Die Kabarettistin hatte ihr aktuelles Programm „Wände streichen, Segel setzen“ im Gepäck. Und darüber hinaus neben sich selber auch ihre Parade-Figuren „Mary from Bavary“, Helga Frese und ganz neu „Brava Maria di Bavaria“ – wobei Letztere quasi die Reinkarnation der rockenden Mary als opernsingende Maria war. In ihrem erfrischenden und kurzweiligen Programm, das ganz ohne zotige Ausflüge unter die Gürtellinie auskam, nahm Kinseher verschiedene gesellschaftliche, technologische und zwischenmenschliche Tendenzen unter die Lupe – vom autonomen Fahren („Was soll nur aus unseren Männern werden, wenn sie der Porsche nicht mehr braucht?“), dem meditativen Lesen eines Buchenblattes bis hin zum Umstand, dass man früher das Essen noch nicht fotografiert habe.
Riss im Parkett
Wie ein roter Faden durchzog die Geschichte vom Riss im Parkett ihrer Wohnung das Programm – ein Riss, der mittlerweile zu einem Teich und Biotop angewachsen war, in dem sich zahlreiche Pflanzen wie Seerosen, aber auch Libellen und Schwammerln angesiedelt hatten. Immer wieder wurde zwischen den Zeilen mal mehr und mal weniger deutlich, dass Kinseher damit auch den Riss meinte, der sich in der Gesellschaft in den vergangenen Jahren vollzogen hat.
Hart ins Gericht ging Kinseher, die ehemalige „Mama Bavaria“, auch mit Politikern wie Bundeskanzler Olaf Scholz, Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger und besonders Ministerpräsident Markus Söder und seiner CSU („eine Alte-Männer-Partei mit einem fränkischen Testosteron-Geschwür an der Spitze“). Sie freue sich schon darauf, wenn Söder mit seinem Armani-Raumanzug den ersten Weltall-Flug aus Bayern antreten will und im letzten Moment dann Aiwanger angewackelt komme und auch mitwolle ins „Oll“.
Hexen und dumme Blondinen
Kinseher sinnierte über brütende Kanarienvögel im Lampenschirm, über die Vorzüge des „Waldbadens“ im Vergleich zum Mallorca-Urlaub, über die Frauenfeindlichkeit der Märchen der Gebrüder Grimm („nur Hexen und dumme Blondinen“) und über den Zusammenhang zwischen Evolution und Schwammerln. Und über den deplatzierten aggressiven Löwen im bayerischen Staatwappen, der abgelöst werden sollte durch die friedliche und Weiblichkeit symbolisierende Kuh. Auch gesanglich wusste Kinseher zu überzeugen – so bei ihrer ganz eigenen Interpretation der „Arie der Königin der Nacht“ und dem Elton-John Song „Don‘t let the sun go down“, den sie gemeinsam mit Tontechniker Simon intonierte. Viel Applaus und „Standing Ovations“ gab es für einen gelungenen Auftritt mit Niveau.
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