Oliver Kellermann aus dem bayerischen Bauministerium stellte den Rathauschefs in der Bürgermeister-Dienstversammlung am Dienstag in der Stadthalle Neustadt das Projekt vor. Die wichtigste Neuerung: Ein Architekt oder Bauherr gibt den Antrag nicht mehr in Papierform bei der Gemeinde ab, die ihn nach dem Einvernehmen ans Landratsamt weitergibt.
Es kommt der umgekehrte Weg: Der Architekt füllt den Antrag in einem Portal online aus und schickt ihn per Knopfdruck ans Landratsamt. Dort wird er in das Fachprogramm der Behörde übertragen. "Das wird die kitzligste Aufgabe", schwant Kellermann. Denn die Schnittstelle zwischen den beiden Programmen ist höchst aufwendig zu programmieren nicht zuletzt, weil bei den Ämtern viele verschiedene Software-Arten eingesetzt werden. Ist der Antrag aber erst einmal übertragen, zeigen sich die ersten Vorteile. Zum einen bleibt kein Formular mehr leer, denn der Antrag kann erst weitergeleitet werden, wenn alle Pflichtfelder ausgefüllt sind. Zum anderen dürfte die Bearbeitung dann schneller gehen. "Ich schätze drei bis vier Wochen", wagt Kreisbaumeister Werner Kraus eine erste Prognose.
Denn dadurch, dass die Untere Baubehörde die Unterlagen ohne den Umweg über die Gemeinde auf den Tisch bekommt, kann sie gleich Fachstellen zur Prüfung einschalten, etwa Naturschutz, Wasserwirtschaftsamt, Landwirtschaftsamt. Danach gibt das Landratsamt den Antrag zurück an die Gemeinde. In welcher Form - Papier, Scans, digital - bleibt der Kreisbehörde selbst überlassen. Verfahren der Genehmigungsfreistellung bleiben weiterhin Sache der Gemeinden.
Alle auf gleichem Stand
"Wir werden quasi Postbote für Sie spielen", erklärte Christina Bauer, die Chefin der rechtlichen Bauaufsicht im Lobkowitzerschloss. Sie versuchte den Rathauschefs die Angst vor der Umstellung zu nehmen. Es sei "keine große Sache", dass sich Gemeindemitarbeiter für die Bearbeitung dieser elektronischen Akte über eine Maske anmelden. Zudem könnten Fachstellen ergänzende Unterlagen sofort in die Akte einpflegen. Das sei ein weiterer Pluspunkt: "Alle Beteiligten sind immer auf dem gleichen Planstand."
Albert Nickl fragte als Bürgermeister von Speinshart, wie es dann mit der Nachbar-Beteiligung aussieht und traf damit eine empfindliche Stelle. Kellermann räumte ein, dass es in Zukunft nicht mehr zwingend nötig ist, dass der Bauherr mit dem Plan unter dem Arm beim Nachbarn klingelt und um eine Unterschrift auf dem Entwurf bittet. Stattdessen reicht es aus, wenn der Bauherr im Online-Antrag versichert, dass er den Nachbarn gefragt hat und dieser auf einem Papier unterschrieben hat.
Das werde nicht kontrolliert, sagt Kellermann. "Aber die Nachbarunterschrift ist ja auch bisher kein Genehmigungskriterium, sondern soll nur eine spätere Klage des Nachbarn ausschließen." Sollte also jemand schummeln und es kommt zur Klage, sei der Bauherr der Gelackmeierte. "Der Bauherr kann aber vor der Unterschrift den Plan austauschen", warnte Josef Hammer aus Irchenrieth vor einer Schwachstelle. Eine andere fürchtet Peter Lehr aus Eschenbach: "Unsere Stadträte machen ihr Einvernehmen bei Befreiungen vom Bebauungsplan schon von den Nachbarn abhängig."
Restrisiko für Betrug
Ein Restrisiko für Betrug bleibt, glaubt auch Landrat Andreas Meier. "Doch das muss sich irgendwie lösen lassen. Es könnte doch wie beim Online-Banking eine Push-Tan verschickt werden, die zeigt, dass der Nachbar unterschrieben hat." Hammer hat einen weiteren Vorschlag: "Vielleicht reicht es, dass der Nachbar von einem Bauvorhaben in seiner Nähe lediglich in Kenntnis gesetzt wird. Wenn er sich dafür interessiert, kann er selbst zur Gemeinde kommen."
Nickl hält den digitalen Antrag prinzipiell für gut, gibt aber zu bedenken, dass ältere Architekten ungern von Plänen auf Papier weggehen. Landrat Meier sicherte eine Übergangsphase zu, stellt aber auch klar: "Wer digital einreicht, muss auch schneller bedient werden."
Die Landratsämter Neustadt/WN und Cham sind die einzigen beiden Pilot-Ämter der Oberpfalz unter 15 bayerischen Modellbehörden, die den digitalen Bauantrag testen. Der soll nun auch in Flächenländern kommen. In Deutschland ist er vor allem in Stadtstaaten wie Hamburg oder Berlin Standard. Dazu muss aber ein einheitliches Verfahren für die 138 Bauverwaltungen in den bayerischen Kreisen und kreisfreien Städten gefunden werden, die mit unterschiedlichster Software arbeiten. Allzu viel Zeit bleibt nicht. Das Online-Zusatzgesetz des Bundes verlangt, dass Verwaltungsleistungen, die den Bürger direkt betreffen bis Ende 2022 auch elektronisch zugänglich sind. Das bedeutet auch, dass der Bauherr während der Genehmigungsphase einsehen kann, in welchem Bearbeitungsstadium sein Gesuch gerade ist. (phs)
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