Jens Ketscher (49) stammt aus der Nähe von Hannover und lebt seit 1993 in Moosbach, im "schönen Hinterland", wie er selbst sagt. Er arbeitet als Gruppenleiter im HPZ in Irchenrieth. Ketscher erzählt, dass er die Oberpfalz anfangs gar nicht kannte, dass er manchmal wegen seiner Herkunft veralbert wird - und dass seine Eltern seine neue Heimat mittlerweile akzeptiert haben.
ONETZ: Der Oberpfälzer ist ein Grantler und Sturkopf. Stimmt’s?
Jens Ketscher: Das ist genauso wie in Norddeutschland. Auch da gibt es solche und solche Leute. Aber manchmal werde ich schon noch darauf hingewiesen, dass ich ein Preiß bin, oder ein Südschwede. Das ist natürlich Gaudi, nie böse gemeint.
ONETZ: Mit welchen Vorurteilen und Erwartungen sind Sie in die Oberpfalz gekommen? Und wie lautet jetzt Ihr Fazit?
Ich hatte keine Erwartungen. Ich bin ja wegen der Liebe hergekommen. Von der Oberpfalz hatte ich noch nie etwas gehört. Damals gab es ja keine Navis, und in Amberg war die Autobahn zu Ende. Ich bin da ins Blaue hinein – und dann hier geblieben.
ONETZ: Spielen Sie oft mit dem Gedanken, in Ihre alte Heimat zurückzukehren? Wie oft fahren Sie tatsächlich zurück?
Nein, überhaupt nicht. Ich habe hier meine eigene Familie. Wenn ich Eltern, Geschwister oder Verwandtschaft besuche, fahre ich in die alte Heimat.
ONETZ: Was erzählen Sie dort von Ihrer neuen Heimat? Was würden Sie Ihren Verwandten oder Freunden zuerst zeigen, wenn die zu Besuch in die Oberpfalz kommen?
Die waren ja alle schon mal da, die wissen, wo und wie ich lebe. Das wird mittlerweile akzeptiert – für Eltern ist die Entfernung ja schwierig. Aber es ist alles gut. Bei einem Besuch würde ich nach Flossenbürg. Auf die Burg, die Aussicht genießen. Und ins ehemalige Konzentrationslager mit dem Café, das von unseren betreuten Menschen gemanagt wird. Und nach Amberg und Regensburg.
ONETZ: Verstehen Sie Ihre Oberpfälzer Kollegen, wenn Sie mit ihnen nach Feierabend ein Bier trinken?
Ich verstehe sie sehr gut, aber es wird immer ein paar Brocken geben, die ich hinterfragen muss. Meine Sportkameraden haben mir früher jede Woche drei Wörter zum Lernen mitgegeben. Wie Oachkatzlschwoaf.
ONETZ: Fühlen Sie sich bereits als Oberpfälzer?
Ja, weil ich hier wohne und hier gewachsen bin. Und wenn ich wieder auf Besuch im Norden bin, sage ich nicht mehr, dass ich heimfahre.
In der Kolumne "Zugroast" stellen wir jede Woche Menschen vor, die aus Hamburg, dem Ruhrpott oder Kasachstan in die Oberpfalz gezogen sind - und hier eine neue Heimat gefunden haben.
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