Als im Frühjahr 1682 der seit längerem geplante Neubau der Klosteranlage einsetzte, entsandte der vom Stift Waldsassen beauftragte Architekt Abraham Leuthner in Prag umgehend seinen fähigsten Mitarbeiter Georg Dientzenhofer nach Waldsassen, um als Gehilfe bzw. Palier vor Ort die Klosterbaustelle zu leiten. Eine gewaltige Herausforderung für den damals 39-Jährigen.
Hochzeit nach kurzer Zeit
Dientzenhofer, geboren am 11. August 1643 in Oberulpoint bei Aibling, war der älteste von fünf Brüdern und erlernte, wie später auch seine Brüder nach ihm, das Maurerhandwerk. Um 1677 kam er nach Prag, wo er bei dem berühmten Baumeister und Architekten Abraham Leuthner bald eine vertrauensvolle Position übernahm. Schon wenige Monate nach seiner Übersiedlung nach Waldsassen heiratete der junge Bauleiter am 25. August 1682 die Waldsassener Metzgerstochter Maria Elisabeth Hager.
Als prominente Trauzeugen fungierten dabei der damalige Stiftshauptmann Abraham Dallmayr und der Bader und Wundarzt Johann Michael Prem, der später auch als Kirchenprobst der Kappl erwähnt wird. Dies unterstreicht, welches Ansehen sich Dientzenhofer im Stiftland schon nach kurzer Zeit erfreuen durfte.
Im folgenden Jahr erwarb der Kirchenbaumeister das Bürgerrecht in der Stadt Amberg. Wenig später erhielt er dort und auch in Bamberg bedeutsame Aufträge. Zur gleichen Zeit - 1684 - war Pfarrer Paulus Eckhardt in Münchenreuth zusammen mit Pater Nivard Christoph, dem damaligen Superior des Klosters Waldsassen, zum Entschluss gekommen, für die erst 40 Jahre zuvor erneuerte und inzwischen längst zu klein gewordene Wallfahrtskirche auf dem Glasberg einen kompletten Neubau aufzuführen. Dabei sollte den Gläubigen und Wallfahrern schon bei der Bauform der Kirche das Geheimnis der heiligsten Dreifaltigkeit verdeutlicht werden.
Schnelle Grundsteinlegung
So wurde schließlich Dientzenhofer um Rat gefragt und von den beiden Kirchenmännern beauftragt, diesen heiklen Bau durchzuführen. Im Herbst 1684 fertigte Dientzenhofer die entsprechenden Baupläne, die dann von Pater Nivard Christoph mit einem präzisen Erläuterungsschreiben am 17. Dezember 1684 dem hochfürstlichen Consistorium, also dem bischöflichen Ordinariat in Regensburg, zur Genehmigung eingereicht wurden. Nachdem noch weitere Unterlagen nachzureichen waren, kam am 21. April 1685 der langersehnte "Consens", die kirchliche Bauerlaubnis. Schon zwei Wochen später, am 8. Mai, wurde mit dem Aushub der Fundamente begonnen. Am 12. Juli 1685 vollzog man feierlich die Grundsteinlegung in Anwesenheit des Fürstenfelder Abtes Martin Dallmayr, des Baumeisters Dientzenhofer und weiterer Persönlichkeiten. Drei Tage später erhielt der damals 43-jährige Baumeister als "Maurermeister der Heyl. Capelle bei Versetzung des ersten Stein" sechs Gulden verehrt - ein ehrenvolles Geschenk.
Fertigstellung nicht erlebt
Die Arbeiten an der neuen Kappl schritten rüstig voran, so dass schon im November 1686, nach eineinhalb Jahren Bauzeit, der Dachstuhl aufgesetzt wurde. Weil Dientzenhofer aber "kein gewisse Besoldung nit begehrt hat, sondern sich mit dem gewöhnlichen Gesöllengelt hat begnügen lassen", erhielt er für seine Arbeiten an der Kappl nur ein geringes Salär. Der Krichenbaumeister wollte partout als "fürnehmster Guthtäter" der Kappl in die Geschichte eingehen.
In späteren Chroniken wird Dientzenhofer mit der Kappl überschwänglich gerühmt: Es ist "ein Werk, welches die Weisheit selbst erbaute! Dientzenhofers Andenken ist unsterblich". Das erlebte der Baumeister nicht mehr: Der vielbeschäftigter Planfertiger und geforderter Bauleiter starb am 2. Februar 1689 im Alter von nur 46 Jahren. Die Fertigstellung der Kappl erlebte Dientzenhofer ebenfalls nicht mehr. Die Wallfahrtskirche befand sich zu der Zeit im fortgeschrittenen Rohbau.
Weitere Bauten aus seiner Hand sind das Jesuitenkolleg Amberg, die Wallfahrtskirche von Trautmannshofen sowie die frühere Jesuitenkirche St. Martin in Bamberg, die allesamt heute noch bestehen. Seine Ruhestätte auf dem Waldsassener Friedhof oder gar ein Bild von ihm blieben nicht erhalten. Zum 300-jährigen Todestag 1989 wurde durch die Initiative von Pfarrer Karl Rauscher (1923-1995) ein schlichter Gedenkstein enthüllt, der an den unvergessenen Baumeister der Kappl und sein steingewordenes Wirken erinnert.
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