Während sein Vater und Bruder Redwitz als Bürgermeister voranbrachten, lehrte Gustav Seeberger als Professor an der Kunstakademie. Seeberger ist ein bekannter Name in Marktredwitz. Etliche Mitglieder dieser renommierten Bürgerfamilie prägten die Stadtgeschicke, seit Kaspar Seeberger 1650 aus Tirschenreuth nach Marktredwitz umzog. „Auf ihn geht die gesamte Seeberger-Familie in Marktredwitz zurück“, erklärt Stadtarchivarin Edith Kalbskopf.
Eine besonders wichtige Rolle spielten die Seebergers im 19. Jahrhundert – nicht nur als Kupferschmiede und Blechwarenhändler mit bis zu 40 Angestellten, sondern auch als Bürgermeister: Nach seinem Vater Johann Erhard kämpfte Gabriel Seeberger für den Bau der Eisenbahn. In seine Amtszeit von 1870 bis 1876 fallen die Deutsche Reichsgründung 1870/71 und die maßgeblichen Verhandlungen für die Errichtung der Fichtelgebirgsbahn, die 1878 in Redwitz eröffnet wurde.
Erste Gesamtschau
Gabriel Seebergers ältestem Bruder – dem 1812 geborenen Kunstprofessor Gustav Seeberger – ist die nächste Sonderausstellung im Egerland-Kulturhaus gewidmet. Unter dem Titel „Gustav Seeberger. Ein Münchner Maler aus Marktredwitz“ gebe es die erste Gesamtschau seines Schaffens, erklärt Kalbskopf. Denn der Künstler teile das Schicksal vieler Maler des 19. Jahrhunderts. Nach seinem Tod geriet er in Vergessenheit, heute ist er nur noch Fachleuten ein Begriff. Nun soll der "Meister der Perspektive", der Zeichner, Maler, Lehrer, Theoretiker, Fichtelgebirgs-Chronist und Karikaturist neu entdeckt werden.
Koffer auf Dachboden entdeckt
Viele der bisher unveröffentlichten Werke stammen aus Privatbesitz des Seeberger-Nachfahren Hermann Eckert. Der Nürnberger fand einen Koffer mit Gemälden sowie biografischen Daten auf dem Dachboden, begann mit der Familienforschung und stieß auf den Marktredwitzer Harald Seeberger, der sich ebenfalls engagierte, obwohl er kein direkter Nachfahre ist.
Landschaften und Architektur
Mitte des 19. Jahrhunderts zählte Gustav Seeberger zu den bekanntesten Malern aus dem Kreis der Münchener Schule. Dieser Sohn der Redwitzer Bürger- und Handwerkerfamilie zeigte schon früh eine bemerkenswerte künstlerische Begabung. Nach dem Studium an der Nürnberger Kunstschule und der Königlichen Akademie der Künste in München sei er durch oberbayerische Landschaften und Architekturbilder schnell bekannt geworden, weiß die Stadtarchivarin. „Seeberger malte breite Veduten und romantische Bilder von alten Häusern, auch Innenräume von Kirchen und Palästen, immer mit einwandfreier perspektivischer Darstellung. Seine Architekturzeichnungen fanden als Drucke und Buchillustrationen weite Verbreitung“, erläutert Kalbskopf.
Als „Meister der Perspektive“ lehrte der Professor an der Münchener Kunstakademie Grundlagen des Bildaufbaus und veröffentlichte Arbeiten wie das bekannte Handbuch „Grundzüge einer neuen Methode für angewandte Perspective“.
Streng und schalkhaft zugleich
Ein strenger Lehrer und trockener Mensch soll dieser Maler gewesen sein. Doch er hatte auch andere Seiten, verdeutlicht Kalbskopf: Seebergers ironische Karikaturen entlarven, wie er über die bürgerliche Gesellschaft von München bis Marktredwitz wirklich denkt. Und seine Darstellungen des Fichtelgebirges zeigen, wie sehr der Professor an seiner Heimat und seiner Familie hing, die er regelmäßig besuchte. Skizzenhafte Zeichnungen porträtieren die Bewohner und die landschaftliche Schönheit des Fichtelgebirges.
Die Ausstellung ist ein Kooperationsprojekt von Stadtarchiv, Egerland-Museum und Historischem Club. Zu sehen sind 100 Exponate. Die Werke stammen aus dem Fichtelgebirgsmuseum, dem Stadtmuseum München sowie aus der Privatsammlung des Nürnberger Seeberger-Nachfahren Hermann Eckert. Die Schau im Egerland-Museum ist ab Freitag, 21. Oktober, bis Sonntag, 5. Februar, zu sehen.
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