Mitterteich
07.03.2019 - 18:37 Uhr

Kathrin Plommer steigt Leuten aufs Dach

Kathrin Plommer aus Mitterteich ist Kaminkehrerin. Damit ist sie eine Exotin in der Männerdomäne. Die 23-Jährige erzählt von Problemen und Vorteilen in ihrem Arbeitsalltag.

Kathrin Plommer aus Mitterteich ist von Beruf Kaminkehrerin. Bild: szl
Kathrin Plommer aus Mitterteich ist von Beruf Kaminkehrerin.

Der Beruf führt Kathrin Plommer in Keller und auf Dachböden, in Industriegebäude, in Neubaugebiete, auf Bauernhöfe und in Stadtwohnungen. Die 23-Jährige klettert durch Fenster und steigt auf Dächer. Die Mitterteicherin ist Schornsteinfegerin aus Überzeugung.

"Eigentlich ist meine Mama schuld", sagt Kathrin über ihre Berufswahl. Nach der Mittleren Reife wollte die damals 16-Jährige in jedem Fall etwas Handwerkliches machen. Als der Kaminkehrer ins Elternhaus kam, schlug ihre Mutter vor, dort ein Praktikum zu machen. "Ich hab' sie erst ausgelacht", sagt Kathrin. Dann tat sie es doch. Schon nach zwei Tagen war ihr klar, dass sie Schornsteinfegerin werden will. "Ich dachte mir, wenn es doch nichts für mich ist, kann ich immer noch was anders machen." 2012 fing sie in Waldsassen ihre Lehre an. Mittlerweile arbeitet sie bei Bezirkskaminkehrermeister Mario Weiß in Mitterteich und macht die Meisterschule. Im Oktober will sie fertig sein.

Trotzdem eine Frau

"Gegen Ruß und Dreck darf man nichts haben", sagt Kathrin mit einem Achselzucken. Dafür muss sie morgens nicht überlegen, was sie anzieht oder wie sie ihre Frisur stylt. Mit rosa lackierten Fingernägeln, glitzernden Ohrsteckern, rußverschmierten Händen und in schwarzer Arbeitskluft sitzt sie am Tisch. In ihrer Freizeit genießt Kathrin Röcke und Stöckelschuhe und brezelt sich am Wochenende gerne auf. "Ich bin ja trotzdem noch eine Frau."

In der Lehre war Kathrin eines von drei Mädchen unter 70 Jungs. Die mussten sich erst an die Kolleginnen gewöhnen. "Als sie kapiert hatten, dass ich eher der Kumpeltyp bin, hat sich das alles normalisiert." Jetzt im Meisterkurs ist sie die einzige junge Frau zwischen 36 Männern. "Natürlich hat man den Ansporn mitzuhalten. Man will zeigen, dass man den Job als Frau genauso gut kann, wenn nicht sogar besser", kommentiert Kathrin. Auch wenn ihr Mathe nicht so liegt, sei sie dafür in anderen Fächern besser.

Anfängliche Unsicherheiten als Lehrling legte Kathrin schnell ab. "Ich hatte Angst, was ich bloß mit den Kunden reden soll, wenn ich allein raus fahre." Das gehe mittlerweile ganz leicht. "Und die Straßen kennt man irgendwann auch." Zwar hätten sich die Kunden anfangs gewundert, dass der Kaminkehrer eine Frau ist, aber positiv reagiert: "Die freuen sich alle, wenn ich komme und finden das super." Oft hört sie, dass sie sauberer arbeite als ihre männlichen Kollegen. Trotzdem wird die 23-Jährige oft unterschätzt. Obwohl der Beruf körperlich nicht sehr anstrengend ist, wollen ihr vor allem die männlichen Kunden immer wieder helfen. "Ich schaff' das alles allein. Auch mit der großen Leiter", sagt die junge Frau. Manchmal beneiden ihre Kollegen Kathrin auch.

Ganz in Gentlemen-Manier werden der Kaminkehrerin die Dachluken immer auf- und wieder zugemacht. "Bei den Kollegen heißt es immer: Ihr kennt ja den Weg", lacht sie. Natürlich würden auch unangebrachte Kommentare von Kunden kommen. "Da muss man drüberstehen." Eine Zeit lang trug Kathrin ein Pfefferspray am Gürtel. "Wenn man alleine unterwegs ist, fühlt man sich damit schon sicherer." Meistens arbeite man aber sowieso im Team. Idioten gebe es überall und mit geschätzten 5 Prozent seien diese in der absoluten Minderheit.

An ihrem Beruf schätzt die 23-Jährige, dass sie viel mit Leuten zu tun hat und jeden Tag bei jedem Wetter draußen ist. "Klar, bei Regen und Schnee macht es weniger Spaß, aber es ist trotzdem schön. Man härtet auch irgendwann ab", sagt die Mitterteicherin. Als Gesellin arbeitet Kathrin selbstständig, ein weiterer positiver Aspekt. "Ich bin mein eigener Chef, mache meine Termine." Ihr Arbeitstag beginnt frühmorgens. "Um 6.45 Uhr bin ich beim ersten Kunden." Dafür arbeite sie meist bis etwa 15 Uhr und macht dann Feierabend. Zeit für Kaffeepausen und einen Plausch mit Kunden nimmt sich Kathrin gerne. Sie platzte schon spontan in Geburtstagsfeiern, freut sich mit den Kunden über Familienzuwachs oder kommt in Haushalte, wo der Ehepartner vor kurzem starb. "Diese Einblicke in die Privatsphäre der Menschen sind besonders."

Tradition erhalten

Vor allem ältere Leute kennen den Kaminkehrer noch als Glücksbringer und wollen an den goldenen Knöpfen der Jacke drehen. "Es ist super- schön ein Teil von so einer traditionsreichen Gemeinschaft wie den Schornsteinfegern zu sein." Am Land würden viele auch noch die Traditionen kennen, den Schornsteinfegern Eier als Lohn mitzugeben. "Letztens bin ich mit sechs Eierschachteln nach Hause gekommen", freut sich die Kaminkehrerin über die nette Geste. Außerdem gebe es neben Trinkgeld auch Schokolade oder selbst gestrickte Socken.

Der Gedanke, doch etwas anders zu machen, hat sich schon lange verflüchtigt. "Als Frau verdient man als Kaminkehrer genauso viel wie die männlichen Kollegen, kann sich seine Arbeit selbst einteilen und hat die gleichen Aufstiegschancen", betont Kathrin. Ihr Ziel ist ein eigener Kehrbezirk. Nach sieben Jahren als Kaminkehrerin sagt sie: "Ich könnte mir keinen schöneren Beruf vorstellen." Oft sieht sie am Morgen, wenn sie an der Leiter auf ein Dach steigt, die Sonne aufgehen. Wer hat das schon?

Kathrin Plommer aus Mitterteich ist von Beruf Kaminkehrerin. Bild: szl
Kathrin Plommer aus Mitterteich ist von Beruf Kaminkehrerin.
 
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