Neustadt an der Waldnaab
19.12.2018 - 11:39 Uhr

"Irgendwann muss man Farbe bekennen": SPD-Kreisvorsitzender Markus Ludwig im Interview

Markus Ludwig ist seit 7. Dezember neuer SPD-Kreisvorsitzender. Bild: Gabi Schönberger
Markus Ludwig ist seit 7. Dezember neuer SPD-Kreisvorsitzender.

ONETZ: Herr Ludwig, wie lange schielen Sie schon auf den SPD-Kreisvorsitz?

Markus Ludwig: Das war überhaupt nicht geplant, ich hatte das nicht auf dem Schirm. Nach der Landtagswahl kam Annette Karl auf mich zu und hat mich angesprochen. Ich finde die Aufgabe reizvoll, vor allem im Kreistag kann man viel bewirken. Ein Kreistagsmandat ist auch mein erstes Ziel.

ONETZ: Welche Ziele verfolgen Sie mit dem Kreisverband?

Ich habe noch keine Agenda oder Schwerpunkte, wenn Sie das meinen. Der dickste Brocken wird die Kommunalwahl 2020. Die SPD hatte zuletzt starke Einbußen in Bund und Land, auf kommunaler Ebene soll das nicht passieren.

ONETZ: Wie viele Mandate streben Sie an?

Wir stellen zurzeit zehn Bürgermeister. Es wäre schön, wenn es nicht weniger würden.Zudem braucht es im Kreistag eine Verjüngung.

ONETZ: Wie soll diese Verjüngung gelingen? Außer dem Neustädter Bürgermeisterkandidaten Sebastian Dippold tritt zurzeit kaum ein junger Sozialdemokrat in Erscheinung. Im Kreistag gibt die Generation der 60-Jährigen den Ton an.

Die Jungen fehlen uns so, wie den anderen Parteien auch. Ich weiß auch nicht, woran das liegt, vielleicht sind wir einfach ein bisschen zu uncool.. Das ist halt das Problem der Volksparteien. Viele haben vielleicht auch Angst, Farbe zu bekennen, weil man in der Politik zwangsläufig mit unangenehmen Dingen konfrontiert wird. Aber die Jungen werden noch zwangsläufig in Erscheinung treten.

ONETZ: Sie sind ehrenamtlicher Bürgermeister und arbeiten im Schichtdienst bei der Deutschen Telekom. Wie kriegen Sie das terminlich mit Ihrer neuen Aufgabe als Kreisvorsitzender hin?

Es ist richtig, das sind jetzt schon einige Termine mehr, aber ich habe ja auch noch vier Stellvertreter. Vieles wird über Gisela Birner und den Unterbezirk organisiert. Neuwahlen bei Ortsvereinen will ich auf jeden Fall selber besuchen.

ONETZ: Als Chef von über 1500 Sozialdemokraten kommen zwangsläufig Kandidaturen auf Sie zu. Was reizt Sie am meisten: Kreisrat, Landrat oder Landtagsabgeordneter?

Das kann man jetzt noch nicht sagen, aber natürlich will ich über die Liste in den neuen Kreistag einziehen. Zudem bin ich Bürgermeister von Störnstein und möchte das auch bleiben. Da kann ich schlecht auch als Landrat kandidieren. Wir werden uns darüber in den nächsten ein bis zwei Sitzungen des Kreisverbands aber Gedanken machen müssen.

ONETZ: Der Landtag reizt Sie nicht?

Doch, dort hat man viele Möglichkeiten zu gestalten und zu helfen, aber da haben wir zum Glück Annette Karl. Wir werden sehen, ob sie in vier Jahren noch einmal antritt.

ONETZ: Sie sind erst seit fünf Jahren SPD-Mitglied. Wo stehen Sie in der Partei? Haben Sie politische Vorbilder, denen Sie nacheifern oder die Sie bewundern?

Als SPD-Bundeskanzler haben ich nur Gerhard Schröder so richtig miterlebt ...

ONETZ: ... mit dem Ihre Partei heute mächtig hadert.

Schröders Agenda 2010 ist zwar umstritten, ich glaube aber, dass sie Deutschland gut getan hat und viele Parteien davon profitieren. Trotzdem darf man sich auch mal über etwas Neues Gedanken machen und die Agenda weiterentwickeln. Echte Vorbilder habe ich nicht direkt, aber es gibt einige Bürgermeisterkollegen vor Ort, die mir mit guten Ratschlägen zur Seite stehen, zum Beispiel Günter Stich. Ich bin auch oft Zuhörer in Sitzungen der Kreistagsfraktion, da bekommt man Einiges mit.

ONETZ: Im Kreistag ist die SPD Teil einer großen Koalition mit der CSU. Da wird es schwer, dagegen Wahlkampf zu machen. Mit welchen Themen wollen Sie das angehen?

Wir müssen das, was wir in die Kreistagsarbeit einbringen auch als unsere Idee verkaufen, zum Beispiel geht die Einführung des Baxis auf unseren Antrag zurück. Ansonsten halte ich es für sinnvoll, nach interkommunalen Lösungen zu suchen. So können wir noch die gemeinsame Verwertung von Biomüll voranbringen. Ein gelungenes Beispiel für diese Zusammenarbeit ist die gemeinsame Atemschutzstrecke der nordoberpfälzischen Feuerwehren in Neuhaus.

ONETZ: In der Kreisversammlung, bei der Sie zum Vorsitzenden gewählt wurden, sprach Annette Karl mehrfach von weiteren personellen Konseqeunzen. Welche werden das sein?

Eigentlich keine weiteren. Wir sind ja jetzt drei Neue im Vorstand. Neben mir sind das meine Stellvertreter Nicole Bäumler aus Schirmitz und Sebastian Dippold aus Neustadt. Mit Maria Sauer kommt noch eine sehr erfahrene Kollegin dazu.

ONETZ: Ein heißes Thema in den kommenden Monaten wird der geplante Verlauf des Südost-Links. Als Bürgermeister von Störnstein sind Sie von den Tennet-Plänen betroffen. Wie stehen Sie dazu?

Wir Bürgermeister haben am Donnerstag einen Termin mit Tennet. Die Idee der Trassenführung ist ja nicht neu, die Entscheidung fällt die Bundesnetzagentur. Ich glaube, da sind Widerstände zu erwarten. Ich sehe das Thema ähnlich wie die Freien Wähler, die bestreiten, ob es diese Trasse überhaupt braucht. In Störnstein rückt sie erheblich an bebautes Gebiet heran. Mir wäre eine Bündelung an der Autobahn wesentlich lieber gewesen, ich weiß aber auch, dass das kein Allheilmittel ist, das man überall einsetzen kann.

ONETZ: Nach dem Tennet-Termin ist gleich Weihnachten. Was wünscht sich ein SPD-Kreisvorsitzender?

Gesundheit und Gelassenheit und dass ich Wichtiges von Unwichtigem unterscheiden kann. Generell sollten wir öfter das Positive sehen, nicht nur kritisieren, sondern konstruktiv mitarbeiten. Wir sind eine Gesellschaft, in der viel genörgelt wird, dabei sollten wir unsere eigenen Umgangsformen überdenken, gerade wenn ich auch an soziale Medien denke.

Markus Ludwig ist seit 7. Dezember SPD-Kreisvorsitzender. Bild: Gabi Schönberger
Markus Ludwig ist seit 7. Dezember SPD-Kreisvorsitzender.
Zur Person:

Markus Ludwig ist 44 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Söhne (17) und (14). Er arbeitet als Kommunikationselektroniker bei der Deutschen Telekom in Weiden und ist ehrenamtlicher Bürgermeister von Störnstein. Er stammt aus deinem sozialdemokratischen Elternhaus, seine Mutter war 18 Jahre Gemeinderätin. Er selbst ist erst seit 2013 in der SPD, sein Amtsvorgänger als Bürgermeister, Boris Damzog, hat ihn überzeugt. Markus Ludwig ist in zahlreichen Vereinen und der Feuerwehr aktiv. (phs)

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.