Neustadt an der Waldnaab
10.08.2022 - 15:06 Uhr

Heiß und trocken: Jetzt hat der Borkenkäfer im Landkreis Neustadt/WN leichtes Spiel

Forstdirektor Gerhard Hösl schlägt Alarm. Das trockene und heiße Wetter bietet perfekte Bedingungen für den Borkenkäfer. Breitet sich dieser weiter aus, hat dies nicht nur Folgen für Waldbesitzer, sondern für die gesamte Bevölkerung.

Der Borkenkäfer mag's trocken und heiß. So ist es nicht verwunderlich, dass das Insekt aktuell leichtes Spiel hat. Seine Larven wachsen schneller als bei weniger gutem Wetter. Ist der Baum erst einmal befallen, ist er nicht mehr zu retten und muss gefällt werden. "Sehen Sie die rötlichen Nadeln?", sagt Forsterdirektor Gerhard Hösl und zeigt auf die Baumkronen von zwei Fichten. "Hier ist nichts mehr zu machen." Die Bäume müssen raus – und zwar so schnell wie möglich.

Larven unter der Rinde

Zusammen mit Förster Andreas Arnold und Forstpraktikantin Tanja Adam zeigt Hösl an einem Waldstück in der Nähe von Wöllershof (Landkreis Neustadt/WN), wie schnell sich der Borkenkäfer ausbreitet. Das Areal gehört zum Bezirkswald. Um zu demonstrieren, wie es unter der Rinde eines befallenen Baumes aussieht, schabt Arnold ein Stück ab. Deutlich sind die weißen Larven zu erkennen, aus denen in kürzester Zeit Borkenkäfer schlüpfen werden. "Das ist schon die dritte Generation in diesem Jahr", erklärt Hösl. Bei genauerem Hinsehen ist auch der Käfer selbst zu erkennen – den der Laie als braunes krabbelndes Insekt wahrnimmt. In unseren heimischen Wäldern treiben die beiden Käferarten Kupferstecher und Buchdrucker ihr Unwesen.

Normalerweise besiedelt der Borkenkäfer bereits abgestorbene Bäume, doch die Trockenheit hat den gesunden Bestand so geschwächt, dass sich der Käfer auch hier einnistet. "In regenreicheren Jahren kann ein Baum genügend Harz bilden, um den Borkenkäfer abzuwehren", erklärt Hösl. "Ist es zu trocken, gelingt ihm dies nicht mehr."

Stelle mit Windwurf

Die Forstleute haben das Waldstück bei Wöllershof ganz bewusst für Demonstrationszwecke gewählt. "Das ist eine klassische Stelle für den Borkenkäfer, die seit Jahren immer wieder beeinträchtigt wird", sagt Arnold. Ausschlaggebende Kriterien seien die Hanglage und wiederholter Windwurf. Rund 20 bis 30 Festmeter müssen hier entfernt werden. "Das wird zeitnah in den nächsten Tagen erfolgen", informiert Arnold.

Das einzig Positive an der Misere ist die Tatsache, dass der Borkenkäfer nur Fichten befällt. Deshalb ist bei Wöllershof kein Kahlschlag zu befürchten. Hier müssen nur einzelne Bäume entfernt werden. Auf der restlichen Fläche stehen Ahornbäume. Ein Zeichen, dass sich der seit Jahren propagierte Waldumbau von reinen Monokulturen hin zu Mischwäldern bezahlt macht.

Auf Bohrmehlhäufchen achten

Hösl und Arnold richten einen dringenden Appell an alle Waldbesitzer, umgehend tätig zu werden. "Kontrollieren Sie ihre Wälder auf frischen Käferbefall und arbeiten Sie befallene Bäume so schnell wie möglich auf", warnt Hösl eindringlich. Dass Borkenkäfer einen Baum befallen hat, lässt sich auch an Bohrmehlhäufchen erkennen, die sich zwischen den Rindenschuppen ablagern.

Abgearbeitetes Holz dürfe aber keinesfalls liegenbleiben, sondern müsse entweder in einiger Entfernung zum Wald gelagert oder sofort ins Sägewerk gefahren werden. Bleiben die befallenen Stämme an Ort und Stelle, besteht die Gefahr, dass sich der Borkenkäfer, der kurze Strecken fliegen kann, weiter massenhaft verbreitet. "Ein Käferbaum kann 20 neue Bäume befallen", erklärt Arnold. Das gilt es unbedingt zu vermeiden. Das Holz an Ort und Stelle zu verbrennen, sei allerdings wegen der Waldbrandgefahr keine gute Idee.

Sich Hilfe holen

Kostenloses Rat und Hilfe erhalten betroffene Waldbesitzer beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Tirschenreuth-Weiden, den Forstbetriebsgemeinschaften (FBG) oder den Waldbesitzervereinigungen. Unterstützung bei der Bekämpfung des Borkenkäfers gibt's auch von Tanja Adam, die in Weihenstephan Forstingenieurwesen studiert. Die junge Frau aus Buch bei Parkstein widmet sich dieser Aufgabe bereits im zweiten Jahr. Sie unterstützt die Forstbetriebsgemeinschaft Neustadt/WN Nord bei der Kontrolle der Bäume. Die Ergebnisse werden in einer App zur Verfügung gestellt. Die aktuelle Gefährdungslage durch Buchdrucker und Kupferstecher kann auch auf einer Seite der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (www.borkenkaefer.org) eingesehen werden.

Die exponentielle Ausbreitung des Borkenkäfers betrifft akut in erster Linie die Waldbesitzer, die jetzt tätig werden sollten. Forstdirektor Hösl gibt zu, dass dies eine "gewaltige Aufgabe" sei. Doch ein möglicher Kahlschlag der Wälder gehe alle an. Ohne Wald leidet die Trinkwasserqualität, es gibt mehr Erosionen, Wälder filtern Staub und Schadstoffe aus der Luft und wirken ausgleichend aufs Klima. Der Wald dient auch der Erholung und dem Naturerlebnis.

Info:

Was tun, wenn sich der Borkenkäfer eingenistet hat?

  • Waldbesitzer sollten ihren Baumbestand kontrollieren
  • Vor allem dort, wo in den vergangenen Jahr bereits Borkenkäfer waren
  • Ein Indiz auf Käferbefall ist frisches Bohrmehl
  • Die braunen Häufchen gleichen Schnupftabak
  • Bohrmehl kann auch zwischen den Rindenschuppen sichtbar werden
  • Ein Blick unter die Rinde kann Aufschluss geben
  • Hier werden Larven und auch der Käfer selbst sichtbar
  • Färben sich die Nadeln in den Baumkronen rot, ist allerhöchste Eile angebracht
 
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