Das Netzwerk frühe Kindheit, genannt "KoKi", wurde vor zehn Jahren ins Leben gerufen. Ein Grund zum Feiern. Ziel des Projekts ist die Intensivierung der Zusammenarbeit des Gesundheitsbereichs mit der Kinder- und Jugendhilfe und der systematischen Vernetzung früher Hilfen. Was kompliziert klingt, ist ganz einfach und sinnvoll: Familien und Kinder sollen im Notfall Hilfe bekommen können.
Landrat Andreas Meier lobt die Arbeit der "Kokis". Mittlerweile sei ein großes und funktionierendes Netzwerk entstanden, das dafür sorgt, dass "aus Sorgen keine Probleme werden". Er hofft, dass dieses Netzwerk auch bei einem Anstieg der Corona-Zahlen weiter wirkt.
Isabella Gold war aus München per Video zugeschaltet. Das Ziel der leitenden Ministerialrätin sei nach eigenen Worten, Hemmschwellen für Betroffene abzubauen, die dann Hilfe suchen. Das Programm sorgt mittlerweile für Aufmerksamkeit und es gebe positive Presseberichte dafür. "Ein Drittel aller Probleme in Familien sind psychischer Natur," erklärt sie. Gerade in der Corona-Zeit steigen die psychosozialen Belastungen.
Für die Zukunft wünschten die Mitarbeiter sich eine stärkere Einbindung anderer Stellen, beispielsweise Ärzte, erklärt die Ministerialrätin. Die Stellen sollen einen ganzheitlichen Blick entwickeln, um Probleme aller Art erkennen zu können. Weiter sollen Stellen ausgebaut werden, da wie Gold weiß, die Belastungsgrenzen erreicht sind. "Wir müssen fortlaufend schauen, wie Hilfen für Familien gefördert werden können," fasst die Ministerialrätin zusammen. Dies sei der beste Schutz für Kinder.
Dr. Christian Rexroths Vortrag "Koordinierende Schutzstellen - zentrale Akteure und bedeutende Partner im Netzwerk" befasste sich mit der Theorie der frühkindlichen Entwicklung. Heute gäbe es ein breites Spektrum an Entwicklungsmöglichkeiten, ein Verbot von körperlicher Züchtigung und Gewalt: "Eigentlich sollten paradiesische Zustände herrschen - Warum nehmen dann die psychischen Probleme immer weiter zu?"
22 Prozent der Minderjährigen seien psychisch auffällig, sechs Prozent bedürfen einer Behandlung. Den größten Anteil bilden Angst- und Depressionsstörungen, selbstverletzendes Verhalten und Schlafstörungen. ADHS hingegen werde häufig überschätzt, dessen Anteil liege „nur“ bei 3,9 Prozent der Störungen.
Entwicklung brauche Zeit, erklärt der Experte. Heute gäbe es einen gewaltigen Entwicklungsdruck. Gleichzeitig wird von Müttern erwartet, schnell wieder an den Arbeitsplatz zurückzukehren. Kinder aber brauchen langfristige Verlässlichkeit. Rexroth fordert eine Stärkung der Kinderrechte ohne eine Einschränkung der Elternrechte. Vor dem Erlass von Gesetzen soll die Einhaltung der Belange von Kindern geprüft werden. Die Jugendhilfen müssen von der Politik gestärkt werden, fordert er unter großer Zustimmung des Publikums.
Dr. Markus Wittmann, Leiter des Bezirkskrankenhauses Wöllershof, hat mit der Leiterin der Koki Tirschenreuth, Marianne Fütterer, kürzlich einen Fachartikel über Erkrankungen von Müttern während Schwangerschaft und Stillzeit und deren Auswirkungen auf die Bindung zu ihren Kindern veröffentlicht. In einem Vortrag machte er auf die psychischen Auswirkungen der Corona-Pandemie aufmerksam. Netzwerke wie Koki seien gerade jetzt umso wichtiger.
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