Moosbach
27.05.2019 - 14:53 Uhr

Besprengt mit Schweißtropfen Jesu Christi

Der große wirtschaftliche Aufschwung Moosbachs wegen der vielen Wallfahrer weckt im 18. Jahrhundert Begehrlichkeiten. Elisabeth Hiltner lässt sich einen besonderen Betrug einfallen.

Dieser „Gegeißelte Heiland“, eine Holzfigur, wurde von der Hiltnerin im Jahre 1746 mit angeblich größter körperlicher Beschwerlichkeit auf dem Rücken von Steingaden nach Moosbach getragen. Das Gnadenbild befindet sich heute auf dem Hochaltar der Wieskirche. Bild: gi
Dieser „Gegeißelte Heiland“, eine Holzfigur, wurde von der Hiltnerin im Jahre 1746 mit angeblich größter körperlicher Beschwerlichkeit auf dem Rücken von Steingaden nach Moosbach getragen. Das Gnadenbild befindet sich heute auf dem Hochaltar der Wieskirche.

Die Wallfahrt zur Wieskirche sorgte für einen gewaltigen wirtschaftlichen Aufschwung des Marktes Moosbach. Der Bau dauerte von 1748 bis 1769 und kostete insgesamt 12.163 Gulden. In derselben Zeit kamen rund 20.000 Gulden in die Wallfahrtskasse.

Elisabeth Hiltner hatte das Gnadenbild „Zum gegeißelten Heiland“ von Steingaden auf dem Rücken nach Moosbach getragen. Seit Entstehung der Wallfahrt verdiente die Moosbacherin ihren Unterhalt mit dem Verkauf von Bildern und Wachsopfern. Mit dem Türmer von Moosbach aber war ihr ein Konkurrent entstanden, und sie bat deshalb das bischöfliche Ordinariat Regensburg, es solle ihm der Handel mit Bildern und Ähnlichem untersagt werden, weil sie allein darauf Ansprüche hätte. Wenn das nicht möglich sei, so möge das Ordinariat geruhen, „von den reichlich eingehenden Opfergeldern dieser neuen Wallfahrt ihr eine geringe Unterhaltung gnädigst zu gewähren".

In Regensburg ging man nicht auf ihre Forderungen ein und so spekulierte Hiltner auf den Aberglauben der Leute: Jakob Johann Windisch, Dechant und Pfarrer in Nabburg berichtete am 16. November 1748 an das Ordinariat, nehme in ihrer Herberge Wallfahrer auf und besprenge sie mit Wassertropfen, angeblich Schweißtropfen Christi von der von ihr mitgebrachten Holzfigur.

Vier Tage später, am 20. November, bestimmte das Ordinariat, der Betrügerin das Handwerk zu legen. Der damalige Moosbacher Pfarrer Schmelzer ließ in Hiltners Abwesenheit das Bildnis abnehmen und im Pfarrhof in Moosbach verwahren, „allwo das Bildnis weder geschwitzet noch Zähren (Blut) vergoss“, wie er mitteilte. Die Hilterin wollte daraufhin mit dem Bildnis an einem anderen Ort eine Wallfahrt gründen.

Elisabeth Hiltner und August Probst:

Über die Gründerin der Wallfahrt ist wenig bekannt. Elisabeth Hiltner wurde am 4. Juli 1700 in Moosbach geboren. Sie wuchs in der Bachgasse in armen Verhältnissen auf. Im Alter von 16 Jahren arbeitete sie im Gasthaus Wüntter in Moosbach (heute Gasthaus Forster) als Mittelmagd. Ihre erst 13-jährige Schwester war im selben Lokal als Kellnerin tätig. Am 26. Februar 1753, als bereits 53-jährige, heiratete Elisabeth den Bildschnitzer und Bildhauer Augustin Probst. Ihr Glück dauerte aber nicht lange, denn schon am 3. Mai 1755 starb Elisabeth. Weil Hiltner des August Probst Frau war, mag der Irrtum entstanden sein, dass August Probst der Stifter der Wallfahrt war. Deshalb erhielt er auch ein jährliches Einkommen von der Wieskirchen-Stiftung. Als der Irrtum aufkam, wurde es ihm wieder entzogen.

In seinem Bittgesuch vom 23. September 1783 schreibt er, dass sein verstorbenes Weib das Bildnis auf ihrem Rücken mit größter Beschwerlichkeit von der Wies in Oberbayern nach Moosbach getragen und dafür nichts bekommen habe. In der Bildhauer-Kunst nährte er sich als fast Blinder kümmerlich in armutsvoller Zufriedenheit ohne von Irgendjemand was erbeten zu haben. „Heute werfe ich mich Euer kurfürstlichen Durchlaucht unterthänigst vor die Füsse und bitte um der Barmherzigkeit Gottes Willen, Euer Durchlaucht wollen Höchstgnädig sich eines armen und blinden Mannes erbarmen, durch dessen Eheweib die Wallfahrt ihren Ursprung genommen, für sein nicht mehr lang andauerndes Leben aus den eingehenden Opfern eine monatliche Unterstützung von fünf Gulden zu gewähren.“ Tatsächlich erhielt August Probst als Almosen monatlich einen Gulden auf Lebensdauer. (gi)

 
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