Die Zimmertemperatur reduzieren, nicht ganz so heiß duschen, vielleicht auf die Sauna verzichten - solche Tipps zum Energiesparen lassen sich von den allermeisten Menschen relativ leicht umsetzen. Wie aber gehen Industriebetriebe mit der Aufgabe um, die Erdgas-Speicher nicht allzu sehr zu beanspruchen? Noch dazu, wenn sie zur Herstellung ihrer Produkte große Mengen an Energie brauchen?
Buchtal wäre massiv betroffen
Eines der Unternehmen, die einen hohen Energiebedarf haben, ist die Deutsche Steinzeug in Buchtal bei Schwarzenfeld. Hier werden unter anderem Fliesen gebrannt. Das geht nur mit Öfen, die extrem hohe Temperaturen erzeugen. "Als Unternehmen der keramischen Industrie mit einem hohen Energiebedarf gehen wir sehr bewusst mit Energie um", erklärt Vorstand Dieter Schäfer. Schon seit Jahren setze dir Firma deswegen kontinuierlich Verbesserungen um. "Wir haben zudem festgestellt, dass wir bei der sogenannten Entstaubung der Maschinen während des Fertigungsprozesses rund fünf Prozent Gas einsparen können. Mehr ist derzeit nicht möglich, da für das Brennen von Fliesen sehr hohe Temperaturen notwendig sind."
Die Deutsche Steinzeug geht davon aus, dass das Unternehmen von einem Gaslieferstopp massiv betroffen wäre. "Uns wäre sehr geholfen, wenn wir dabei selbst entscheiden könnten, an welchen Standorten und in welchem Umfang wir unsere Produktion zurückfahren", sagt Schäfer. "Wenn wir an jedem unserer vier Standorten jeweils zum Beispiel 30 Prozent Gas einsparen müssten, wäre das nicht wirtschaftlich." Sinnvoller sei es, einen ganzen Standort kurzzeitig komplett herunterzufahren. "Dann können wir ohnehin notwendige Wartungsarbeiten in diese Zeit verlagern."
BMW sieht Möglichkeiten
Auch im BMW-Innovationspark Wackersdorf wappnen sich die Verantwortlichen für eine Energiekrise. "Die BMW Group bereitet sich aktiv auf einen möglichen Gasmangel vor. Das betrifft unsere eigenen Standorte und auch das Lieferantennetzwerk", teilt Pressesprecherin Romy Ertl mit. "Dabei hat das Unternehmen an allen Produktionsstandorten in Deutschland und Österreich untersucht, welche Möglichkeiten bestehen, die Nutzung von Gas zu reduzieren." Hier seien bereits konkrete Möglichkeiten gefunden worden. Die Vorschläge sollen deutschlandweit abgestimmt sein. Die Ergebnisse der Untersuchung habe das Unternehmen der Bundesnetzagentur und dem Verband der Automobilindustrie gemeldet.
Strompreis verdoppelt
Inotech, der Kunststoff-Spezialist mit Stammsitz in Nabburg, wäre von einer Gas-Knappheit selbst nicht betroffen - wohl aber seine Kunden. Sollten die ins Straucheln geraten und die Produktion zurückfahren, könnte sich das auch auf das Nabburger Unternehmen auswirken. "Unser Thema ist gerade eher der Strom", sagt Geschäftsführer Harald Kausler. Derzeit versucht Inotech, so viel Strom wir nur möglich selbst zu produzieren. Auf dem Werk in Eslarn ist gerade erst eine Photovoltaik-Anlage montiert worden, eine weitere soll in Nabburg an der Boschstraße folgen. Eigentlich sollte Kausler in der vergangenen Woche den Stromliefervertrag für nächstes Jahr in trockene Tücher bringen. "Aber das haben wir erstmal auf Oktober vertagt." Die Preise im Stromsektor haben sich aktuell nahezu verdoppelt.
Gas für die Industrie
- Geschäftsrisiko: Laut Deutschem Industrie- und Handelskammertag sahen schon vor Kriegsbeginn 85 Prozent der Industrieunternehmen die Energie- und Rohstoffpreise als großes Geschäftsrisiko.
- Besonders betroffene Branchen: Zum Beispiel Stahl-, Chemie- und Pharmaindustrie, Glashersteller, Keramische Industrie, Getränkeproduzenten.
- Verbrauch: 37 Prozent Industrie, 31 Prozent Privathaushalte, 13 Prozent Handel, Gewerbe und Dienstleistung, 12 Prozent Stromversorgung, 7 Prozent Fernwärme. (Quelle: Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft)
- Aktuelle Lage: Die Gaslieferungen aus Russland sind massiv zurückgegangen, die Preise explodiert, die Speicher in Deutschland zu fast 70 Prozent gefüllt. Täglich kommen laut Bundesnetzagentur 0,4 Prozentpunkte dazu.
- Ziel für den Winter: Entscheidend sei, dass die Gasspeicher spätestens im November zu 90 Prozent gefüllt sind, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck vor wenigen Tagen.
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