Von den intensiven Untersuchungen des Bauwerks profitieren nicht nur die Architekten hinsichtlich Umfang und Planung ihrer Sanierungsmaßnahmen, sie bereichern auch die stadtgeschichtliche Forschung. So stießen die Fachleute bei den Sondagen an den Grundmauern, wie erwartet, auf Reste des um 1600 aufgelösten Friedhofs. Doch wie bei den archäologischen Grabungen von Mathias Hensch an der Marienkirche, überraschte die Menge an losen „Knochenhaufen“. Freigelegt wurde auch die Schwelle eines alten Zugangs, von dem bislang nur der zugemauerte Spitzbogen zeugte. Niveaumäßig angeglichen wäre seine Wiederöffnung als Behindertenzugang gedacht.
Aus der Hofglasmalerei
In ihrer Expertise zu den Fenstern attestierte eine Gruppe von Kunsthistorikern und Glas-Spezialisten aus Koblenz, dass es sich neben einigen wertvollen mittelalterlichen Originalen hauptsächlich „um eine künstlerisch hochwertige Gesamtverglasung der Münchner Werkstatt Franz Xaver Zettler handelt, bei der die Königlich Bayerische Hofglasmalerei sowohl ihre handwerklichen als auch ikonographischen und entwurfstechnischen Fähigkeiten unter Beweis stellte.“
Zwar haben die Verglasungen seit ihrem Einbau um 1900 verschiedene alters- und witterungsbedingte Schäden erlitten, doch sie „sind als unbedingt erhaltens- und schützenswert einzustufen.“ Daher schlagen die Experten nach der Restaurierung auf jeden Fall eine äußerliche Schutzverglasung vor.
Wohl aus Geldmangel
Am spannendsten sind jedoch die Befunde zum Turm. Die dendrochronologische Untersuchung datierte sämtliches dort verbaute Holz in die Zeit nach 1536, also jenem Jahr, in dem der Nordturm abbrannte und einstürzte. Zudem ist auf dem Schlußstein der östlichen Schallöffnung die Zahl 1538 zu erkennen.
Dies ließe als modifiziertes geschichtliches Szenario vermuten: Man beschließt, wohl auch aus Geldmangel, den in Folge des Unglücks nur noch als Stumpf verbliebenen Nordturm zu bedachen. Als „Ersatz“ wird der bislang nur beziehungsweise schon halb existente Südturm – so stellt ihn auch das Reisebild Ottheinrichs dar – durch drei Stockwerke samt Türmerstube aufgestockt und mit einer „Welschen Haube“ vollendet. In der untersten neuen Etage finden auch die 1537 bis 1540 beauftragten drei neuen Glocken Platz. Demnach dürfte vor 1536 ausschließlich der Nord-, danach nur der Südturm in Gänze bestanden haben. Es existierten wohl nie zwei vollständige Türme gleichzeitig.
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