Neustadt an der Waldnaab
05.04.2019 - 14:36 Uhr

Kreistag fordert: Süd-Ost-Link beerdigen statt eingraben

Noch genau eine Woche, bis 12. April, können Träger öffentlicher Belange Einwände gegen den geplanten Süd-Ost-Link vorbringen. Der Kreistag meldet sich mit einer Radikallösung zu Wort.

Leerrohre (links) und dicke Stromkabel wollen inzwischen nahezu alle Kreisräte nicht mehr unter der Erde zwischen Eslarn und KIrchenthumbach, Windischeschenbach und Luhe-Wildenau haben. Bild: Stefan Sauer/dpa
Leerrohre (links) und dicke Stromkabel wollen inzwischen nahezu alle Kreisräte nicht mehr unter der Erde zwischen Eslarn und KIrchenthumbach, Windischeschenbach und Luhe-Wildenau haben.

Mit den Gegenstimmen der beiden Grünen Sonja Reinhold und Johann Mayer sowie der von Dominik Baschnagel (CSU) verabschiedeten alle Parteien einen Beschluss, der den Planungsstopp der Stromtrasse fordert. Sollte sie trotzdem notwendig sein, sollte sie nur neben der Autobahn eingegraben werden dürfen.

Das freut vor allem die Freien Wähler. "Im Landkreis Neustadt wird bereits 60 Prozent der Energie regenerativ erzeugt, so sollten wir weitermachen", forderte ihr Sprecher Karl Lorenz. Mit Gaskraftwerken und Speichern könne sich Bayern auch selbst versorgen. "Man sieht, was möglich ist, wenn sich die Leute aufregen. Der Beschluss zum Netzausbau liegt jetzt immerhin schon neun Jahre zurück."

Sein Kollege Karl Meier warb um möglichst viele Einsprüche bei der Bundesnetzagentur. Er selbst hat seinen schon abgeschickt. Landrat Andreas Meier gab bekannt, dass seine Behörde noch in dieser Woche ein juristisches und naturschützerisches Gutachten zur Trasse ins Internet stellen will. Daran könnte sich die betroffenen Kommunen orientieren, um ihre Einsprüche sauber zu formulieren.

Die Grünen lehnten den Beschluss ab, weil er ihnen nicht weit genug geht. "Nein heißt Nein." Landrat Meier wies darauf hin, dass in der vorausgehenden Fraktionsführerbesprechung auch Klaus Bergmann im Namen der Grünen dafür gestimmt hatte. Mayer und Reichold blieben jedoch bei ihrer Haltung. Darüber ist CSU-Fraktionschef Edgar Knobloch sauer; "Wir haben versucht in einer gemeinsamen Stellungnahme alle zu berücksichtigen. Ich sehe das als Bruch einer Vereinbarung an", sagte er unter dem Beifall aus allen Fraktionen.

Der Beschluss im Wortlaut:

Der Kreistag lehnt alle bislang vorgeschlagenen Trassenführungen ab. Wir sind der Meinung, dass ein völliger Planungsstopp nötig ist, da sich die Grundlagen des bisherigen Versorgungskonzepts grundlegend verändert haben. Langfristig sind wir überzeugt, dass eine zukunftsfähige Energieversorgung aus regenerativer Quelle mit einem deutlich größeren Anteil dezentraler Erzeugung möglich ist. Entsprechend wollen wir im Landkreis dem Thema Energieversorgung aus regenerativen Quellen unter Berücksichtigung von Einsparpotenzialen, Effizienz und kombiniert mit Speichertechnologien und Sektorenkopplung (Verkehr und Wärme) großes Gewicht einräumen. Das betrifft insbesondere den Ausbau von Wasserkraft, Photovoltaikfreiflächen- und -dachanlagen, Biogasanlagen und Windkraftanlagen soweit dies im Einklang mit rechtlichen und naturschutzfachlichen Vorgaben steht und der Schutz der betroffenen Wohnbevölkerung vor Ort vorrangig gewährleistet wird. Sollte aber eine HGÜ-Leitung dennoch gebaut werden müssen, dann fordern wir: eine Verlegung an der Autobahn auf bundeseigenem Grund; einen Verzicht auf Leerrohre; eine platzsparende Kabeltechnologie; eine angemessene, dauerhafte Entschädigung für betroffene Grundstückseigentümer, die jedoch keine Bezugsfälle hinsichtlich der Entschädigungsregelung für sonstige kommunale Ver- und Entsorgungsleitungen auslöst.

Kommentar:

Populistischer Wind im Kreistag

Man kann es ja verstehen: Landauf, landab sammeln Bürger derzeit Unterschriften, setzen ihre Bürgermeister und Abgeordneten unter Druck, denen da oben mal einzuheizen, damit sie endlich einsehen, dass hier keiner den Süd-Ost-Link will.
Wer nicht kämpft, hat eben schon verloren. Indes: Ein Landrat oder Kreisrat kann gegen ein geltendes Bundesgesetz wenig ausrichten. Dass der Kreistag nun kollektiv eine Woche vor Ablauf der Einspruchsfrist den kompletten Planungsstopp der Stromtrasse fordert, riecht stark nach Populismus. Schließlich sind auch die Kommunalwahlen nicht mehr weit.
Viele, die sich plötzlich für mehr regenerative Energien stark machen, müssen sich jetzt fragen lassen, warum sie stumm geblieben sind, als Horst Seehofer die 10-H-Regelung durchgedrückt hat, mit der Windkraft in Bayern praktisch abgewürgt wurde. Und warum haben sie als Bürgermeister und Gemeinderäte in ihren Orten nicht darauf hingewirkt, dass trotzdem einheitliche Beschlüsse zustande kommen, um die 10-H-Regel zu umgehen? Auch problematisch: Wer mehr Biogasanlagen fordert, macht sich für mehr Mais-Monokulturen stark. Wie war das doch vor Kurzem mit der Artenvielfalt?

Friedrich Peterhans

Hier können Einwender ihre Bedenken vorbringen:

Hier können Einwender ihre Bedenken vorbringen:

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.