Neuhaus/Windischeschenbach
07.10.2018 - 10:49 Uhr

Melissa, Janis und Billy Jean

"Isn't it ironic?" Die Stimme von "Baby Palace" Britta Wittenzellner klingt der von Alanis Morisette ähnlich. Die Sängerin hat mit ihrer Akustik-Band "The Hot Shakers" den Weg zum Schafferhof gefunden. Im Gepäck: Das Beste aus MTV-Zeiten.

Die Band gibt alles bei "I heard it through the grapevine". Bild: gge
Die Band gibt alles bei "I heard it through the grapevine".

Ihre Rockröhre, gedämpft durch das Mikrofon, ließ trotzdem die Kraft der ausgewählten Rocksongs spüren. Fast hatte man das Gefühl, sie würde ihre Stimme zurücknehmen, um nicht zu dominant zu klingen. Zusammen mit Peter Bauernfeind aus Winzer (Gitarre) sang sie im Duett den Michael-Jackson-Hit "Billy Jean", jedoch neu arrangiert, ruhig, durchdringend. Nur zwei Gitarren, ein Cajon und zwei bluesige Stimmen. Sehr hörenswert, so wie der Rest der langen Setlist. Wer erinnert sich nicht gern an die Anfänge von MTV? Als die Songs plötzlich Bilder bekamen? Das ist die Welt, aus der "Baby Palace" erzählte und sang. Das Publikum genoss es, die tollen Hits von Prince, Pink, den Black Crows, Amanda Marshall oder Melissa Etheridge zu hören, reduziert auf sehr klangvolles Akustik-Niveau. "Tainted love" oder "Like the way I do", es dauerte nicht lange, bis das Publikum mitsang.

Seit fast 20 Jahren spielt Christian Stadler (Gitarre) zusammen mit Britta in der Band. Der dritte im Bunde ist Markus Meinecke aus Salzburg, der gekonnt sein Cajon bearbeitete. "Wir sind zusammen fast 200 Jahre alt", verriet Britta Wittenzellner. Ein optimaler Schnitt also, dass man all die tollen Hits noch live und persönlich erleben durfte. "I heard it through the grapevine" von Marvin Gae, "Tainted love", "Hit the road Jack", schwer zu sagen, welcher Song besser, welche Version gekonnter dargebracht wurde. Eine tolle Leistung brachten die Akustikgitarristen, als sie den Discohit "Ain't nobody" mit irre schnellen Riffs unterlegten, den Widerhall der im Original elektronischen Instrumente mit der akustischen Gitarre animierten.

Von der "Royal Albert Hall" erzählte "Baby Palace". Dort war ein Konzert mit Eric Clapton - der Eintritt allerdings zu teuer. Also wurde kurzerhand dessen "Lay down Sally" ins Programm mit aufgenommen, mit einem sehr starken Gitarren-Solo von Christian. Eigentlich war sie dorthin gefahren wegen eines Sheryl-Crow-Konzerts. Deren "Strong enough" zählt seither ebenfalls zur Setlist.

Gern erzählte Baby von Erinnerungen an die 90er Jahre, ans "endlich fortgehen dürfen", an MTV und frühere Modestile. So etwa die Kunstlederkrawatten in bunt, die breiten Schulterpolster oder die Dauerwellenfrisuren. Damals gab es "Popper", "Punker" und auch die "New Waver". Zur letzten Gruppe zählte sich "Baby Palace", und Bandnamen wie Soft Cell, Eurythmics oder Depeche Mode sagten auch dem Publikum etwas, das dieselbe Ära erlebt hatte. "Sweet dreams are made of this" entführte die Fans in diese Zeit zurück.

Doch auch ein paar zeitliche "Ausreißer" waren dabei. So wie Etta James aus den 50er Jahren ("I just wanna make love to you") oder "Rehab" von Amy Winehouse. Oder auch die Familienband "The Jackson 5", als Michael Jackson noch klein war und mit heller Stimme "I want you back"sang.

Das Publikum in der Tenne war aufgekratzt und begeistert, nicht jedoch von der Idee der Band, nach dem zweiten Set aufzuhören. Pfiffe, Beifallsrufe und Applaus forderten unmissverständlich Zugaben. Ein grandioses, solo gesungenes "Mercedes Benz" im Stil von Janis Choplin, äußerst authentisch, mit denselben stimmlichen Kieksern und voller Hingabe, steigerte die Begeisterung nur noch. Schließlich ließen sich auch die drei Herren wieder bei ihren Instrumenten nieder.

Den definitiv letzten Song dieses Abends, den Pink einst wegen der verfehlten, unmenschlichen Politik von Präsident George W. Bush geschrieben hatte, widmete "Baby Palace" einem weiteren Präsidenten in Amerika, der heute mittels Twitter regiert. Begeisterter Applaus beendete einen begeisternden Rock-Blues-Akustikabend.

Rock in der Tenne. Bild: gge
Rock in der Tenne.
Im Duett mit Peter Bauernfeind: "Billy Jean" von Michael Jackson. Bild: gge
Im Duett mit Peter Bauernfeind: "Billy Jean" von Michael Jackson.
Akustisch, leise, bluesig: Rocksongs mit Tiefgang. Bild: gge
Akustisch, leise, bluesig: Rocksongs mit Tiefgang.
MTV and more. Bild: gge
MTV and more.
 
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