Neustadt an der Waldnaab
27.01.2019 - 13:32 Uhr

In 80 Jahren feucht und heiß wie bei den Dinosauriern

Es ist ein durchaus düsteres Bild, das Frank Bandle vom fortschreitenden Klimawandel zeichnet. „Wir müssen uns anpassen. Die Natur wartet nicht auf uns“, betont der Meteorologe aus Neufahrn beim Vortrag in der Stadthalle.

Frank Bandle referiert beim Maschinenring Neustadt über den Klimawandel und die Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Der Meteorologe betreibt eine private Wetterfirma und ist seit den 1980er Jahren in der Klimaforschung tätig. Bild: bgm
Frank Bandle referiert beim Maschinenring Neustadt über den Klimawandel und die Auswirkungen auf die Landwirtschaft. Der Meteorologe betreibt eine private Wetterfirma und ist seit den 1980er Jahren in der Klimaforschung tätig.

Projiziert man die aktuelle Geschwindigkeit der Veränderungen, wäre das Klima im Jahr 2100 wie im Miozän, also feucht und heiß wie bei den Dinosauriern. Bandle war auf Einladung des Maschinenrings in in die Kreisstadt gekommen. Von Jahr zu Jahr seien zuletzt immer neue Klimarekorde erreicht worden. So war 2018 mit 10,4 Grad Durchschnittstemperatur das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1880. Das Ziel der internationalen Klimakonferenz, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken, sei bereits überholt. „Wir müssen schauen, dass wir die zwei Grad einhalten“, mahnte der Klimaforscher.

Zur Erwärmung trügen vor allem die Treibhausgase Kohlenstoffdioxid und Methan bei. Seit 1960 nehme die CO²-Konzentration vor allem auf der Nordhalbkugel kontinuierlich zu. Größte Emittenten seien die USA, China und teilweise Indien. Aber auch die Rodung der Regenwälder im Amazonas-Gebiet werde zunehmend spürbar. „Die CO²-Zunahme ist eklatant und inzwischen auf der Südhalbkugel angekommen“, betonte Bandle. Eine weitere Beschleunigung droht durch die Zunahme der Methan-Konzentration. Dieses Gas sei zehnmal wirksamer als CO². Am meisten Methan werde durch das Auftauen der Permafrostböden in Sibirien freigesetzt. Die Tierhaltung trage nicht so stark zum Konzentrationsanstieg bei. Als „Turbolader“ für die globale Erwärmung bezeichnete Bandle das Wetterphänomen „El Nino“, das in unregelmäßigen Abständen von durchschnittlich vier Jahren im Pazifik auftritt. Der El-Nino-Zyklus gehöre seit mehr als 500 Jahren zu den grundlegenden Wettermotoren, könne aber in Kombination mit der globalen Erwärmung Wettersysteme zusammenbrechen lassen.

Weniger dramatisch sieht Bandle das jüngste Schneechaos in den Alpen. „Wenn es im Winter schneit, das ist normal. Das hat jetzt nichts mit Klimawandel zu tun“, sagte der Wetterexperte. Dennoch seien diese Ereignisse symptomatisch. Da der „Jet-Stream“ nicht mehr so kanalisiert werde, sei vor allem nördlich der Alpen mit verstärkten Niederschlägen im Winter zu rechnen. „Das passt genau ins Bild“, sagte der Physiker.

„Wir müssen lernen mit diesen Extremen zu leben“, riet Bandle. Drastisch seien die Auswirkungen für die deutschen Skigebiete. Betriebswirtschaftlich braucht ein Skigebiet 100 schneesichere Betriebstage. Zusätzlich braucht es in mindestens sieben von zehn Winter 14 Schneetage in den Weihnachtsferien, wo ein Gros des Umsatzes erzielt wird. Bei einem Plus von drei Grad bliebe nur die Zuspitze als einziges wirtschaftliches Skigebiet übrig.

Auch im Alltag werde es zahlreiche Veränderungen geben. Der Winterdienst wird nur noch für kurzzeitige Extreme benötigt. Entweder gibt es dann zu viele oder zu wenig Einsatzfahrzeuge. Die Extremwetterereignisse werden außerdem kleinräumig sehr unterschiedlich ausfallen. „Während in Neustadt nichts passiert, geht in Weiden die Welt unter. Diese Kleinskaligkeit ist kaum vorhersehbar“, machte Bandle deutlich. In der Landwirtschaft bedroht später Frost die Obstbaumblüte. Gleichzeitig ist mit mehr Schädlingen zu rechnen, die die wärmeren Winter überdauern. Neue Kulturpflanzen könnten die Landschaft prägen, etwa Weinreben und Nutzhanf. Der für den Weinanbau relevante Huglin-Index gibt die Wärmesumme eines Jahres wieder. Im Jahr 2018 hätte man demnach in Oberbayern Weinsorten anbauen können, wie es sie sonst nur in Kalifornien, Algerien oder Israel gibt.

Dennoch sei noch nichts verloren. In den 80er Jahren habe es funktioniert, das FCKW-Loch zu schließen. „Diesen Kampf haben wir gewonnen, weil wir uns weltweit einig waren“, meint Bandle. Die Kohlendioxid-Konzentration müsse drastisch verringert werden, etwa durch Elektro-Autos, Wasserstoff-Antriebe und den Austausch alter Heizungsanlagen. „Ich bin mir sicher, dass wir in den nächsten zehn Jahren einen Wandel in der Politik erleben werden. Noch können wir es schaffen“, ist der Experte überzeugt.

Frank Bandle spricht in der Neustädter Stadthalle über das Wetter. Bild: bgm
Frank Bandle spricht in der Neustädter Stadthalle über das Wetter.
Frank Bandle Bild: bgm
Frank Bandle
 
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