Bezirk, Jugendamt, Kultusministerum, Stadträte, Jugendbeauftragte - überall hat eine Mutter aus dem Landkreis schon angeklopft in der Hoffnung auf Hilfe. Sie möchte lieber anonym bleiben, hofft aber durch den Gang an die Öffentlichkeit, Unterstützung zu finden.
Die alleinerziehende Mutter hat einen zwölfjährigen Sohn mit Autismus. Er braucht einen Schulbegleiter - und da fängt das Problem, das inzwischen einen ganzen Ordner mit Schriftverkehr und Unterlagen füllt, schon an. Ein passender Schulbegleiter findet sich nicht, seit einem halben Jahr kann der Junge deswegen nicht mehr zur Schule gehen. Dabei hatte er vorher eine Begleitperson. Dann wurde bei dem Zwölfjährigen erhöhter Bedarf festgestellt. Das bedeutet, sein Schulbegleiter sollte Heilpädagoge sein oder eine ähnliche Ausbildung haben. Der vorige Schulbegleiter wird abgezogen, ein neuer mit entsprechender Qualifikation lässt vergeblich auf sich warten.
"Ich kann mir nicht vorstellen, dass es wirklich niemanden Passenden gibt", sagt die Landkreisbewohnerin. Sie nimmt die Mittelschule im Landkreis, Träger und Ämter in die Pflicht, mehr zu tun. Ihr Gefühl: "Inklusion und Integration sind fehl am Platz." Die Pflicht werde von einer Stelle zur nächsten geschoben, "wir drehen uns im Kreis". Die Frau verweist auf die Schulpflicht ihres Sohnes und darauf, dass er rechtlichen Anspruch auf einen Schulbegleiter hat. Finden kann sie deswegen trotzdem keinen.
Der Träger, der den vorigen Schulbegleiter des autistischen Kindes gestellt hatte, bekräftigt, dass der Schulbegleiter-Markt "extrem dünn" besiedelt ist. Er habe viele Fachkräfte zur Verfügung, für einen Fall wie diesen aber eben nicht die richtigen. "Professionelles Handeln erfordert auch, Aufgaben nicht anzunehmen, die man nicht gut machen kann." Es sei für einen solchen Träger immer eine wichtige Grundsatzfrage: Habe ich die richtigen Angestellten zum richtigen Fall? Sieht sich der Angestellte auch in der Lage? "Die Aufgabe muss zielführend sein, alles muss passen." Ansonsten habe ein Träger auch keine Verpflichtung, Aufträge zu übernehmen.
Das hilft der Alleinerziehenden aber nicht weiter. Sie sagt, man hätte den vorigen Schulbegleiter trotzdem nicht einfach abziehen sollen, weil ihr Sohn nun gar nicht mehr zur Schule kann. Zum Halbjahr wurde ihm dadurch ein leeres Zeugnis ausgestellt. Sie hofft, dass sich durch ihren Schritt an die Öffentlichkeit neue Optionen ergeben. "Ich habe schon alles versucht."
Stellungnahmen des Schulleiters und des Staatlichen Schulamts
Der Schulleiter der betroffenen Mittelschule im Landkreis teilt in seiner Stellungnahme mit, dass eine Schulbegleitung je nach Form der Behinderung eines Kindes entweder bei der Jugendhilfe oder beim Bezirk Oberpfalz beantragt wird. Über die aktuelle Situation auf dem "Schulbegleitermarkt" lägen ihm aber keine gesicherten Erkenntnisse vor. "Derzeit sind an unserer Schule mehrere Schulbegleiter in verschiedenen Klassen tätig. Bei Vorliegen eines besonderen Förderbedarfs werden verschiedene schulische Beratungsfachkräfte beigezogen", schreibt der Rektor weiter. Auch Elisabeth Junkawitsch, Schulamtsdirektorin der Staatlichen Schulämter in der Stadt Weiden und im Landkreis Neustadt/WN, meldet sich zu Wort: "Das Staatliche Schulamt Neustadt/WN und in der Stadt Weiden ist sich der wichtigen Aufgabe der Inklusion voll bewusst und sieht dabei die Möglichkeit einer Schulbegleitung als wertvollen Baustein für deren Realisierung an." Die Schulbegleiter würden Schülern mit Behinderung helfen, sich in die Schulgemeinschaft besser eingliedern zu können. "Art und Umfang dieser Assistenzleistungen richten sich dabei nach dem individuellen Hilfebedarf des Kindes bzw. des Jugendlichen", sagt Junkawitsch. Dieser werde bestimmt durch den körperlich und seelischen Entwicklungsstand des Schülers und dessen sozial-emotionale, motorische und kognitive Kompetenzen. Zu den Aufgaben von Schulbegleitern gehören unter anderem das Ein- und Ausräumen der Schultasche, das Vorbereiten des Platzes in Unterrichtsräumen sowie die Unterstützung beim Essen und bei sozialen Kontakten. "Schulbegleiter sind keine Zweitlehrkräfte", stellt sie jedoch klar. Sie seien nicht für die Vermittlung des Lehrstoffes zuständig, das sei Aufgabe der Lehrkräfte. Auf die Fragen, was passiert und was getan werden kann, wenn - wie im oben genannten Fall - ein Kind trotz Schulpflicht nicht zur Schule gehen kann, weil es an einem Schulbegleiter fehlt, antwortet die Schulamtsdirektorin jedoch nicht.
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