Neusorg
31.07.2023 - 11:04 Uhr

Lebenslange Ferien: Lehrerinnen der Fichtelnaabtalschule sagen "Auf Wiedersehen"

Nach 40 beziehungsweise 45 Dienstjahren verabschieden sich drei Lehrerinnen von der Fichtelnaabtalschule. Sie erzählen, was ihnen an ihrem Beruf gefallen hat, was sie vermissen werden und was sich in den Jahrzehnten geändert hat.

Ein paar Tränchen flossen schon, als sich Roswitha Schraml, Gertraud Kappl, Gabriele Schmidt und Andreas Kraft von ihren Schülern und Kollegen zum letzten Mal in die Ferien verabschiedeten. Sie kehren nach den Sommerferien nicht mehr an die Fichtelnaabtal-Grund- und Mittelschule Ebnath-Neusorg zurück. Die drei Pädagoginnen gehen in Ruhestand, Pfarrer Kraft wechselt die Pfarrstelle und beginnt im August seinen Dienst in Mitterteich und Wiesau.

„Als ich die Kinder von ehemaligen Schülern im Unterricht hatte, hat mich das noch wenig berührt", erinnert sich Roswitha Schraml. "Im Gegenteil: Es war für mich interessant zu erfahren, wie deren Leben weiterging. Aber als die ersten Enkelkinder von ehemaligen Schülern bei mir im Unterricht saßen, da wusste ich: Jetzt wird es Zeit für mich zu gehen." Erst vor Kurzem sei ein Schüler aus der Mittelschule entlassen worden, "seine Oma war schon bei mir in Ebnath an der Schule".

Pfarrer als Taxi

Bei einer Feier nahmen Schulleiter Alexander Köstler, Konrektorin Sandra Schmidl, Kollegen, Elternbeirat sowie die Schulverbandsvorsitzenden der Grund- und Mittelschule, Bürgermeister Peter König (Neusorg) und Bürgermeister Wolfgang Söllner (Ebnath), von den vier Lehrkräften Abschied.

Pfarrer Kraft wurde für sein langjähriges Wirken gewürdigt. Seit 2004 war er für den Religionsunterricht in den Klassen 1 bis 9 verantwortlich oder übernahm den Taxidienst, um verpasste Busse auszugleichen. Roswitha Schraml absolvierte ihre Ausbildung zur Pädagogischen Assistentin in Bayreuth und trat 1978 ihren Vorbereitungsdienst an der damaligen Volksschule in Ebnath an. Seit 2005 war sie an der Fichtelnaabtalschule. Nach 45 Jahren Dienstzeit beginnt für sie zum 1. August die Freistellungsphase. Nach der Staatlichen Fachlehrerprüfung am Institut in Bayreuth 1975, der Prüfung für Kunsterziehung 1977 und der Lehramtsprüfung in Bamberg begann Gabriele Schmidt 1978 ihren Vorbereitungsdienst an der Volksschule in Waldershof, 1990 kam sie an die Volksschule Neusorg. Nach zwei Jahren ging es zurück nach Waldershof. 2011 erfolgte die Versetzung an die Fichtelnaabtal-Mittelschule Ebnath-Neusorg. Nach 45 Jahren tritt sie zum 1. August in den Ruhestand ein. „Es war mir immer eine große Freude, die Entwicklung der Kinder mitzuerleben. Mit Schülern ist man stets am Puls der Zeit“, sagte sie. Auch eine lustige Anekdote hatte sie parat: „Ich habe einmal ein Skelett im Klassenzimmer umgeworfen. Erst waren die Kinder geschockt, ich natürlich auch, und dann mussten wir so sehr lachen, als die ganzen Knochen am Boden herumlagen und wir sie wieder aufsammeln mussten.“

Gertraud Kappl war nach dem Studium an der Universität Bayreuth 1984 Lehramtsanwärterin an der Volksschule in Weidenberg. Seit 2007 war sie an der Fichtelnaabtalschule tätig. Nun tritt sie in die Freistellungsphase ein. „Ein besonders aufregendes Erlebnis war Anfang der 90er Jahre ein Besuch des Kultusministers Zehetmair an meiner Schule in Nürnberg", erinnert sie sich. Der Politiker sei am letzten Tag vor den Weihnachtsferien mit einem Filmteam gekommen und habe sich ein Bild von der Situation in der Übergangsklasse, in der sie Kinder aus dem Kosovo unterrichtete, gemacht.

"Kreidezeit"

Nach 45 Dienstjahren konnten die drei Pädagoginnen einiges über den Wandel im Schulalltag erzählen. „Früher war es gemütlicher, ein kleiner Plausch vor dem Klassenzimmer war möglich. Das wäre heute aufgrund der Aufsichtspflicht undenkbar“, meint Schraml. Größter Umbruch sei der Übergang von der "Kreidezeit" zum "digitalen Zeitalter" gewesen. Spätestens mit der Coronapandemie sei der digitale Wandel um ein Vielfaches beschleunigt worden. „Zwar war die Umstellung zunächst recht herausfordernd, doch haben schnell die vielen Vorteile überzeugt, wie etwa das einfache Beschaffen von Informationen, dank Tablets und Internet auch direkt im Unterricht, oder der erleichterte Einsatz von audiovisuellen Medien im Vergleich zu früher“, schildert Kappl.

Mit etwas Wehmut denken die Lehrerinnen zurück an die Zeugnisse, die zunächst noch per Hand an den Schüler angepasst geschrieben wurden, später mit der Schreibmaschine. „Irgendwann kamen dann die Computer samt diverser Programme, die Vieles erleichterten – auch das Ausbessern“, sagt Schmidt mit einem Augenzwinkern. In den 70ern und 80ern sei zudem noch viel mehr Wert auf sorgfältige Schrift gelegt worden. Auch der Unterricht sei im Gegensatz zu heute meist ohne Störungen durch lautes Reden, Spaziergänge durch das Klassenzimmer oder Zwischenrufe gelaufen.

Was werden sie wohl am wenigsten vermissen? Unzählige Vertretungsstunden mit oft überraschenden Einsätzen, den schulischen Messengerdienst, die lärmintensiven Hauspausen bei schlechtem Wetter, das Pendeln zwischen den beiden Schulstandorten, den Schulgong und natürlich das frühe Aufstehen.

Wenn sie auf ihre Dienstjahre zurückblicken, sind sich alle einig: Alles richtig gemacht! „Kinder und Kunst, das war meins“, resümiert die „Kreativ-Ikone der Fichtelnaabtalschule“, wie Schulleiter Köstler seine Kollegin Schmidt bezeichnete. „Sehr viel Spaß hat mir vor allem die individuelle Lernförderung gemacht“, ergänzt Schraml. Auch Kappl wird die Arbeit mit den Kindern fehlen.

Im Ruhestand haben die drei nun mehr Zeit für Aktivitäten, die sie während ihrer Dienstzeit vernachlässigt haben. Gertraud Kappl freut sich darauf, Dinge nachzuholen, die zuvor auf Eis lagen. Roswitha Schraml möchte ihre Koch- und Backkünste nutzen, um ihre Familie zu verwöhnen. Gabriele Schmidt hat sich zudem vorgenommen, ihr Unkrautbeet in ein Blumenbeet zu verwandeln.

 
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