Polizei warnt vor liebestollem Wild: Mehr Verkehrsunfälle in der Brunftzeit

Nabburg
24.07.2023 - 11:12 Uhr
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Diese "Brautschau" kann teuer und tödlich enden: Rehwild ist jetzt in Brunftstimmung, Wildunfälle häufen sich. Was im Ernstfall zu tun ist, hat sich eingespielt, doch bei der Prävention tut man sich im Landkreis Schwandorf schwer.

Teilweise mehrmals am Tag ist die Polizei im Landkreis Schwandorf mit der Aufnahme von Wildunfällen beschäftigt, besonders dann, wenn von Mitte Juli bis Mitte August gerade Brunftstimmung herrscht beim Rehwild. Darauf macht nach einer aktuellen Kollision eines Rehs mit einem Motorradfahrer die Polizei von Burglengenfeld aufmerksam. "Durch das Brunftgeschehen erhöht sich die Aktivität des Rehwildes überproportional", warnen die Beamten in einer Pressemitteilung: "Tag und Nacht verfolgen Rehböcke paarungswilliges, weibliches Rehwild oder aber auch einen Konkurrenten." Und dabei werden natürlich auch Straßen gequert.

Bei der Polizeiinspektion Nabburg machen Wildunfälle 2022 mit 486 bei insgesamt 976 Unfällen knapp die Hälfte aller Kollisionen aus, in Oberviechtach sind es mit 238 Wildunfällen bei insgesamt 420 Unfällen in diesem Zeitraum sogar deutlich mehr als die Hälfte. Auch wenn dabei meist keine Person verletzt wird: "Der Schaden ist oft immens", sagt der Leiter der Oberviechtacher Polizeiinspektion, Werner Linhart. "So eine Wildsau kann ein Auto schon heftig deformieren."

Da hilft nur Vorsicht

Aber auch bei einer Kollision mit einem Reh ist oft längst nicht nur eine simple Stoßstange oder etwas Blech betroffen. "In der Front steckt inzwischen viel moderne Technik, das macht so einen Unfall gleich teurer", weiß der Oberviechtacher Polizeihauptkommissar. Und er weiß auch, dass so ein Unfall nicht leicht zu vermeiden ist, wenn es durch ein Waldstück geht, selbst bei gut ausgebauten Straßen. "Da hilft nur Vorsicht und eine reduzierte Geschwindigkeit", stellt er klar. Auch Linhart, der erst vor kurzem dem Posten als Leiter der Polizeiinspektion Oberviechtach übernommen hat, hat die hohe Zahl der Wildunfälle überrascht. „Es gab schon ganz viele Aktionen zu dem Thema, aber Wildunfälle sind einfach schwierig einzudämmen“, muss er nach einem Gespräch mit den Kollegen am Ort feststellen.

Dietmar Maier, Vorsitzender der Hegegemeinschaft Pfreimd bildet eher die Ausnahme, wenn er nachts oder in der Dämmerung mit dem Auto fährt. "Als Jäger ist man mit anderen Augen auf den Straßen unterwegs, man fährt vorsichtiger und langsamer". Maier ist zuständig für die tierischen Opfer im Revier Pamsendorf und bekommt als Versicherungsmakler die Schadensfälle auf den Tisch. "Da hat man gleich ein paar tausend Euro Schaden beieinander", stellt er fest und rät deshalb seinen Kunden zu einer Teilkasko-Versicherung, die Wildunfälle abdeckt. "Wer nur eine Haftpflicht hat, schaut da in die Röhre", gibt er zu bedenken. Generell raten der Deutsche Jagdverband und die Bayerische Versicherungskammer (BVK), lieber die Kollision mit dem Tier zu riskieren, beim Ausweichen seien die Unfallfolgen meist viel schlimmer. Ebenfalls ratsam: abblenden und hupen.

Ist es nun mal passiert, werden Jäger wie Maier, der auch stellvertretender Vorsitzender der Nabburger Kreisgruppe des Jägerverbands ist, in der Regel von der Polizei alarmiert. Sollte ein verletztes Tier geflüchtet sein, so bedeutet das für die Jäger eine Nachsuche. Erst kürzlich musste sich Maier zusammen mit Kollegen auf der Suche nach einem Kitz machen, weil das Muttertier Opfer eines Verkehrsunfalls wurde. Ohne menschliche Hilfe wäre es jämmerlich zugrunde gegangen. Jetzt kümmert sich eine Aufzuchtstation in Schwabach bei Nürnberg um das verwaiste Tier.

Beweis für Versicherung

Was die Meldung von solchen Wildunfällen betrifft, sind sich Jäger und Polizei einig, dass das im Normalfall gut klappt – schon deshalb weil für die Versicherung eine Bescheinigung erforderlich ist. Ist ein angefahrenes Tier verschollen, liegt die Beweissicherung bei der Polizei. "Die hat auch eine Übersichtskarte für die Streckenabschnitte und weiß, welche Jagdpächter dann zu verständigen sind", informiert Maier.

Weil die Wildunfall-Bescheinigung letztlich wertvoller ist als das Wildbret, ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass ein Autofahrer die Kollision gleich nutzt, um sich einen Sonntagsbraten zu sichern. Das tierische Unfallopfer sei meist nicht zu verwerten, meint Jäger Maier. "Es liegt auch nicht jedem, so ein Tier auszuweiden und zu zerlegen", gibt Polizeichef Linhart zu bedenken. Ganz abgesehen von den strafrechtlichen Konsequenzen: Wer so ein Tier einfach mitnimmt, kann wegen Wilderei angezeigt werden. "Das kriegt jeder mit, der den Führerschein macht", so der Leiter der Oberviechtacher Polizeiinspektion, "und wer auf dem Land aufgewachsen ist, der weiß auch, dass er mit Wild auf der Straße rechnen muss".

Hintergrund:

Richtiges Verhalten bei Wildunfällen

  • Ruhe bewahren, unnötiges Betreten der Straße vermeiden
  • Motor laufen lassen, Licht und Warnblinkanlage einschalten, Warnweste anziehen, Unfallstelle absichern
  • Bei Verletzten Notruf-Nummer 110 wählen und Erste Hilfe leisten
  • Auch wenn keine Person verletzt wurde und das Wildtier geflüchtet ist, die Polizei informieren, die dann den Jagdpächter verständigt
  • Tote Tiere mit Handschuhen möglichst an den Straßenrand ziehen, verletzte nicht anfassen (sie könnten aggressiv reagieren)
  • Am Unfallort oder bei der nächsten Möglichkeit abseits der Straße auf das Eintreffen der Polizei oder des Jägers warten
  • Wildunfallbescheinigungen gibt es bei der zuständigen Polizeidienststelle oder beim Jagdpächter
  • Niemals verendete Wildtiere mitnehmen, das ist Wilderei (Quelle: Polizei/ADAC)
 
 

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