Alles begann im Garten der Mitterteicher Behindertenbeauftragten Doris Scharnagl-Lindinger in Oberteich. Während die Rollstuhlfahrerin mit ihrem Sohn Lukas Federball spielte, überlegten beide, ob dies nicht auch auf einem richtigen Tennisplatzfeld möglich wäre. Nach dieser ersten Überlegung, die gerade mal gut zwei Jahre zurückliegt, landeten die beiden bei "RuF-Tennis", was ausgeschrieben "Rollstuhl- und Fußgänger-Tennis" heißt.
Die Idee hat sich schnell herumgesprochen und Freunde sowie Gönner gefunden. Mit dem Projekt „RuF-Tennis“ wurde der SV Mitterteich zum ersten Inklusionsstützpunkt der Oberpfalz. Und nun hat der Bezirk Oberpfalz den Verein mit dem Inklusionspreis 2022 ausgezeichnet.
Die Stimmung war gut bei der Preisverleihung im neuen Rathaussaal in Mitterteich. Bezirkstagspräsident Franz Löffler hat seinen Vize, Lothar Höher aus Weiden, und jede Menge Bezirksräte aus der Region mitgebracht. "Sind wir schon beschlussfähig?", fragte er lachend in die Runde, denn es freute ihn, zur Feierstunde derart viele Bezirksräte zu sehen.
Den Inklusionspreis für besondere Verdienste in der Einbindung von Menschen mit Handicap oder Behinderungen in den Alltag verleiht der Bezirk bereits seit 2013 jedes Jahr an jeweils drei Institutionen, Personen oder Vereine, die sich zum Thema etwas einfallen haben lassen. Diesmal ging der Preis unter anderem an den SV Mitterteich. Denn ohne deren sportliche und unkomplizierte Zusage, sich auf "RuF-Tennis" einzulassen, wäre es nicht zu dieser neuen Sportgruppe aus Rollstuhlfahrern und Fußgängern gekommen.
Scharnagl-Lindinger treibt an
Doris Scharnagl-Lindinger hat sich als Urheberin der Idee an den SV gewandt. Sie wollte zuerst die Sand-Tennisplätze und später auch die Tennishalle der Mitterteicher für die Umsetzung ihres ehrgeizigen Ziels nutzen. "Der SV hat sofort zugesagt", lobte die Initiatorin. Noch besser wäre es natürlich, man müsse gar keine Werbung für Inklusion mehr machen, meinte Landrat Roland Grillmeier im Hinblick auf die Vorbildfunktion des SV Mitterteich, der mit seinem Einsatz unter anderem zeige, was hier in Mitterteich für Inklusion geleistet werde. Bürgermeister Stefan Grillmeier rief freudig aufgrund einer vorherigen Inklusionspreisverleihung der Lebenshilfe die "Inklusionswochen der Stadt Mitterteich" aus. Dieser Preis heute sei eine ganz besondere Sache. "In Mitterteich haben alle die gleichen Rechte. Niemand wird ausgeschlossen", betonte der Rathauschef.
Der Bezirkstagspräsident resümierte zuerst über die vergangenen Jahre. 1998 habe sich im Bezirk noch kaum einer Inklusion vorstellen können. "Zwar sagte niemand etwas dagegen. Aber das Interesse daran war bescheiden", erinnerte sich Franz Löffler zurück. Dies habe sich in den vergangenen Jahrzehnten entschieden verändert. Inklusion sei in aller Munde und werde praktiziert. "Natürlich stoßen wir dennoch ab und zu an unsere Grenzen", nannte Löffler die Sorgen im Pflegebereich, wo Fachkräfte fehlten. Nicht mehr der Mensch mit Behinderung müsse sich anpassen. Der Gemeinsinn müsse sich öffnen dafür, dass alle Menschen bestmöglich an der Gesellschaft teilnehmen könnten. Der Preis sei Lob und Anerkennung für das ehrenamtliche Engagement für Menschen mit Behinderung und wolle zur Nachahmung anregen.
Durchbruch nach Aktionstag
Genau dies mache der SV mit dem neuen inklusiven Sportangebot. Löffler überreichte die Preisurkunde und einen Blumenstrauß an die Initiatorin Doris Scharnagl-Lindinger. Die Behindertenbeauftragte der Stadt Mitterteich dankte danach vielen Menschen, die mitgeholfen haben zur Umsetzung, darunter Friedrich Wölfl, ihren Sohn Lukas und die Leiterin von Netzwerk Inklusion, Christina Ponader. Sie sei die "Königin fürs Aufspüren von Fördermöglichkeiten".
Aufgabe von Friedrich Wölfl war es, den Vertretern des Bezirks "RuF-Tennis" mit Wort und Bild zu erklären. Wölfl ließ nicht außen vor, es sei nicht leicht gewesen anfangs, Menschen zur Teilnahme an dieser neuen Idee zu begeistern und zu gewinnen. Aber nach einem Aktionstag für die Bevölkerung mit Teilnahme des 19-fachen deutschen Tennis-Rollstuhlmeisters Peter Seidel habe sich das Blatt gewendet. Nach der Verleihung des mit 3000 Euro dotierten Preises durch Franz Löffler ging die Feiergesellschaft zum gemütlichen Teil des Abends über.
Was ist "RuF-Tennis"?
- Beim „Rollstuhl und Fußgänger-Tennis“ (RuF) schlagen „Rolli-Fahrer“ und „Fußgänger“ gemeinsam den Ball übers Netz, gemischt im Doppel.
- Die Basis des Spiels sind die gängigen Tennisregeln für das Doppel. Diese gelten beispielsweise für die
Zählweise, das Aufschlagen usw. - Der Ball darf auch zweimal aufspringen, bevor man ihn schlägt.
- Trainiert wird wöchentlich zwei Stunden auf der Freianlage und in der Halle des SV Mitterteich.
- Ein eigener Rollstuhl ist nicht notwendig, denn über die „Aktion Mensch“ wurden zwei entsprechende Sport-Rollis angeschafft.
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.