Sigi Zimmerschieds „Dopplerleben“ im Schmidt-Haus

Nabburg
26.05.2023 - 12:18 Uhr

Humorfreie Moralapostel, die kommen einem Sigi Zimmerschied gerade recht. Der Passauer Kabarettist präsentiert sein Programm "Dopplerleben" im Nabburger Schmidt-Haus.

Sigi Zimmerschied spielt sein Programm "Dopplerleben" im Nabburger Schmidt-Haus.

Im dritten Anlauf, nach einigen Terminverschiebungen, hat er es endlich auf die kleine Bühne im Gewölbe des Schmidt-Hauses geschafft. Sigi Zimmerschied erscheint in der Figur des Hans Doppler, Fälscher in der zwölften Generation, Nachfahre des italienischen Urvaters der Sippe, Giovanni Doppio.

In einer Klarsichtmappe präsentiert er das Angebot der Dopplers aus diversen Epochen der deutschen Geschichte, gefälschte Entnazifizierungspapiere, Waffenschein, Universitätsdiplom, Behindertenausweis, Pässe vieler Länder und Institutionen, Impfbefreiung und Attest. Die Geschäfte im „ambulanten Darknet“ laufen aber immer schlechter und Doppler verdingt sich mittlerweile auch in einer Schauspieleragentur.

Zu allem Überfluss verliebt sich Hans Doppler auch noch in die die junge, hochmoralische Klimaaktivistin Amelie. Mit ihr und seinem neuen Job bringt Zimmerschied elegant den aktuellen Zeitgeist ins kabarettistische Bühnenstück. Amelie ist „woke“, aufmerksam für rassistische Diskriminierung, richtige Sprache, korrektes Verhalten, feinfühlig gegenüber Minderheiten und konsequent vegan. Doppler, ein Mann von „altem Schlag“, polarisiert, ist sexistisch, Fleisch- und Wurstfreak, als Fälscher natürlich extrem durchtrieben.

Beim Zusammensein mit Amelie passt er sich völlig an, täuscht sie über sein wahres Ich und heuchelt angesagtes Verhalten. Er bestätigt ihr, dass Winnetou rassistisch sei, man bei Endsilben achtsam sein müsse, und Tarzan ein absolutes No-Go ist, da „die Affen wegen kultureller Aneignung“ protestiert hätten. Zum Publikum gewandt gibt Zimmerschied seine Definition von Glück: “Glück ist, jemanden gefunden zu haben, der an allem schuld ist. Das waren beim Großvater die Russen, beim Vater die Schiedsrichter, bei der Amelie bin's ich.“

Sigi Zimmerschied, mittlerweile seit 2004 regelmäßig im Schmidt-Haus, glänzte wie immer mit Wortgewalt, wuchtiger Mimik bei vollem Körpereinsatz. Das ist drastisch, bayrisch, direkt, brachial, fordernd, provokant. Zimmerschied, wer sonst, entwickelt die Szene, bei der Fälscher Doppler während eines konspirativen Aktivistenmahls in einem veganen Restaurant seine Leberkässemmeln genüsslich auf dem Klo verspeist.

„Das war Ironie, das müsst ihr euch merken. Heilige verstehen keine Ironie! Falls ihr mal einen Heiligen trefft's, der einen Witz erzählt - des is koa Heiliger!“, so Zimmerschied. „Dopplerleben“ ist ein fulminant-ironischer Aufruf gegen absolutistische, humorlose Moralapostel!

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