Nabburg
23.04.2024 - 11:29 Uhr

Wie es ist, vom Intensivmediziner zum Krebspatienten zu werden: Vortrag beim Nabburger Männerverein

Der katholische Männerverein als Veranstalter und insbesondere Professor Dr. Thomas Bein waren überwältigt vom Zuspruch beim Vortragsabend im Jugendwerk. Der Referent schilderte, wie er vom Intensivmediziner zum Patienten wurde.

„Ich habe mich als Intensivmediziner über Jahrzehnte mit der Hightech-Medizin identifiziert. Meine Krebserkrankung traf mich wie ein Schlag. Am eigenen Leib habe ich erfahren, was es bedeutet, vom erfolgreichen Mediziner zum ausgelieferten Patienten im Getriebe der Hochleistungsmedizin zu werden.“ Mit dieser Aussage eröffnete Dr. Bein den Vortragsabend. Gespannt folgten die zahlreichen Zuhörer, unter ihnen auch persönlich Betroffene, der lebendigen Situationsbeschreibung seines Leidenswegs.

Als Knochenmark-Krebs (Leukämie) bei Thomas Bein diagnostiziert wird, leitet er eine Intensivstation am Universitätsklinikum Regensburg und fortan ist der Spitzen-Mediziner Patient im Getriebe der Hightech-Medizin: Er erlebt, wie es sich anfühlt, eine Krebs-Diagnose zu bekommen, die niederschmetternd ist. Wie hart es ist eine Chemo-Therapie mit all ihren Nebenwirkungen durchzustehen, wie hilflos es macht, die Kontrolle über den eigenen Körper zu verlieren und wie schwierig es ist, mit der Krankheit Krebs leben lernen zu müssen. Auch, wie herausfordernd es ist, die Balance in der Familie und Beziehung zu finden.

Es ist ein kurzweiliger Erlebnisbericht über seine eigene neunjährige Leidensgeschichte. Sie beginnt mit der Feststellung von Unstimmigkeiten im Blutbild bei einer Routineuntersuchung. Eine Rückmarkpunktion fördert die traurige Gewissheit zu Tage: Knochenmarkkrebs. Eindrucksvoll beschreibt er die Situation der Chemo in all ihren Stadien. Unzählige Blutuntersuchung gehen damit einher, um die so sehnlichst erhoffte Heilung feststellen zu können. Weil die Venen die Tortur nicht mehr mitmachten, wurde es letztlich erforderlich, einen Port zu setzen, über den bis heute die regelmäßigen Kontrolluntersuchungen laufen.

Professor Bein war jahrelang auch Vorsitzender des Klinischen Ethikkomitees. Seit seiner Erkrankung ist die Beschäftigung mit Fragen der Medizin-Ethik, vor allem die Beziehung zwischen Arzt und Patient im Klinikalltag der Hochleistungsmedizin ins Zentrum seines Interesses gerückt. Immer schwingen bei seinen Ausführungen die Erfahrung und das Wissen des Intensiv-Mediziners mit, der sich vor seiner Erkrankung schon gefragt hat, wie das, was er als Arzt tut, auf seine Patienten wirkt.

Thomas Bein berichtet, was er über die Würde schwerstkranker Patienten im Klinik-Alltag gelernt hat – und was sich dringend ändern muss, in den Abläufen wie auch im Verhältnis Arzt und Patient. Er verschweigt auch nicht, wie problematisch es im modernen Netz der Spitzenmedizin ist, unter dem Diktat von Profit und strikter Kommerzialisierung, Änderungen zu erreichen. Er verrät, dass von 850 verfügbaren Klinikbetten aktuell 200 aufgrund des Pflegenotstandes gesperrt sind und deshalb dringend gebotene Behandlungen immer wieder hinausgeschoben werden müssen. Die palliative Medizin sieht Professor Bein als positive Entwicklung: „Das lässt hoffen“.

 
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