Neustadt an der Waldnaab
20.07.2022 - 13:26 Uhr

Fachpersonal für Ganztagsförderung an Grundschulen dringend gesucht

Die Ganztagsförderung von Grundschulkindern wird für die Kommunen eine Herausforderung. Das ist auch den Bürgermeistern im Landkreis Neustadt klar. Ein wichtiger Partner wird dabei die Fachakademie für Sozialpädagogik in Neustadt/WN.

Bayerns Sozial- und Familienministerin Ulrike Scharf hat in ihrer Regierungserklärung zur Sozialpolitik Anfang Juli ein Versprechen gegeben: „Für jeden Ganztagsplatz für Grundschulkinder, den die Kommunen bis zum Jahr 2029 schaffen, garantiert der Freistaat eine finanzielle Unterstützung bei den Investitionskosten." Ab 2026 werde dieses Ganztagesversprechen zum Markenkern bayerischer Familienpolitik gehören wie das Familiengeld und das Krippengeld. Die Bürgermeister des Landkreises Neustadt/WN werden sich die Aussage, die ihnen Christian Frey von der Kreisentwicklung und Wirtschaftsförderung am Landratsamt in ihrer Dienstversammlung am Freitag nochmal in Erinnerung gerufen hat, auf ihrem Notizzettel dick unterstrichen haben. Die Aufgabe wird nämlich nicht mit links zu bewältigen sein.

Harter Standortfaktor

Laut Frey werde in keinem anderen Feld ein höherer Fachkräftebedarf prognostiziert als im Bereich der sozialen Berufe. Manche Szenarien gehen deutschlandweit von über 100 000 fehlenden Fachkräften für Kindertagesstätten und Grundschulen aus. "Kinderbetreuung wird ein harter Standortfaktor für Gemeinden", redete der Experte den Bürgermeistern ins Gewissen. Der Mangel sei bei den Ausschreibungen schon kräftig zu spüren. Die Pandemie und der Ukraine-Krieg hätten die Lage noch verschärft. Ab 2026 werde es dann so richtig knifflig: Dann gelte der Rechtsanspruch auf Grundschulkindbetreuung. Durch die Vernetzung von wichtigen Partnern und Fördermöglichkeiten versuche der Landkreis zu unterstützen. Der Schulversuch "Pädagogische Fachkraft für Grundschulkindbetreuung" an der Staatlichen Fachakademie für Sozialpädagogik in Neustadt/WN sei ein weiterer Pluspunkt für die Region. Die Anmeldezahlen entwickeln sich gut bis sehr gut.

Das bestätigten Roland und Elke Kusche, die den Bürgermeistern die Situation an der Fachakademie näher beleuchteten. Der Leiter der Fachakademie sprach von einer "Erfolgsgeschichte". Nach dem Start der Schule im Jahr 2013 mit 16 Studierenden werde man ab dem nächsten Schuljahr zweizügig 60 Studierende aufnehmen. Insgesamt würden derzeit in sechs Klassen 100 Leute unterrichtet. "Und diese Erzieher gehen alle raus aufs Land. Die bleiben alle hier", betonte Kusche. Die Altersstruktur von 18 bis 45 Jahren stelle eine gute Mischung dar. Der Akademieleiter sprach vor Landrat und Gemeindechefs aber auch ein drängendes Problem an: "Seit drei Jahren sind wir jetzt mittlerweile ohne Schulleitung. Das bringt uns an unsere Leistungsgrenzen. Ich hoffe, dass hier reagiert wird und die Stelle besetzt wird."

Vielfältige Einsatzgebiete

Der Schulversuch "Pädagogische Fachkraft für Grundschulkindbetreuung" könnte für die Gemeinden eine wichtige Bezugsquelle für ihr Fachpersonal an Grundschulen, Kitas und Horten werden. Beim Start 2019/20 wurden dafür nur drei Schulen in Bayern ausgewählt, mittlerweile seien es laut Elke Kusche 12. Am Beruflichen Schulzentrum in Neustadt/WN nahmen 2021/22 14 Schüler aus einem Einzugsbereich, der von Nabburg über Tirschenreuth bis nach Ebnath reicht, daran teil. Die meisten davon sind zwischen 20 und 30 Jahre alt. Allerdings seien laut Kusche 26 Prozent der Schüler zwischen 50 und 60 Jahre alt. "Unsere Schüler kommen aus den unterschiedlichsten Berufen. Von der Kosmetikerin über den Industriemechaniker bis zur Polizistin", erklärte die Lehrerin.

Die Mitarbeiterin der Schulleitung stellte Zulassungsvoraussetzungen und Ausbildungsstruktur vor. "Der Blick wird klar auf die Betreuung und Förderung von sechs- bis zehnjährigen Kindern gelegt." Die späteren Einsatzgebiete der Absolventen seien vielfältig: Mittagsbetreuung, offene und gebundene Ganztagsschule, Kinder- und Jugendhilfe, Horte oder altersgeöffnete Kindergärten. Kusche betonte: "Das sind keine Hilfskräfte. Sie sollten nach der Ausbildung als Fachkraft hinsichtlich des Gehalts dementsprechend mit S 8a eingruppiert werden."

Schwierige Personalsuche

Landrat Andreas Meier kennt die Dringlichkeit des Themas: "Wir alle hier wissen, wie schwierig es mittlerweile ist, qualifiziertes Personal zu bekommen." Im Zuge der sehr guten Entwicklung und wachsenden Bevölkerungszahlen in vielen Gemeinden werde auch die Nachfrage nach gutem Betreuungspersonal steigen. Thomas Meiler, Bürgermeister in Flossenbürg, meinte, dass es für die Kommunen schwierig sei, die oftmals einzige Person in der Mittagsbetreuung auf eine derartige Weiterbildungsmaßnahme zu entsenden: "Die kann ich dafür nicht freistellen." Kusche gab zu Bedenken, dass es zwar ehrenwert sei, wenn bislang meistens Mütter diese Aufgaben übernehmen, "fachliche Qualifikation lässt sich aber nicht in einem Kurs an vier bis fünf Wochenenden bewerkstelligen." Im zweiten Ausbildungsjahr könnten die Teilnehmer ja zum Praktikum zurück an ihre Einrichtungen. Wichtig werde auch, die Betreuungszeiten auf 16 bis 16.30 Uhr auszuweiten.

 
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