Neuhaus/Windischeschenbach
16.01.2019 - 15:22 Uhr

Willkommene Katastrophen: Baubeginn für neues Helfer-Ausbildungszentrum steht bevor

Für ein Leuchtturmprojekt klingt der Name reichlich verquast: "Bayerisches Ausbildungszentrum für besondere Einsatzlagen". Dahinter verbirgt sich eine Millioneninvestition, die Leben retten soll - und kann. Nächste Woche ist Baubeginn.

Diese Halle im Gewerbegebiet Neuhaus wird ab nächster Woche zum Trainingszentrum für sieben bayerische Hilfsorganisationen umgebaut. Handwerker aus der Region für die vielen Gewerke zu finden, war laut Rotkreuz- Referent Daniel Pröbstl "kein Problem". Bild: Gabi Schönberger
Diese Halle im Gewerbegebiet Neuhaus wird ab nächster Woche zum Trainingszentrum für sieben bayerische Hilfsorganisationen umgebaut. Handwerker aus der Region für die vielen Gewerke zu finden, war laut Rotkreuz- Referent Daniel Pröbstl "kein Problem".

Die Verhandlungen haben sich hingezogen, aber nun sind die technischen Details geklärt und die Handwerker gebucht. Der Umbau der Halle im Gewerbegebiet Neuhaus kann losgehen. Es ist die gleiche, in der die gemeinsame Feuerwehr-Atemschutzstrecke von Weiden, Neustadt und Tirschenreuth untergebracht ist.

Das Gebäude ist so groß, dass darin locker noch das Katastrophenschutzzentrum des Landkreises Platz hat. Den Rest des 1600 Quadratmeter großen Areals plus Außenflächen baut der Freistaat nun zum Ausbildungszentrum aus.

Darin werden Kulissen installiert, in denen Rettungskräfte eben "besondere Einsatzlagen" simulieren. Gemunkelt wird von Extremsituationen wie einem Amoklauf in einer Schule, Terror in einer Einkaufsstraße, Giftaustritt oder Bränden in einem Büro.

Bauherr ist der Landesverband des Roten Kreuzes in enger Kooperation mit der "Arbeitsgemeinschaft Bevölkerungsschutz Bayern" und mit tatkräftiger Unterstützung des Freistaats. Dem Zusammenschluss gehören neben dem BRK sechs Rettungsorganisationen an: Arbeiter-Samariter-Bund, Deutsche Lebensrettungsgesellschaft, Johanniter-Unfallhilfe, Malteser-Hilfsdienst, Technisches Hilfswerk und Medizinisches Katastrophen-Hilfswerk Deutschland.

Noch 2019 in Betrieb

All deren Wünsche für Trainingsszenarien sollen in das Ausbildungszentrum einfließen. "Das wird mit Technik nur so gespickt sein", sagt Daniel Pröbstl, Referent bei der BRK-Landesgeschäftsstelle in München. Keine leichte Aufgabe für die Planer, die monatelang tüftelten und die Vorstellungen der Arbeitsgemeinschaft darauf abklopften, wie sie mit Vorschriften wie Brandschutz und Fluchtwege in Einklang zu bringen sind. Ende Februar soll bereits eine Art Richtfest steigen, noch heuer soll der Betrieb losgehen.

Vier Millionen Euro stehen für das Projekt im Haushalt der Staatsregierung bereit. Das Ganze läuft laut Pröbstl auch unter dem Schlagwort Strukturhilfe. Von der könnten besonders Gastronomen und Zimmervermieter profitieren, ergänzt er: "Wir finalisieren zurzeit die Kooperationen, wo wir die Leute in der Region unterbringen und wie wir sie verpflegen."

1500 bis 2000 Einsatzkräfte der beteiligten Organisationen sollen jedes Jahr in Neuhaus auf heikle Lagen vorbereitet werden. Vor allem an den Wochenenden, weil da die Ehrenamtlichen Zeit haben. "Wenn nicht belegt ist, könnte die Zeit von Montag bis Freitag auch von Polizei und Feuerwehren oder Einsatzkräften aus anderen Bundesländern genutzt werden. Dazu sind wir in Gesprächen", erklärt Pröbstl.

Offen für andere

An den Wochenenden sind mehrere Lehrgänge mit Dutzenden Teilnehmern vorgesehen. Zudem ist festes Personal vor Ort. Im Zentrum sollen Jobs für bis zu fünf Hauptamtliche entstehen. Auch die sollen aus der Nordoberpfalz kommen. In erster Linie sollen aber Ehrenamtliche andere Ehrenamtliche ausbilden.

Das alles soll erst ein Anfang sein, kündigt Pröbstl an: "In den nächsten fünf Jahren soll ein weiterer Bau auf einem benachbarten Grundstück kommen." Das Innenministerium habe dafür rund 20 Millionen Euro vorgesehen. Damit könnte in Neuhaus der Ernstfall bei noch viel größeren Katastrophen geübt werden - für welche die Region hoffentlich nie mehr als das Bühnenbild abgibt.

Kommentar:

Retter als Werbeträger

Verlagerte Behörden sind recht, doch das neue Ausbildungszentrum könnte für die Region ein noch größerer Segen werden. Auf den ersten Blick wirkt es nicht allzu arbeitsplatzträchtig. Im ersten Schritt entstehen gerade mal fünf neue Jobs. Doch der Langzeiteffekt dürfte enorm sein, nicht nur für den Bäcker, der regelmäßig Semmeln liefert und den Hotelier, der sein Haus künftig mit Rettungskräften belegen kann.
Die vielen Gäste aus dem Freistaat sind Multiplikatoren, um die Nordoberpfalz bekannter zu machen. Wer nach der Katastrophenübung die Anspannung beim Zoigl abschüttelt, kommt dorthin vielleicht auch mal zurück und bringt die Familie mit, um Waldnaabtal oder Weidener Altstadt zu erkunden.
Dass dieses Zentrum nach Neuhaus kommt, hängt auch damit zusammen, dass zwei Landräte und ein Oberbürgermeister sich gemeinsam darum bemüht haben. So etwas will die Staatsregierung sehen: Dass eine Region geschlossen hinter einer Idee steht. Das gilt für eine OTH genauso wie für das Keramikmuseum oder das Landestheater.

Von Friedrich Peterhans

 
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