Beide drängen auf Veränderung: Das Nabburgtheater nach einer zwangsläufig spielfreien, „mageren“ Zeit mit der Premiere des neuen Stückes „Die fetten Jahre sind vorbei“ und die Protagonisten in eben diesem Schauspiel, genauso aktiv, doch grundlegender in ihrer Gesellschaftskritik. Wohl ohne zu ahnen, wie tagesaktuell dessen Inhalt werden würde, reizte es Regisseurin Cosima Wittenzellner schon länger, die Bühnenfassung des titelgleichen Kinofilms mit ihrem Ensemble zu inszenieren.
So verwundert es nicht, dass sie den Zuschauern in der Marienkirche zusammen mit den vier Akteuren auf und dem Team hinter den auf das wesentliche beschränkten Kulissen die Geschichte von Jule, Peter und Jan als genialen Multimediamix cineastischer wie schauspielerischer Elemente erzählt: Vermeintliche Mitschnitte einer Überwachungskamera, zu Beginn auf eine Großleinwand projiziert, zeigen das dreiste, doch primär harmlose „Hobby“ der beiden Jungs, friedlich in Villen einzudringen und deren Besitzer rein durch „Neu-Arrangements“ der Möbel zu verunsichern. Zur Überraschung quittieren sie ihren Besuch per Zettel mit: „Die Erziehungsberechtigten“.
Als Jule durch Jan unabsichtlich von diesem Treiben des Duos erfährt, wittert sie eine Chance, sich so ihrer persönlichen Probleme zu entledigen. Ihre Situation – aus Solidarität zu einem Arbeitskollegen vom Chef fristlos gekündigt – zudem wegen Mietrückständen plötzlich ohne Wohnung, deren Renovierung sie jedoch übernehmen soll, und noch dazu fast 100.000 Euro Schulden, verursacht durch ihren Auffahrunfall mit einer Nobelkarosse – scheint quasi ausweglos. Aber, „könnte nicht genau dessen Eigentümer das nächste nächtliche Ziel sein?“
Und da „jedes Herz eine revolutionäre Zelle“ besitzt, wird die Idee auf der Basis von Protestgedanken, aber auch getragen von Liebe in die Tat umgesetzt. Doch schon bei der Ersterkundung im Objekt läuft nicht alles nach Plan. Plötzlich kommt es zu einem schicksalhaften Zwischenfall mit dramatischen, turbulenten Szenen, fesselnden Ereignissen, später gefolgt von heftigen Diskussionen, in denen sich retrospektive 68er-Ideale aktuellen Vorstellungen von Moral, Establishment, Gleichheit, Freiheit bis hin zu grenzenloser Liebe gegenüberstehen.
Zugleich geht mit der fast psychiatrischen Offenlegung eigener Ambitionen auch eine schleichende Sympathie zum vermeintlichen Opfer, ja sogar ein zaghaftes Verständnis füreinander einher. Denn feststeht: „Schuld ist doch nicht der, der die Pistole erfunden hat, sondern der, der den Abzug drückt!“
Ohne den Schluss zu verraten, sei treffenderweise dennoch das erkenntnisreiche Resümee des wohlhabenden Top-Managers zitiert: „Das war´s dann wohl, denke ich. Doch macht euch keine Sorgen, die besten Ideen werden überleben!“ Letzteres trifft angesichts der bejubelten Premiere auf jeden Fall auf die Motivation des Nabburgtheaters zu, der heimischen Theaterszene mit örtlichen Talenten und schauspielerischem Lokalkolorit neue Impulse zu geben. Der Resonanz des Publikums gemäß, sei diesem Topp-Ensemble zu wünschen, dass „den ,fetten' nun die ,besten Jahre' folgen!“
Das Nabburgtheater
- Gründung: im Jahr 2009
- Mitglieder: Etwa 20-köpfiges Ensemble unter der Regie von Cosima Wittenzellner und Marlene Thimet
- Erfolgreichstes Stück: "Sekretärinnen" (2016). Eine Wiederaufführung kam wegen Corona nicht zustande.
- Zuletzt gespielt: "Wir sind die Neuen" und "The King speech" (2019), zudem immer wieder Theater mit und für Kinder: "Der Zauberer von Oz", "Mein Freund Wickie"
- Weitere Termine des aktuellen Stückes: Freitag, 23. Februar; Samstag, 24. Februar; Freitag, 1. März; Samstag, 2. März jeweils um 19.30 Uhr in der Marienkirche Nabburg



















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