Es ist still in der Klasse 7M an der Mittelschule. Zwölf Mädchen und Jungs schauen gebannt zur Tafel, wo Fotos von Afghanistan gezeigt werden. Annette Erös erzählt von sechs Millionen APM, die in diesem Land herumliegen. Und dass hier seit 40 Jahren Krieg sei. Was harmlos in der Abkürzung klinge, sei eine grausame Waffe. "APM sind Anti-Personen-Minen", erklärt die Regensburgerin.
Sie ist gekommen, um von Afghanistan zu berichten. Annette Erös zeigt ein Foto von einem Kind ohne Hände. Der Bub habe eine solche Minibombe aufgehoben und könne froh sein, dass er lebt. Annette Erös ist aus einem bestimmten Grund zu Gast. Sie hat die "Kinderhilfe Afghanistan" mit ihrem Mann, Dr. Reinhard Erös, aufgebaut. Ihr Mann habe für "Ärzte ohne Grenzen" gearbeitet, erzählt die Regensburgerin. "Er ist anfangs immer heimlich über die Grenze, um die Kriegsverletzten zu versorgen."
Die Schüler erfahren, dass viele Kinder in Afghanistan nicht in die Schule gehen. Und das nicht nur, weil es meistens keine gibt. "Selbst wenn welche da wären, würden sie nicht hingehen. Sie müssen in den Familien mitarbeiten, nur um zu überleben", erklärt Erös. Sie blendet Fotos von Kindern bei schwerer Arbeit ein. Sogar die Kleinsten würden hinausgeschickt, um den ganzen Tag Ziegen zu hüten.
Die Mittelschüler haben Fragen. Sie wollen wissen, was Schule und Ausbildung kostet, wie das Hilfsprojekt entstanden ist und wer das alles bezahlt. Erös erzählt, dass sie und ihr Mann über die "Kinderhilfe Afghanistan" 10 Grundschulen und 20 Oberschulen aufgebaut hätten, rein aus Spenden. Die besten Schüler würden zu Lehrern ausgebildet. Dies sei Hilfe zur Selbsthilfe. Je mehr die Kinder aus der 7M über dieses Land erfahren, umso überzeugter sind sie: Hier muss geholfen werden. Sie wollen eine Spendensammlung organisieren. Auch dafür darf der Unterricht hergenommen werden. Klassenleiterin Tanja Zeus unterstützt das Engagement ihrer Schüler. Ebenso ist Rektorin Gisela Kastner überzeugt, dass die Teilnahme am Schülerwettbewerb und die integrierte Spendenaktion sich nur positiv auf die Kinder auswirken. "Unsere Schüler erfahren, wie es auf der Welt zugeht und dass es nicht alle Kinder schön haben. Und sie zeigen eigenes Engagement für Benachteiligte", lobt sie die 7M und ihre Lehrerin.
Nach dem Vortrag sind die Kinder Feuer und Flamme. Sie wollen richtig viel Geld sammeln. Deshalb wird der Unterricht in die Schulküche verlegt. Die Buben und Mädchen kneten Mürbteig und stechen Plätzchen aus im Minutentakt. Sehr zur Freude der Klasse kommt spontan Unterstützung von der sechsten Klasse. Einige Schüler sind auch mit dem Basteln von weihnachtlichen Laternen beschäftigt. Sie bestücken Glasflaschen mit batteriebetriebenen Sternenlichtern, die über einen kleinen Schalter zum Leuchten gebracht werden. "Die Plätzchen und Laternen werden am 2. Dezember beim Elternsprechtag und auch beim Weihnachtsmarkt am 7. Dezember verkauft", berichtet Klassenleiterin Tanja Zeus. Auch den Pausenverkauf übernimmt die 7M. Mit dem Geld von verkauften Muffins, Kuchen und Nussecken soll die Spendensumme erhöht werden. Schließlich wollen die Kinder dem Ehepaar Erös ein richtig dickes Spendenpaket bringen.
Bildung für besseres Leben
Die Klasse 7M nimmt am Wettbewerb der Bundeszentrale für politische Bildung teil und hat sich aus zwölf Themen für "Bildung für ein besseres Leben" entschieden. Aufgabe ist, sich fachbezogen zum gewählten Thema über die Situation von Kindern weltweit zu informieren. Der Vortrag von Annette Erös erfüllt die zweite Vorgabe. Die 7M sollte Kontakt mit einer Organisation aufnehmen, die Bildung anderswo unterstützt. Die Klasse hat sich für die "Kinderhilfe Afghanistan" entschieden, woraus die Spendenaktion entstanden ist. (ubb)
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