Neustadt an der Waldnaab
18.01.2023 - 18:28 Uhr

"Ich hatte ein gutes Leben": Abschied von Altlandrat Anton Binner in Neustadt/WN

Bei eiskalten Tempertaturen verabschieden sich Familie, Freunde und Kollegen vom früheren Landrat Anton Binner auf dem Neustädter Friedhof. Er wird in guter Erinnerung bleiben, versichern sie durch die Bank.

Einige Reihen in der Stadtpfarrkirche St. Georg waren am Mittwochnachmittag zum Requiem für den am 11. Januar verstorbenen Altlandrat Anton Binner höchstens bis zur Hälfte gefüllt. So ist das bisweilen, wenn man mit 92 Jahren stirbt. Übermäßig viele Weggefährten sind nicht mehr übrig.

Trotzdem dürften einige Hundert Jahre kommunalpolitische Erfahrung dem langjährigen Landkreischef die letzte Ehre erwiesen haben. Amtierende und ehemalige Bürgermeister, Kreisräte, Stadt- und Bezirksräte, manche auch mit Rollatoren - gemeinsame Arbeit verbindet eben und ist für einen alten Freund eine Strapaze wert. Dazu kamen Mitstreiter aus dem Landratsamt, dem Neustädter Rathaus, von Behörden, Vereinen, der Feuerwehr. Weihbischof Reinhard Pappenberger erwies als gebürtiger Grafenwöhrer die letzte Ehre. Für Farbtupfer sorgte eine Abordnung des Ordens der Ritter vom Heiligen Grab zu Jerusalem in prächtigen Umhängen. Es handelt sich neben den Maltesern um den einzigen päpstlichen Ritterorden.

Ehrenbürgerwürde verdient

Er muss also etwas Besonderes gehabt haben, dieser Anton Binner. Das hob Bürgermeister Sebastian Dippold hervor, als er erzählte, wie er als 36-Jähriger zusammen mit dem 22-jährigen Feuerwehrvorstand im Vorfeld der Beerdigung in das Wirken Binners eingetaucht ist. "Und dabei war ich zu Zeiten eines Bürgermeisters Binner (1972-1984) noch gar nicht auf der Welt." Dippold kehrte die Hilfsbereitschaft Binners heraus. Die habe zur Ehrenbürgerwürde der Stadt Neustadt 1990 geführt. "Denn wenn einer viele Ämter hat, heißt das noch nicht, dass er was geleistet hat."

Ähnlich hatte es zuvor Andreas Meier formuliert, der ebenfalls einen Stuhl besetzt, den einmal Binner ausgefüllt hatte, von 1984 bis 1996. "Er war kein großer Redner, hat sich nie in den Mittelpunkt gestellt", würdigte der amtierende Landrat den "Anwalt der kleinen Leute" und erinnerte an dessen Lebens- und Arbeitsmaxime: "Zuerst das Notwendige, dann das Nützliche und zum Schluss das Angenehme." Damit habe der Verstorbene Stadt und Landkreis richtig gut getan.

Meier erwähnte in diesem Zusammenhang Straßenbau, Schulneubauten, bezahlbare Wohnungen für Kinderreiche oder BRK-Rettungswachen. Dippold ließ als Stichwörter den neuen Bauhof, das Feuerwehrhaus, die Rathauspassage und Brücken über Eisenbahn und Waldnaab fallen.

Demokratie verlangt Verantwortung

Das 1930 geborene Arbeiterkind aus der Gramau habe schon in jungen Jahren erkannt, dass der Aufbau einer Demokratie nach dem Krieg nur gelingen könne, wenn man selbst Verantwortung übernehme, erklärte Meier.

Dieses Verantwortungsbewusstsein ging einher mit einer zutiefst gläubigen Grundhaltung, sagte Stadtpfarrer Josef Häring: "Die Bezeichnungen Vater Staat und Mutter Kirche waren für Anton Binner keine leeren Floskeln." Häring fand eine interessante Parallele: Der 7. Dezember, Binners Geburtstag, ist der Tag des Mailänder Stadtheiligen St. Ambrosius. "Beide waren im Staatsdienst, beide waren große Marienverehrer." Vielleicht ein Wink des Schicksals, dass eines von Binners vier Kindern heute in der Nähe von Mailand lebt.

Die fünf Enkel trugen Fürbitten vor. Das Glück, einen Urenkel zu herzen, der bald zur Welt kommt, blieb dem Opa indes verwehrt. Viele in der Kirche zitierten aber Binners Bilanz seiner selbst. "Ich hatte ein gutes Leben", sagte der pflegebedürftige Senior oft in den vergangenen Jahren. Ein Blick auf die Familie und Gesprächsfetzen ehemaliger Mitstreiter auf dem Weg zur Beisetzung auf dem Neustädter Friedhof geben eine Ahnung von Wertschätzung und davon, was Binner mit einem guten Leben gemeint hat.

 
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