Nabburg
09.03.2020 - 19:20 Uhr

Charakterstarke Sekretärinnen

Es liegt Premierenluft über der Nabburger Altstadt. Die schon sehnlich erwartete Neuinszenierung des Stückes „Sekretärinnen“ wird glamourös aufgeführt.

Renate Gresser (vorne stehend) verleiht ihrer Rolle mit dem Klassiker "Diamonds are the girls best friend" einen extravaganten Touch. Bild: Freya Stoeckl
Renate Gresser (vorne stehend) verleiht ihrer Rolle mit dem Klassiker "Diamonds are the girls best friend" einen extravaganten Touch.

Der Castillonsaal des Zehentstadels im Stadtmuseum kristallisiert sich als perfekter Aufführungsort heraus. Aufwendig und im Detail verliebt, stehen dort sieben vollausgestattete Büroschreibtische, mittig thront auf jedem einzelnen eine nostalgische, mechanische Schreibmaschine aus der guten alten Zeit. Das Hauptarbeitswerkzeug der sieben Protagonistinnen also, die sich als Sekretärinnen in einem Großraumbüro dem alltäglichen Bürowahnsinn hingeben und synchron im Gleichschlag in die Tasten hauen.

Liebe und Literatur

Es gibt auf den Schreibtischen neben den üblichen Gegenständen, die die Büroarbeit ermöglichen, auch Dinge, die ganz besonders sind: So weisen Parfümfläschchen auf eine Charaktereigenschaft von Renate Gresser hin, die als "extravagant" gilt und für Juwelen und Schmuck schwärmt. Wird sie vom Chef zum Diktat gerufen, legt sie Wert auf frischen Duft von der Haar- bis zur Fußspitze. Ihre kleptomanische Anlage versteckt sie auch nicht im Geringsten, das wird deutlich mit ihrer kraftvollen "Diamonds are the girl's best friends" - Gesangseinlage. Da gibt es dann auch Maria Bruckner, die Neue im Büro, die etwas naiv auf Männer reinfällt, jedoch nicht den Glauben an die wahre Liebe und Gefühle verloren hat. In Liedtexten wie "das Mädchen von Piräus" singt sie ihren Traum.

Die "Chefin" des Großraumbüros, Ute Czichon, achtet streng darauf, dass alles ordnungsgemäß abläuft. Sie hat sich leidenschaftlich der Literatur verschrieben und schweift im trüben Büroalltag des Öfteren in die Werke von Tolstoi & Co. ab. Franziska Niebauer ist der "Rebell" unter den Sekretärinnen. Äußerlich unverkennbar tritt sie als Punk auf und reagiert wütend, wenn ihr Unrecht angetan wird. Mit "Ich bin zu geil für diese Welt" spiegelt sie ihr Inneres nach außen. Ganz gechillt und lässig präsentiert sich Petra Niedermeier, die Coole, die während der Arbeitszeit gerne mit ihrem Liebsten telefoniert, aber auch energisch auf den Schreibtisch haut, wenn es um Schikane geht. Im Takt zu "We will rock you" von Queen gibt sie die Schreibgeschwindigkeit vor. Eine besondere, fast ein wenig schmerzliche Verbindung führen Marion Schärtl, die Emotionale im Büro, die immer wieder Probleme mit den Männern hat, aber deren Vorzüge auch zu schätzen weiß und Pia Wagner, die schwangere Kollegin, die sie an ihrem werdenden Mutterglück eher gezwungen als von Marion gewollt teilhaben lassen will. Ein ausgedehntes morgendliches Gymnastikprogramm hat sie im Büro eingeführt und beharrt auf dessen Durchführung. Andreas Pschierer brilliert in der Rolle des Hausmeisters. Er zeigt sich überaus verwegen, emotional und schüchtern in der Frauendomäne. Die im Arbeitsalltag verschworenen sieben Damen sind also so unterschiedlich, wie man es sich besser nicht vorstellen kann, dennoch meistern sie Arbeitstag für Arbeitstag miteinander.

Stimmungen malen

Die Charakterzüge eines jeden Individuums zu deuten, ist schon schwer genug, dies aber anhand einer Liederaufführung perfekt zu inszenieren, klingt zunächst unmöglich. Das Nabburgtheater unter Regie von Cosima Wittenzellner wagt sich dennoch daran und überzeugt vollends. Nach eineinhalb Stunden purer Theaterpower ist klar, dass man dies eindrucksvoller nicht hätte darbieten können. Passende Lichtsetzung unterstrich die einzelnen Szenen und "malte" den Eindruck der einzelnen Stimmungen gekonnt aus. Auch visuell war es den Besuchern somit möglich, in die bunte Welt der Sekretärinnen einzutauchen.

Pia Wagner spielt die schwangere Sekretärin, die großen Wert auf Morgengymnastik im Büro legt. Bild: Freya Stoeckl
Pia Wagner spielt die schwangere Sekretärin, die großen Wert auf Morgengymnastik im Büro legt.
Noch drei Aufführungen:

Florian Klein begleitete den Liederabend am Klavier, Leon Wittenzellner, Lukas Lassmann und Philip Seifert von der Band "The Nasty Royals" komplettierten den musikalischen Teil. Nicht zuletzt der meisterhaften Regiearbeit von Cosima Wittenzellner ist es zu verdanken, dass Franz Wittenbrinks Liederabend und Theaterstück "Sekretärinnen" so überaus erfolgreich und einfühlsam in Neuinszenierung des Naaburgtheaters wiedergegeben worden ist.

Für die Kostüme zeichnet Marlene Thimet, für Maske Paya Wittenzellner und Jutta Gebhardt, für die Technik Gerald Igl verantwortlich. Weitere Aufführungen finden am 13., 14. und 15. März um 19.30 Uhr statt.

Verschiedene Charaktäre treffen aufeinander, wie sie unterschiedlicher nicht sein können. "Die Schwangere" Pia säußelt der "Emotionalen" Marion die Glücksgefühle ihres schwangeren Daseins zu, während ihre "vermeintliche" Freundin immer wieder mit Männern Probleme hat. Bild: Freya Stoeckl
Verschiedene Charaktäre treffen aufeinander, wie sie unterschiedlicher nicht sein können. "Die Schwangere" Pia säußelt der "Emotionalen" Marion die Glücksgefühle ihres schwangeren Daseins zu, während ihre "vermeintliche" Freundin immer wieder mit Männern Probleme hat.
Ute Czichon überzeugt in ihrer Rolle als Bürovorsteherin des Großraumbüros. Ihre große Leidenschaft ist die Literatur. Bild: Freya Stoeckl
Ute Czichon überzeugt in ihrer Rolle als Bürovorsteherin des Großraumbüros. Ihre große Leidenschaft ist die Literatur.
 
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