Neustadt an der Waldnaab
12.02.2019 - 11:40 Uhr

Neustädter Kristallschale schreibt Fußballgeschichte

Als Willi Platzer die Kristallschale im Juli 1989 an Klaus Augenthaler überreicht, weiß er nicht, dass er sie fast 30 Jahre später noch einmal in Händen halten wird. Auch den ehemaligen Bayernspieler trifft er nach so langer Zeit wieder.

Ein Höhepunkt am 8. Juli 1989: Nach dem Freundschaftsspiel des FC Bayern München beim ASV Neustadt überreicht Willi Platzer (Dritter von rechts), damals Vorsitzender des Neustädter Fanclubs, eine Kristallschale an Klaus Augenthaler (Dritter von links). Bild: exb
Ein Höhepunkt am 8. Juli 1989: Nach dem Freundschaftsspiel des FC Bayern München beim ASV Neustadt überreicht Willi Platzer (Dritter von rechts), damals Vorsitzender des Neustädter Fanclubs, eine Kristallschale an Klaus Augenthaler (Dritter von links).

Ende der 1980er Jahre feierte der ASV Neustadt 65-jähriges Bestehen. Die Verantwortlichen um Vorsitzenden Helmut Ebenschwanger hatten damals eine Festwoche geplant, die von 23. Juni bis 8. Juli dauern sollte, gespickt mit Preisschafkopf, Pokalturnieren und einem Jugendtag mit der Band "Telstars". Höhepunkt der Feierlichkeiten bildete ein Freundschaftsspiel gegen den FC Bayern München.

Willi Platzer war zu dieser Zeit Vorsitzender des Neustädter FC-Bayern-Fanclubs und gleichzeitig Betreuer der 1. Fußballmannschaft des ASV. "Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie wir überlegt haben, was wir dem FC Bayern überreichen können", erzählt der heute 58-Jährige. "Was Gescheites sollte es halt sein."

Die Firma F. X. Nachtmann half dem Fanclub aus der Patsche und spendierte eine Kristallschale, die der Meisterschale nachempfunden war. Der Entwurf stammte von Franz Rößler, dem verantwortlichen Designer für Geschenkartikel bei den Nachtmann-Bleikristallwerken. Michael Kurz sorgte für den Schilf und Erich Stöhr gravierte das Vereinswappen sowie die persönliche Widmung "Deutscher Rekordmeister. FC Bayern München e. V. In Freundschaft Fanclub Neustadt WN." ein.

Bereits im April 1989 begann der Vorverkauf für das Spiel gegen den Münchner Club. Eine Karte kostete 12 Mark. Über 4000 Besucher drängten sich am 8. Juli schließlich rund um den Platz. Und verfolgten live mit, wie ein ASV-Spieler den nagelneuen Adidas-Ball, den der FCB zum Testen mitgebracht hatte, in den Felixwald schoss. "Uli Hoeneß höchstpersönlich ist hinterher, um den Ball zu suchen", schmunzelt Platzer. Dem Finder habe er sogar 50 DM versprochen. Doch der Ball blieb im Wald verschwunden. "Wahrscheinlich hat den heute noch irgend ein Neustädter zu Hause", vermutet Platzer.

Eine weitere Anekdote blieb ihm im Gedächtnis. Mittelfeldspieler Hans Dorfner war nicht mit nach Neustadt gekommen, da er an diesem Tag in Regensburg heiratete. Deshalb wollte die Mannschaft nach dem Freundschaftsspiel in Neustadt nichts essen, sondern gleich zur Hochzeit weiterfahren. Der Busfahrer habe noch verzweifelt nach einem Geschenk gesucht. "Zweiter Kommandant Hans Konz hat ihn mit dem Feuerwehrauto zu Nachtmann gefahren", erinnert sich Platzer.

Nach dem Spiel, das die Bayern mit 9:3 für sich entschieden, kam der große Moment. "Ich durfte Klaus Augenthaler unsere Schale überreichen", blickt der damalige Fanclub-Vorsitzende zurück. "Als die Mannschaft dann in den Bus stieg, habe ich damals schon gefragt, was wohl aus der Schale wird", gibt Platzer zu.

Die Antwort darauf erhielt er irgendwann um die Jahrtausendwende bei einem Tag der offenen Tür in der Säbener Straße. "In den Gängen waren in Vitrinen sämtliche Präsente und Wimpel, auch von internationalen Vereinen, ausgestellt." Und mitten drin entdeckt der Neustädter die Kristallschale von 1989. "Ich hätte sie gerne fotografiert", bedauert Platzer. Doch zu dieser Zeit gab's noch keine Fotohandys, und eine Kamera habe er nicht dabei gehabt.

Und wieder vergingen viele Jahre, bevor der Kristallteller wieder ein Rolle in Platzers Leben spielte. Seine guten Kontakte zu vielen Verantwortlichen beim FC Bayern München machten sich nun bezahlt. "Ich bin seit 40 Jahren Mitglied, irgendwann kennt man sich", freut sich der treue Fan. Kurz vor Weihnachten 2018 besuchte der Neustädter wieder einmal die Allianz-Arena und sah sich in den "Erlebniswelten" um. Dabei kam er mit dem Leiter Martin Kristan ins Gespräch. Dieser war sich sicher: "Die Schale ist noch da." Andreas Wittner, der Mann aus dem FCB-Archiv, wusste da mehr und führte Platzer an Orte, die ein Besucher sonst nicht zu sehen bekommt. "Und da lag unser Teller, ganz sauber, nicht einmal verstaubt", wundert sich Platzer nach so vielen Jahren.

Die große Überraschung folgte aber vor ein paar Wochen. "Ich habe am Vormittag von Martin Kristan einen Anruf bekommen", erzählt der Neustädter. "Wie spontan sind Sie?", habe er gefragt. "Können Sie heute Abend um 18 Uhr in München sein?" Platzer überlegt nicht lange und fährt in die Landeshauptstadt.

Im Café Gisela, das zu den "Erlebniswelten" gehört", wartet Klaus Augenthaler höchstpersönlich. Ans Spiel in Neustadt kann er sich - dank der Hochzeit von Hans Dorfner - sogar noch erinnern. Und wie damals überreicht Willi Platzer dem ehemaligen Bayernstar noch einmal symbolisch die Kristallschale von 1989.

Platzer kann es kaum glauben, dass sich der FC Bayern so viel Mühe macht. "Die haben den Teller sogar mit weißen Handschuhen gebracht", schwärmt er. Für ihn steht fest: "Wenn der FC Bayern von einer großen Familie spricht, dann ist das auch so", sagt er. "Die lassen dich spüren, wie wichtig wir Fans sind."

Fast 30 Jahren nach dem Freundschaftsspiel in Neustadt treffen sich Klaus Augenthaler (rechts) und Willi Platzer (rechts) wieder. Bild: exb
Fast 30 Jahren nach dem Freundschaftsspiel in Neustadt treffen sich Klaus Augenthaler (rechts) und Willi Platzer (rechts) wieder.
Willi Platzer mit Uli Hoeneß und Jupp Heynckes auf der Bank. Bild: exb
Willi Platzer mit Uli Hoeneß und Jupp Heynckes auf der Bank.
 
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