Spannender kann Demokratie nicht sein: Umweltschützer und Bauern lieferten sich im Mehrgenerationenhaus einen angeregten Diskurs über das Wenn und Aber des Volksbegehrens "Artenvielfalt - Rettet die Bienen". Gestritten wurde nicht bei dem Treffen am Mittwoch. Die Argumente beider Parteien waren sachlich fundiert und ausgewogen. Am Ende suchte man gemeinsam nach Lösungen. Vorausgegangen war der Diskussion ein Referat von Christoph Bauer, Leiter der LBV-Bezirksgeschäftsstelle Regenstauf. Zu diesem Abend hatte das Aktionsbündnis "Artenvielfalt - Rettet die Bienen" eingeladen.
Bauers gute Nachricht: Zur Halbzeit haben bereits 500 000 Bürger das Volksbegehren unterschrieben. Weniger erfreulich: Laut Aussage des Vogelexperten hat das Insektensterben katastrophale Formen angenommen. Dies sei die „sechste Arten-Auslöschung“ in der Erdgeschichte, hieße es in der Wissenschaft, so Bauer. Und es könnte zum größten Aussterben seit den Dinosauriern werden. Betroffen seien Ackerwildkräuter, Insekten, Vögel, Amphibien und Reptilien. Bauer sprach von Rückgängen von bis zu 90 Prozent bei Ackerwildkräutern. 75 Prozent der Insekten-Biomasse sowie drei Viertel der Tagfalter seien verschwunden, 50 Prozent der Wildbienen seien gefährdet. „Die Messungen haben in Naturschutzgebieten stattgefunden“, ließ Bauer anklingen, dass es auf konventionellen Flächen noch schlimmer sei. Weiter seien zwischen 1980 und 2009 die Feldvögel um 50 Prozent zurückgegangen.
„In Deutschland sind in zwölf Jahren zwölf Millionen Vögel verschwunden“, zeichnete Bauer ein düsteres Bild. Eine Besucherin prangerte den städtischen Bauhof an, wo Mitarbeiter Hecken bis auf den Stock abgeholzt hätten. Da könne nichts brüten. Es seien auch die Kommunen in der Pflicht, betonte Christoph Bauer. Für öffentliche Gelder müssten auch öffentliche Leistungen erbracht werden.
„Es geht nicht darum, die Bauern an den Pranger zu stellen“, warnte der Referent vorm öffentlichen „Bauern-Bashing“. Auch Kommunen hätten Landflächen und könnten Einfluss nehmen auf die Bewirtschaftung – Beispiel Glyphosat-Verbot. Was dem LBV-Mann ein Dorn im Auge ist: „Steingärten mit einer einzigen, windigen Konifere mittendrin.“ Bauer hofft, dass sich dieser Trend bald umkehrt. „Wir sind alle in der Pflicht“, appellierte er dazu, eigenes Handeln zu überdenken.
Zu den Forderungen des Volksbegehrens begehrten anwesende Landwirte auf. „Wir machen das, was ihr wollt. Aber ihr müsst das dann auch kaufen“, sagte Martin Härtl, Landwirt aus Kleinbüchlberg. Er sehe Leute in den Discounter rennen wegen billiger Schnitzel. Härtl berichtete, dass er beim Umstellen auf Ökolandbau zwei Jahre lang seine Milch nur nach dem alten Preis bezahlt bekäme. „Und wenn ich dann Bio-Milch produziere, nimmt sie mir der Milchhof nicht mehr ab, weil sie zu teuer ist!“ So könne kein Bauer überleben.
Wenn mehr Bioware gekauft werde, könnte mehr produziert werden. Aber immer würden Landwirte angegriffen. „Wir sind nicht allein schuld. Den Wandel haben wir alle gemacht.“ Er habe den Eindruck, hier würden Bauern gegen Befürworter des Volksbegehrens ausgespielt, so Bund-Naturschutz-Kreisvorsitzender Josef Siller. Er stellte klar, dass man die kleinbäuerliche Struktur in der Heimat erhalten wolle.
Harald Hertel von der Ortsgruppe Waldsassen fand die Diskussion großartig. Andernorts erörterten Bauern und Aktivisten die Thematik immer nur getrennt. Siller erinnerte an die Blumenwiesen vor 30 Jahren. „Da kann die Landwirtschaft schon was tun. Das liegt am einzelnen, ob er was ändert“, so Siller, der das Beispiel blühende Randstreifen nannte.
Landwirt Josef Schedl aus Kleinbüchlberg wandte ein: Dann müsse man die Zeit zurückdrehen bis zum Ackergaul. Siller plädierte für eine Stärkung der kleinbäuerlichen Struktur. Martin Härtl stellte klar: „Wir brauchen doch die Bienen mehr als ihr alle.“ Er, Härtl, habe sehr wohl seinen Beruf erlernt. Für eine Überdüngung fehle ihm das Geld – Dünger sei teuer. Dazu Siller: Dennoch sei Artenvielfalt nur noch dort zu finden, wo nicht gespritzt werde.


















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