Mitterteich
03.05.2019 - 17:24 Uhr

"Mit der Oberpfalz ist es wie mit den Sch'tis"

Pfarrer Martin Schlenk stammt aus Unterfranken, lebt seit 2011 aber in Mitterteich. In unserer Rubrik "Zugroast" erzählt er von unkomplizierten Menschen, einer wunderschönen Landschaft - und warum er die Region trotzdem verlassen wird.

Pfarrer Martin Schlenk entschied sich für die Oberpfalz - was einige seiner Kollegen erstaunte. Bild: kro
Pfarrer Martin Schlenk entschied sich für die Oberpfalz - was einige seiner Kollegen erstaunte.

Martin Schlenk stammt aus Würzburg und ist seit 1. August 2011 evangelischer Pfarrer in Mitterteich. Er wurde nicht in die Oberpfalz versetzt, sondern meldete sich freiwillig, was bei einigen Kollegen großes Erstaunen auslöste. Er erzählt von unkomplizierten Oberpfälzern, einer wunderbaren Landschaft - und warum er in drei Jahren die Region trotzdem verlassen wird. Und was hat das alles mit den Sch'tis zu tun, den Bewohnern Nordfrankreichs?

ONETZ: Der Oberpfälzer ist ein Grantler und Sturkopf. Stimmt’s?

Martin Schlenk: Nein. Im Gegenteil: Ich wurde noch nie so oft von unbekannten Leuten geduzt wie hier, wenn ich in normaler Kleidung unterwegs war.

ONETZ: Mit welchen Vorurteilen und Erwartungen sind Sie in die Oberpfalz gekommen? Und wie lautet jetzt Ihr Fazit?

Ich habe gehört, mit der Oberpfalz ist es wie mit den Sch’tis: Man weint zweimal – einmal wenn man kommt und einmal wenn man geht. Ich habe beim Herkommen nicht geweint, sondern mich über meine neue Aufgabe gefreut. Mal sehen, wie es beim Weggehen sein wird …

ONETZ: Spielen Sie oft mit dem Gedanken, in Ihre alte Heimat zurückzukehren? Wie oft fahren Sie tatsächlich zurück?

Ich bin in Würzburg geboren und aufgewachsen und solange meine Eltern lebten, war ich etwa einmal im Monat da. Aber es ist nicht mehr meine Heimat, denn ich bin seit 1977 weg von dort. Danach studierte ich in Neuendettelsau, Tübingen und Göttingen. Es folgten zwei Jahre als Vikar in Erkersreuth bei Selb. Danach war ich Pfarrer in Martinlamitz, Geilsheim und Goldbach bei Aschaffenburg. Auf die Pfarrstellen meldete ich mich stets freiwillig, und überall habe ich mich wohl gefühlt. Wir fahren nicht in die alte Heimat, sondern zu Familientreffen überall hin – vor allem zu unseren Kindern und Enkeln, die in Nürnberg, Lonnerstadt, Adelshofen und Hildesheim in Niedersachsen leben. Familie ist für uns das Wichtigste.

ONETZ: Was erzählen Sie dort von Ihrer neuen Heimat? Was würden Sie Ihren Verwandten oder Freunden zuerst zeigen, wenn die zu Besuch in die Oberpfalz kommen?

Dass es sich hier gut leben lässt. Eine wunderbare Landschaft mit schönen Radwegen, günstige Lebenshaltungskosten, die Grundversorgung im Ort, das Sibyllenbad in der Nähe – wo ich wöchentlich hinfahre. Mich haben schon mal Busgruppen besucht, denen habe ich die Klosterbibliothek und die Basilika in Waldsassen gezeigt, die Kappl und die Totentanzkapelle in Wondreb. Es waren auch schon mal Bekannte am Kommunbrautag hier.

ONETZ: Verstehen Sie Ihre Oberpfälzer Kollegen, wenn Sie mit ihnen nach Feierabend ein Bier trinken?

Ja, ich verstehe sie und ich spreche ja auch beruflich viel mit Menschen, bei seelsorgerlichen Anlässen, Tauf-, Trau- und Beerdigungsgesprächen, Geburtstagen, Empfängen, Segnungen ... Da klappt die Kommunikation recht gut. Aber ich gehe nach Feierabend kein Bier trinken. Am Feierabend, wenn ich nicht mehr weg muss, trinke ich am liebsten zu Hause einen Frankenwein.

ONETZ: Fühlen Sie sich bereits als Oberpfälzer?

Nein. Ich bin Franke und werde auch, wenn ich in drei Jahren in Ruhestand gehe, mit meiner Frau zusammen wieder nach Franken ziehen, in den Aischgrund in der Nähe unserer Kinder und Enkel.

Alle Teile der Serie

Serie "Zugroast":

In der Kolumne "Zugroast" stellen wir jede Woche Menschen vor, die aus Hamburg, dem Ruhrpott oder Kasachstan in die Oberpfalz gezogen sind - und hier eine neue Heimat gefunden haben.

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.