Nabburg
18.02.2022 - 11:59 Uhr

Alles besetzt: In Nabburg und Perschen ist der Storch zurück

Der Empfang für Störche in Nabburg und Perschen ist ziemlich stürmisch. Zwei einsame männliche Exemplare hielten am Donnerstag die Stellung. Einem Kenner der Gepflogenheiten auf dem Horst war klar, dass das nicht lange so bleiben würde.

In Perschen auf der Kirche St. Peter und Paul (Bild) ist der Storch schon am Montag angekommen und hat sich gleich daran gemacht sein Nest zu reparieren. Sein Nabburger Kollege wurde heuer am Mittwoch zum ersten Mal gesichtet. Bild: bl
In Perschen auf der Kirche St. Peter und Paul (Bild) ist der Storch schon am Montag angekommen und hat sich gleich daran gemacht sein Nest zu reparieren. Sein Nabburger Kollege wurde heuer am Mittwoch zum ersten Mal gesichtet.

Bei diesen Windstärken duckt sich der Neuankömmling ganz gern ins Nest und verzichtet auf den Panoramablick. Ein wenig ungemütlich scheint es ihm schon zu sein, hoch oben auf der Kirche St. Peter und Paul in Nabburger Ortsteil Perschen. Kein Partner, der ihn jetzt wärmen könnte, dafür auch keine Verpflichtung in Sachen Brutgeschäft. Erst vor wenigen Tagen ist das männliche Tier hier angekommen, und es kann noch dauern, bis es Gesellschaft bekommt. Wenige Kilometer weiter ist am Mittwoch ein Leidensgefährte gelandet und hat auf der Nabburger Friedhofskirche sein Quartier bezogen.

"Das sind die Männer, die kommen immer als erste an", ist sich der Nabburger Storchenbetreuer Karl Beer sicher. Er geht davon aus, dass es sich bei den Neuankömmlingen um die Gäste vom Vorjahr handelt. "Alle zwei warteten noch auf ihre Frauen, wie das eben so ist", scherzte Beer am Donnerstag und berichtete von fleißigen Aktionen zur Befestigung der Nester, die möglicherweise während der langen Abwesenheit in Mitleidenschaft gezogen wurden. Es kann aber auch vorkommen, dass die Pioniere schon mal die altgewohnten Futterplätze aufsuchen, man will ja schließlich vorbereitet sein.

Von acht bis 14 Tagen Wartezeit auf den weiblichen Storch sei auszugehen, hatte der Nabburger Experte ursprünglich kalkuliert. "Später kommen dann die Damen an, paaren sich und setzen sich ins gemachte Nest." Jetzt war die Nabburger Storchen-Dame aber viel schneller, bereits a Freitag, als zwei tage später, war sie da. Ob sie wohl den Sturm für Rückenwind nutzen konnte? Jedenfalls ist zumindest in Nabburg traute Zweisamkeit angesagt auf dem Horst, und auch in Perschen kann sich die Lage mit jeder Stunde ändern. Beer ist zuversichtlich, dass den Störchen auch neuerliche Sturmböen nicht viel ausmachen. Der Nabburger Störche hätten es da ohnehin leichter, weil ihr Nest relativ tief ist. "Da hat man immer die Jungen erst acht bis 14 Tage vor ihrem Abflug überhaupt erst sehen können", erinnert sich der Betreuer. Was das Futter anbelangt, sehe es in diesem Jahr gar nicht schlecht aus. "Die Wiesen sind feucht, da sind schon einzelne Würmer unterwegs. Die Störche finden hier sicher etwas", meint Beer, der die beliebten Vögel schon seit fast 35 Jahren regelmäßig im Blick hat. Seit 18 Jahren ist er ganz offiziell der zuständige Mann für die gefiederten Gäste mit dem großen Sympathie-Bonus. Ihr Eintreffen beurteilt er als nicht sonderlich früh – gemessen an den letzten drei bis vier Jahren. "Vor 15 Jahren hätten wir das aber schon noch als sehr früh eingestuft", sieht Beer Anzeichen für einen neuen Trend. Als frühesten Ankunftstermin hat er bisher den 5. Februar registriert.

Jedenfalls ist das Notfall-Konto der Nabburger Storchenfreunde gut gefüllt, so dass man eingreifen können, falls es mal wieder Probleme gibt. So eine Reserve sei auch nicht schlecht, falls man wegen irgendwelcher Kalamitäten mal einen Kran brauche. Überhaupt, die Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung sei enorm. "Im vergangenen Jahr haben die Nabburger Storchenfreunde einmal 300 Euro als anonyme Spende bekommen", staunt Beer, "der Storch hat wirklich viele Fans.

Mit dem Überleben ist das trotzdem so eine Sache. "Mittendrin ist einer verschwunden", so die langjährige Erfahrung der treuen Beobachter, die manchmal auch rettend eingreifen, wenn eine Hungersnot droht. Denn bei der Aufzucht der Jungen braucht Familie Storch nicht wenig Kalorien. "Wir haben mal einen Storch mit drei Jungen durchgefüttert, der hat pro Tag schon so 40 bis 45 Eintagsküken vertilgt", erzählt Beer. Allerdings habe der Vogel auch einen Teil wieder rausgewürgt, um die Kleinen zu versorgen. "Wenn er da mit zwölf Stück losgeflogen ist, fiel ihm das Fliegen schon schwer", schmunzelt der Storchenbetreuer.

Den Schützlingen wünscht er nun, dass ihrer Brut vor allem nach dem Schlüpfen ein paar trockene, warme Tage beschert sind. In Perschen seien nämlich im vergangenen Jahr bedingt durch kalte und regnerische Tage im Mai die drei Jungtiere umgekommen. In Nabburg war im Herbst auch nur ein "Einzelkind" flügge. Im Nachbarort Pfreimd hatte Familie Adebar auch nicht viel Glück, da folgte im Vorjahr ein Drama dem nächsten: Erst verfing sich ein Jungstorch in einem Plastikband, dann blieb Vater Storch verschollen, und zuletzt startete ein fremder Storch einen Angriff aufs Nest der Klosterkirche. Vier verletzte Storchenkinder landeten damals in einer Pflegeeinrichtung, einer hat seine Blessuren nicht überlebt.

Hintergrund:

Klick aufs Nest zeigt an, wo Storchenpaare wohnen

  • Horst: Eine bayerische Weißstorchkarte bietet der Landesbund für Vogelschutz (LBV). Zu jedem Nest-Standort gibt es durch Klick auf die einzelnen Punkte in der Karte oder in der Tabelle unterhalb der Karte weitere Informationen. Direkt auf die Homepage des LBV mit Storchenkarte gelangt man über folgenden Link: www.lbv.de/naturschutz/artenschutz/voegel/weissstorch/storchenkarte/.
  • Reiseroute: In der Satelliten-Telemetrie-Karte des LBV ist auch ersichtlich, welche Reiseroute die Zugvögel nehmen. Überwinterung meist in West- oder Ostafrika, einige zieht es nach Spanien oder sie bleiben ganz hier. "Westzieher" fliegen über Spanien/Gibraltar, "Ostzieher" über den Bosporus, die sogenannte Zugscheide verläuft mit einem breiten Mischbereich durch Deutschland.
  • Patenschaft: Wer als Storchen-Fan den Tieren in seiner Umgebung helfen will, hat die Möglichkeit, LBV-Storchen-Pate zu werden und sein Lieblingsnest zu unterstützen. Damit können Interessierte auch zur Erfolgsgeschichte des Weißstorchprogramms beitragen.
  • Webcams: Kameras mit Blick aufs Nest gibt es im Landkreis Schwandorf in Pfreimd, Neunburg vorm Wald und Nittenau; zu finden über www.lbv.de/ratgeber/naturwissen/tier-webcams/weissstorch-webcam/.

"Erst sind die Männer da. Später kommen dann die Damen an, paaren sich und setzen sich ins gemachte Nest."

Storchenbetreuer Karl Beer über die getrennte Ankunft im Horst

Storchenbetreuer Karl Beer über die getrennte Ankunft im Horst

 
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