Mitterteich
02.05.2019 - 18:46 Uhr

Plädoyers für Europa

"Europa, jetzt aber richtig" unter diesem Motto standen diesmal die Maikundgebungen zum "Tag der Arbeit" im Landkreis. Wichtige Themen waren auch rechtsradikale Strömungen, der Schutz des Sonntags und die Schere zwischen Arm und Reich.

In Mitterteich referierte Betriebsseelsorgereferent Richard Wittmann. Bild: jr
In Mitterteich referierte Betriebsseelsorgereferent Richard Wittmann.

In Mitterteich kritisierte Betriebsseelsorge-Referent Richard Wittmann Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, der entgegen seiner Wahlversprechen jetzt auch am Sonntag die Geschäfte öffnen lassen wolle. "Der Sonntag muss geschützt bleiben", sagte Wittmann und sah sich im Einklang mit Bischof Rudolf Voderholzer.

Schere schließen

In den Mittelpunkt seiner Rede rückte Wittmann "das Friedensprojekt Europa". Wer dies nicht mehr zu schätzen wisse, solle die Soldatenfriedhöfe in Frankreich besuchen, wo 18- bis 20-Jährige zu Tausenden begraben lägen. Wittmann forderte, die Schere zwischen Arm und Reich in Europa wieder zu schließen. Die Sozialsysteme gehörten gestärkt und nicht abgebaut.

Wittmann zeigte sich solidarisch mit der Deutschen Bischofskonferenz, die erst kürzlich eine menschenwürdige, eine nachhaltige und mitbestimmte Arbeit angemahnt habe. Weiter verwies er auf Papst Franziskus, der die Ungleichverteilung der Einkünfte als Wurzel des sozialen Übels bezeichnet habe.

Herausragend gut besucht war die Kundgebung in Waldsassenim ehemaligen "Königlich-Bayerischen Forsthaus". Karl Toth (IG Bauen-Agrar-Umwelt) sprach sich dort für ein solidarisches Europa aus, das die Menschen schütze und ihnen ein Zuhause gebe. "Europa ist ein Friedensprojekt, das aus beiden Weltkriegen entstanden ist. Ohne Frieden ist alles andere nichts. Wir brauchen heute ein starkes Europa mehr denn je. Kein Mitgliedsland kann die großen Herausforderungen unserer Zeit alleine stemmen. Alleine Europa schützt die Menschen, gibt gute Arbeit und schafft sozialen Fortschritt und ermöglicht Wohlstand".

Ein Thema war auch die Große Koalition in Berlin: "Sie ist besser als ihr Ruf", meinte er. Mit dazu beigetragen hätten auch die Gewerkschaften, die ordentlich Druck gemacht hätten. Ausdrücklich lehnte Toth eine Erhöhung des Renteneintrittsalters ab, weitere Forderung war die Einführung einer Grundrente. Ortskartellvorsitzender Klaus Schuster sprach sich für die Einführung eines Europäischen Mindestlohnes aus und erinnerte an 100 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland. Schuster warb ausdrücklich um die Teilnahme an der Europawahl.

In der Gaststätte "Zur Alm" in Tirschenreuthforderte der Fachsekretär der IG Metall Amberg, Matthias Scherr, alle auf, teilzunehmen, um die Arbeitnehmerrechte in Europa zu stärken. Gerade wenn er an die Sparprogramme in Griechenland oder Spanien denke, gebe es große Probleme für die Arbeitnehmer. Viele Tarifverträge seien gelockert, ja zum Teil ausgehöhlt worden. Scherr übt auch harte Kritik an den Rechtspopulisten, die größtenteils gegen die EU seien, sich aber doch ins Parlament wählen ließen und Abgeordnetengehälter abkassierten. Er hoffe, dass die Rechtspopulisten bei der EU-Wahl schwach abschneiden.

Bei den Gewerkschaften stehe der soziale Fortschritt klar vor dem wirtschaftlichen Fortschritt. Die Politik forderte er zu einer Kehrtwende auf. Zudem forderte er mehr Rechte für die Arbeitnehmer. Es könne nicht sein, dass so ein reiches Land wie Deutschland, das als Export-Weltmeister gelte, den zweitniedrigsten Niedriglohnsektor in Europa habe. In seiner Rede ging er auch auf die Digitalisierung ein, welche die Arbeitswelt verändern werde. Die Arbeitnehmer dürften nicht auf der Strecke bleiben.

Nicht alles, was technisch machbar sei, müsse umgesetzt werden. Abschließend wies er auf den bundesweiten Aktionstag der IG Metall am 29. Juni in Berlin unter dem Motto "FairWandel - sozial, ökologisch, demokratisch" hin. Die IG Metall sei bereit, den Wandel zu gestalten, auch die Unternehmen und die Politik sollten dazu bereit sein.

Tirschenreuths Dritter Bürgermeister Norbert Schuller meinte, dass "Arbeit sich lohnen müsse und nicht krank machen dürfe. Er verwies darauf, dass die Gewerkschaft Vieles tue, dennoch gebe es noch viele offene Themenfelder. AOK-Direktor Klaus Lill betonte, dass "die Gewerkschaft Garant für die soziale Sicherheit" sei. Kritik übte er an Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, der die medizinische Versorgung in den Großstädten, obwohl schon überversorgt, noch weiter stärken, die medizinische Versorgung im ländlichen Raum jedoch abbauen wolle. "Dies ist der falsche Weg, die Regionalität muss unbedingt gewahrt bleiben", so Lill, der dafür viel Applaus erhielt.

Starkes Europa wichtig

Auch der DGB-Maikundgebung in Schönhaidstand das vereinigte Europa bzw. die bevorstehende Europawahl im Mittelpunkt. Dort war die stellvertretende Verdi-Geschäftsführerin, Manuela Dietz, in der Pizzeria "Frascati" zu Gast. Die frühere Krankenschwester mahnte: "Wir brauchen ein starkes Europa, dem die Menschen vertrauen können." Keinesfalls dürfe man die Idee denen überlassen, die erneut nach Mauern und Grenzen brüllten.

"Der geeinte Kontinent ist ein Friedensprojekt, das aus den Katastrophen des 20. Jahrhunderts gewachsen ist." Energisch forderte die Sprecherin auch eine Abkehr von einer Regulierung "auf Teufel komm' raus." Dietz: "Wir wollen kein Europa, das mit seiner gnadenlosen Sparpolitik, soziale Unsicherheit und Ungerechtigkeit schürt. Die Gefahr einer Spaltung ist groß." Wie real sie sei, spüre man am Brexit. Zum Thema Tarifflucht vieler Arbeitgeber mahnte sie: "So darf es nicht weitergehen."

Karl Toth (IG Bauen-Agrar-Umwelt) sprach in Waldsassen. Bild: jr
Karl Toth (IG Bauen-Agrar-Umwelt) sprach in Waldsassen.
 
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