Wie von Geisterhand geht kurzzeitig das Saallicht an, geht aus und wieder an. Dabei ist Helmut Schleich noch gar nicht in die Rolle des seligen Franz-Josef Strauß geschlüpft, der mürrisch aus dem Jenseits poltert. Saalhelfer lösen das Problem nach wenigen Minuten. Nein, Schleich ist keiner, dem der Ruf anhängt, bei Pannen die Nerven zu verlieren. Seine Begründung dieser unfreiwillige Elektrifizierung: "Ich versteh das ja. Wenn ein Künstler aus der Hauptstadt kommt, will man in der Provinz zeigen, was man hat." Der Saal tobt.
Der Saal tobt eigentlich die ganze Zeit schon. Denn Schleich wäscht bei seinem zweistündigen Gastspiel in der Neustädter Stadthalle wirklich allen den Kopf, die es dringend nötig haben. Einer seiner Lieblingskunden ist die Deutsche Bahn, für die er bei all dem Krisengequatsche eine Lanze brechen will. "Manchmal machen die auch gute Sachen. Sie streiken momentan nicht mehr. Die haben andere Gründe nicht zu fahren." Mittlerweile biete das Unternehmen sogar "Stehzüge zum Aufwärmen" an. "Fröhlichen Pragmatismus" nennt er das. Frei nach dem Motto: "Bleib wo du bist, die Bahn bringt dich hin."
Söders neue Karriere
Auch die Klimakrise kriegt ihr Fett weg. Im Winter hat's geschneit, erinnert der Münchner. In Oberbayern sogar einen halben Meter in einer Nacht. Oder wie es hinterher hieß: "Der wärmste Schnee seit Jahrzehnten." Jetzt wird Schleich politisch. Dummheit schlage nach allen Seiten aus und sei kein rechtes Privileg, sagt er. Zum Rücktritt von Grünen-Chefin Ricarda Lang: "Ich hab von Anfang an gesagt, diese Frau ist nicht tragbar." Aber auch ein Markus Söder sei nur mit Humor zu begreifen. Momentan sehe es so aus, als würde er mit seinen vielen Videos eine Karriere bei Instagram planen. Bei einer Million Follower verdiene er dann ja schließlich dreimal soviel, wie als Ministerpräsident.
Über Bundeskanzler Olaf Scholz, der sich scheinbar mit Sekundenkleber am Kanzleramt festgeklebt hat: "Hat so ein dickes Fell, dass er gar kein Rückgrat braucht, um aufrecht zu stehen." Und über den alten, weißen Mann? "Hat alles falsch gemacht, vor allem, wenn er eine Frau ist." Bestes Beispiel: Kindern am Mittagstisch einzureden, wenn sie ihre Teller nicht leerten, würde die Sonne nicht scheinen. "Jetzt haben wir dicke Kinder." Tja: "Der Spießer ist nicht ausgestorben, zieht sich nur um."
Während der Coronapandemie seien mehr Menschen verblödet als erkrankt. Schleich wettert gegen das Gendern, gegen die geistigen Flachwurzler und gecoachten Phrasendrescher. Man gewöhnt sich nach drei Jahren an diese Bundesregierung, glaubt er. "Bis zum Aufprall empfindet man auch den Sturzflug als Geschwindigkeitsrekord." Dass Arbeitsminister Hubertus Heil nicht groß auffalle, sei in dieser Regierung schon ein Leistungsnachweis.
Tacheles aus dem Jenseits
Und er teile fest die Überzeugung, dass Marie-Agnes Strack-Zimmermann eigentlich Annalena Baerbock sei. Nur ungeschminkt. Strack-Zimmermann überschätze die deutschen Möglichkeiten. Deutschland sei nicht gerüstet, sondern gerostet. Das einzige funktionierende Kriegsgerät in Deutschland sei die Gorch Fock. "Und auch die funktioniert nur bei Wind." Der beste Weg zum Frieden sei, wenn sich alle Kriegstreiber gegenseitig die Köpfe einschlagen würden.
Kurz vor Schluss noch einmal die Brille gewechselt, die Jacke zurechtgerückt und das Rednerpult betreten: Jetzt ist Schleich der bayerische Ex-CSU-Chef Franz-Josef Strauß wie er leibte und lebte. Spätestens in diesem Moment wird der Auftritt zum Triumphzug des kabarettistischen Chamäleons. Zehn Minuten lang hört das Publikum in allerbester Strauß-Manier endlose Tiraden über die aktuelle Politik. Die Kernbotschaft. "Zu meiner Zeit gab's keine AfD. Rechts von der CSU war die Wand, links von ihr die Berliner Mauer. Und hinter der Mauer war die Merkel." Der Abend endete mit einem Plausch der beiden Ratzinger-Brüder an der Himmelspforte.
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