Wer am Freitagabend beim Unplugged-Konzert von „San2“ in der Schafferhof-Tenne Soul, Gospels und Christmas Songs erwartete, der war fehl am Platz. Der charismatische Frontmann hatte nämlich den Blues im Gepäck. Aber von einer melancholischen oder gar drückenden Stimmungslage war das Publikum weit entfernt. Das Trio mit "San2", Ludwig Seuss und Sebastian Schwarzenberger, servierte ein energiegeladenes Blues-Konzert, das es in sich hatte und das die Zuhörer von Beginn an mitriss.
Hörte man sich unter den Konzertbesuchern um, so war zu vernehmen, dass es dem einen oder anderen ganz gelegen kam, zwei Tage vor Weihnachten eine Weihnachtsliedpause einzulegen, denn von den Christmas Songs wurde man allerorten seit Anfang Dezember beschallt. "San2" alias Daniel Gall kündigte gleich zu Beginn an, dass er zwar zwei Tage vor dem großen Fest in freudiger Erwartung sei, jedoch heute keine Weihnachtslieder singen werde. Er zeigte sich froh, dass das Konzert überhaupt stattfinden konnte, denn eigentlich wären sie am Schafferhof, auf dem sie sich immer sehr wohlfühlen, als Quartett aufgetreten. Gitarrist Louis Thomaß musste passen, weil seine Flitterwochen dazwischen kamen und Ludwig Seuss hatte kurz vor Konzertbeginn eine Autopanne.
Blues statt Weihnachtslieder
Im Gegensatz zu früheren Zeiten, in denen der hervorragende Sänger und Bluesharp-Spieler durchaus die opulente Show liebte, kommt bei ihm seit seinem letzten Album „The Groundlift Stories“, von dem er viele Stücke zum Besten gab, eher das kleine Besteck zum Einsatz, bei dem er auf Bass und Drums verzichtet. Der Blues-Anteil steigt dementsprechend und den Blues beherrscht er wie kein Zweiter. Die drei Musiker beweisen, dass sie auch ohne Rhythmusgruppe kraftvoll harmonieren und alte Songs neu interpretiert, zum Leuchten bringen.
Vertieft in den Rhythmus und voller Leidenschaft zelebrierte er Stücke wie „Got my Mojo Working“, Fats Dominos „Hello Josephine“ oder auch die Ballade „When the moon is full again“, die Ludwig Seuss und Dr. Will geschrieben haben. Ein Blues-Highlight jagte das andere und das Publikum spendete ein ums andere Mal Szenenapplaus für das geniale Tastenspiel von Ludwig Seuss, dem Keyboarder der Spider Murphy Gang und die phänomenalen Gitarrensoli von Sebastian Schwarzenberger. Nicht zu vergessen die Soli von SAN2 auf seinen verschiedenen Bluesharps. Denen entlockte er nur wenige, gut platzierte Töne, die das Instrument kraftvoll und dynamisch erscheinen ließen. Nicht umsonst wurde er 2012 in die Liste der besten europäischen Mundharmonikaspieler aufgenommen.
Die Stimmung stieg von Stück zu Stück und bei „Cruisin‘ in my car“ erreichte der Lärmpegel in der Tenne von ihm gemessene 95 Dezibel. "San2" kann aber nicht nur kraftvoll und rhythmisch, sondern auch ruhig, fast besinnlich wie beim „Hold on to me“, das er für seinen 2020 verstorbenen Vater geschrieben hat. Einen Gospel gab es aber am Ende mit „When the saints go marchin‘ in“ als Zugabe aber trotzdem noch.
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