professor Dr. Dieter Hoffmann spricht über Leben und Werk von Otto Hahn.

Professor Dr. Dieter Hoffmann. Bild: Bärbel Lüneberg
Professor Dr. Dieter Hoffmann.

Im Zuge der Veranstaltungen zum 100. Jubiläum des Otto-Hahn-Gymnasiums besuchte Professor Dr. Dieter Hoffmann vom Max-Planck-Institut in Berlin nun Marktredwitz. Er berichtete über die Ergebnisse seiner Beschäftigung mit Leben und Werk von Otto Hahn (1879 bis 1968).

In seinem Abriss des Lebenslaufes fiel die besondere Betonung auf, die er Hahns Schulbildung zumaß. Er habe eine Oberrealschule besucht und deshalb sein Leben lang eine humanistische, universelle Bildung vermisst. Das „Eintrittsbillet“ in die akademische Welt konnte sich Hahn, wie Hoffmann sagte, nach seinem Chemie-Studium gleichwohl erarbeiten, denn die Reihe seiner Entdeckungen von Isotopen begann sofort nach seiner Promotion und während der ersten Anstellung in London. Er setzte sie fort bei namhaften Wissenschaftlern wie Ernest Rutherford, dem führenden Pionier in der Arbeit mit Alpha-Strahlen. Hahns Habilitation 1907 wurde nicht allgemein anerkannt – die Erforschung chemischer Prozesse radioaktiver Elemente „wurde damals noch nicht ernst genommen, sie war für Physiker interessanter“, so der Referent.

Von 1907 an arbeitete die österreichische Physikerin Lise Meitner mit Hahn zusammen. Hoffmann merkte an, dass Hahn trotz der erfolgreichen Teamarbeit Meitner als „Mitarbeiterin“ bezeichnete, nicht als Kollegin. Der Referent zeigte aber auch eine andere Seite in Hahns Persönlichkeit: So hat er dafür gesorgt, dass sie, die Jüdin, 1938 nach Stockholm fliehen konnte; und da sie nichts von Wert mitnehmen durfte, steckte er ihr im letzten Augenblick einen Brillantring zu.

Im Laufe ihrer Forschungen entdeckten sie den „radioaktiven Rückstoß“, 1917 das Element Protactinium, 1921 die Kern-Isomerie beim Uran Z und 1938 den radiochemischen Nachweis der Kernspaltung des Urans, wofür Hahn 1945 den Nobelpreis für Chemie erhielt. „Den Nobelpreis hätte Meitner mitbekommen müssen“, denn sie habe die entscheidenden Schlussfolgerungen aus Hahns Versuchen und Beobachtungen gezogen: „Die kontroverse Diskussion darüber hält bis heute an.“ Ende des Krieges wurde Hahn verdächtigt, an der Atombombe zu arbeiten, „aber davon war er weit entfernt“.

„Tiefe Verzweiflung“ habe ihn ergriffen, als er von Hiroshima gehört habe. Er habe seine Verantwortung bekannt und aktiv für die friedliche Nutzung der Kernenergie und gegen den Missbrauch und die Aufrüstung der Großmächte gearbeitet, so Hoffmann. Hahn gründete und leitete die neue Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, deckte aber auch manche Nazis, „wie es damals üblich war“. Als er 1968 starb, meißelte man in seinen Grabstein die Kernspaltungsformel.

 
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