Pop und Rock mitten im Wald, und pünktlich um 17 Uhr die Bayernhymne: Da wird manch einsamer Spaziergänger die Ohren spitzen, wie der Luchs im Wildpark, woher all diese Klänge kommen. "Die Luchse allerdings stehen voll auf Violinkonzerte", erklärt Betreiber Eckard Mickisch. Wildschweine würden sich eher bei Hardrock entspannen. Das klingt zwar recht witzig, ist es aber nicht.
Der Corona-Krise geschuldet, ist es im Wildpark derzeit außergewöhnlich still: Viele Tiere haben sich am Mittag zurückgezogen, ein paar Kaninchen suchen nach frischen Blättern, nur ein paar Wildgänse schnattern um die Wette, die Vögel zwitschern und der "freche Ziegenbock hat Freilauf", sagt Mickisch und lacht. Doch die derzeitige Ruhe sei gar nicht gut für die Tiere.
Alle Frequenzen
"Deswegen beschallen wir unsere Gehege-Bewohner mit zehn Lautsprechern von früh 8 bis abends 18 Uhr mit Schlagern, Klassik, Rock und Pop." Es sei auch wichtig, dass alle Frequenzen abgedeckt werden. So schreien Babys sehr hoch, dazu eignet sich die Violine. Und für Hundegebell beispielsweise steht "Highway to Hell" von AC/DC. Dazwischen werden den Tieren immer wieder Aufnahmen von Besucherführungen vorgespielt. "Und die halbe Welt interessiert sich mittlerweile für unsere musikalische Aktion", lacht Mickisch. Gerade bittet "Galileo" um ein Interview samt Video.
"Jeden Morgen stellen die Tierpfleger eine Playlist zusammen, über die ich dann kurz drüberschaue, denn meine Mitarbeiter müssen sich ja den ganzen Tag über die Musik anhören", sagt Mickisch. Sinn und Zweck dieser musikalischen Aktion ist die Desensibilisierung der Tiere. Luchse, Auer- und Rotwild und auch weitere Wildtiere würden scheu werden, "und wir müssten wieder bei Null anfangen" weiß der Betreiber. "Als ich letzthin einmal husten musste, schauten mich plötzlich 30 oder 40 Augenpaare an." Vertrauen zurückzugewinnen, sei ein langer Prozess, Angst dagegen multipliziere sich sehr schnell.
Auch ohne Besucher wird zu den gewohnten Zeiten gefüttert. Das ist sehr wichtig, weil die Tiere darauf eingestellt sind, durch die innere Uhr sozusagen. Wenn bei den Wildschweinen die Glocke läutet, stellt sich das benachbarte Rotwild schon an die Futterkrippe. Und wenn bei ihnen die Gießkanne "röhrt", freuen sich schon Wildkatzen und Luchse aufs Mittag- oder Abendessen.
Natürlich wäre Eckhard Mickisch glücklich, wenn der Betrieb wieder normal läuft. "Abwarten, was der Söder nach dem 3. Mai sagt." Er hält es aber auch für richtig, den Wildpark, so lange es die Corona-Pandemie erfordert, geschlossen zu lassen.
Eine Vision für die kommenden Wochen hat er schon parat: "Wir könnten uns locker den Anforderungen stellen, beispielsweise den Sozialraum schließen, um den nötigen Abstand einzuhalten, der ja bei unserem sehr weitläufigen Wildpark überhaupt kein Problem sein dürfte." Führungen würden natürlich ausfallen, um Ansammlungen zu vermeiden. Stattdessen könnten jede halbe Stunde die Besucher mit Informationen und Texten per Tonband versorgt werden, was auch den Tieren zugute komme, wie beispielsweise dem Birkwild, das sich dann an immer wieder vorkommende Schlagworte erinnert.
Acht Frischlinge
Und es gibt bereits Nachwuchs im Wildpark: Acht kuschelige Frischlinge von "Resl" und "Margit" schnuppern Fichtelgebirgsluft. Kleine Luchse werden immer erst um den Muttertag herum geboren, sagt Eckard Mickisch, der selbst die Idee zur Musikbeschallung hatte.
Auch Bürgermeister Franz Tauber hofft, den Wildpark im Mai wieder eröffnen zu können, damit die Gemeindekasse wieder klingelt, die immerhin einen fünfstelligen Betrag an Einnahmen verschmerzen muss. Die besucherlose Zeit sei sinnvoll genutzt für Sanierungsarbeiten und intensiven Frühjahrsputz im Waldhaus genutzt worden.
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