Der ehemalige Gymnasialllehrer hat zwei Bücher verfasst, die sich mit der Zeit von 1918 bis 1949 befassen. So hat die Kreisstadt wie keine andere Gemeinde in der Oberpfalz diese Zeit aufgearbeitet und der Nachwelt erhalten.
In Neustadt überschlagen sich die Ereignisse um den 20. April 1945 Vor dem Hintergrund der heranrückenden amerikanischen Armee und den täglichen Tieffliegerangriffen werden die Oberpfälzer langsam mürbe. Noch am 16. April wird Weiden durch das beherzte Eingreifen zweier Männer von einer noch größeren Katastrophe bewahrt.
Nach Neustadt kommen beinahe täglich Tiefflieger, teilweise werden auch Fahrzeuge beschossen. Die Stadt bleibt jedoch von Tieffliegerbomben verschont, obwohl ein Gerücht über einen 100-Stunden-Bombenangriff im Ort die Runde macht.
Eine SS-Einheit kontrolliert alles, was sich auf der Straße nach Neustadt bewegt. Man hat es auf Wehrmachtsangehörige abgesehen, die sich unerlaubt von der Truppe entfernt hatten - Fahnenflucht. So ist für den 18. April ein SS-Standgericht mit nachfolgender Erschießung eines Wehrmachtsangehörigen am Galgenberg dokumentiert – ein Soldat, geboren in Arzberg.
Natürlich will man den Amerikanern die Einnahme von Neustadt so schwer wie möglich machen. Deshalb ist geplant, die Naabbrücke zwischen Neustadt und Altenstadt zu sprengen. Dies hätte natürlich auch auf die Bevölkerung enorme Auswirkungen gehabt. Kaufmann Josef Grader wollte dies verhindern und sprach am 19. April bei einem Oberleutnant im damaligen Kommando in Neustadt vor. Er konnte von Glück sagen, dass man ihn nicht sofort erschoss, da er sich in politische Angelegenheiten einmischte.
Einen Tag später, am Freitag, 20. April, wird die Naabbrücke nach Altenstadt gesprengt. Es wurde ein Befehl an alle Hausbesitzer und Wohnungseigentümer erteilt, dass die Fenster bei der Sprengung geöffnet sein müssen, damit die Druckwelle diese nicht beschädigt. Trotzdem gingen natürlich einige Fenster zu Bruch und selbst ein kleines, altes Haus stürzte ein.
Am 19. April wurde Grafenwöhr bombardiert und für den 22. April war die Einnahme von Weiden durch die Amerikaner geplant. Eine Einheit der Waffen-SS sollte die Stadt Neustadt bis zur Selbstvernichtung verteidigen. Es waren ortsfremde Männer, die diesen Befehl Himmlers durchsetzen mussten, deshalb war es schwierig, sich mit zu arrangieren. An allen Ortseingängen wurden Panzersperren und Maschinengewehrstellungen eingerichtet.
Natürlich gab es auch in Neustadt einige treue Parteigänger, die noch an den Endsieg glaubten und die Stadt verteidigen wollten. Andere dagegen sahen es als ihre Pflicht, die Stadt möglichst kampflos und somit auch ohne menschliche Verluste an de Amerikaner zu übergeben. Zu diesen zählten unter anderem Josef Grader, Franz Lang, Franz Meier, Christian Brunner, Hermann Lang und Bürgermeister Josef Walbert.
Am Vormittag des 21. April wurde versucht herauszubekommen, wo sich die Amerikaner befinden. Am Nachmittag, kurz vor dem Eintreffen der Befreier, machten sich die SS-Angehörigen aus dem Staub und nun konnten in einer Blitzaktion die Panzersperren beseitigt werden.
Spenglermeister Andreas Rebl war beauftragt worden, die weiße Flagge vom Kirchturm zu hissen, doch durfte dies nicht zu früh geschehen, da er ansonsten hätte erschossen werden können. Angeblich hatte man ihm eine Pistole mitgegeben, damit er sich unter Umständen hätte verteidigen können.
Dieses Fahnenhissen war auch ein Zeichen für alle anderen Hausbesitzer, dies ebenso zu tun. Dabei musste sich jeder darüber im klaren sein, welcher Gefahr er sich damit aussetzte. Es gab den sogenannten „Flaggenbefehl“, der besagte, dass alle männlichen Bewohner eines Hauses erschossen werden, die eine weiße Fahne hissen. Eine andere Fassung sagte aus, dass diese Häuser niedergebrannt werden.
In letzter Minute versuchte der Ortsgruppen-Propagandaleiter vergeblich dieses Fahnenhissen zu verhindern.So konnte eine kleine amerikanische Einheit am 21. April Neustadt einnehmen. Die Fahrzeuge konnte die Naabbrücke nicht benutzen und mussten so entlang des Kalvarienberges über den Siechenbach, in Richtung Breiter Weg nach Neustadt hereinfahren.
Am nächsten Tag, 22. April, erfolgte die endgültige Besetzung von Neustadt, wahrscheinlich auch durch die 90. amerikanische Infanteriedivision, die von Windischeschenbach her über die Hohe Linde durch Neustadt über den Felix auch in Weiden einmarschierte.
Was viele jedoch nicht wissen sind die Überlegungen, wie der Grenzverlauf nach dem Krieg hätte aussehen können. Es gab Pläne, die Westgrenze der Tschechoslowakei an die Naab zu verlegen und im weiteren Verlauf an die Donau. Dies ist aus der Karte deutlich zu erkennen.
Die Kreisstadt kann sich mehr als glücklich schätzen, dass diese Zeit des Dritten Reichs ausführlich erforscht und niedergeschrieben wurde. Günther Langhammer hat vor einigen Jahren zwei Bücher geschrieben: Band I – Ein langer Weg in die totalitäre Diktatur – Neustadt an der Waldnaab vom Ende des Ersten Weltkrieges bis nach der NS-Machtübernahme, 296 Seiten, 26,80 Euro;
Band II – Vom Hakenkreuz zum Bundesadler – Neustadt an der Waldnaab nach der NS-Machtübernahme bis zur Gründung der Bundesrepublik; 575 Seiten, 34,95 Euro.
Beide Bücher hat der Museumsverein Neustadt herausgegeben. Sie sind bei Schreibwaren / Reisebüro Richter in Neustadt erhältlich. Nähere Auskünfte erteilt auch Bernhard Knauer, Telefon 09602/1503, Knauer-Neustadt[at]t-online[dot]de.
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