Wahrscheinlich war es der Sport, der Annemarie Nachtmann jung gehalten hat. Die 90 Jahre, die sie am Samstag vollendet, sieht man der Neustädter Sportpionierin wirklich nicht an. Sie ist immer noch vielseitig interessiert, lebt nach dem Tod ihres Mannes Hans vor zwei Jahren allein in ihrer Eigentumswohnung, fährt noch Auto und versorgt sich selbst. „Ich fühle mich auch nicht einsam, weil ich einen großen Freundeskreis habe, der mich unterstützt“, sagt sie im Gespräch mit Oberpfalz-Medien. Viele Freundschaften hat sie während ihres jahrzehntelangen Engagements im Sport geschlossen, insbesondere im Turnen und in der Gymnastik. „Sport war neben der Familie immer mein Lebensinhalt. Ich habe nicht nur die sportlichen Leistungen geschätzt, sondern vor allem die Gemeinschaft und viele Freunde gewonnen", blickt sie heute zufrieden auf der Terrasse in ihrem kleinen Garten zurück.
Dabei waren die sportlichen Anfänge in der Kreisstadt alles andere als leicht. Doch vieles von dem, was das Geburtstagskind vor Jahrzehnten angepackt hat, besteht bis heute fort. Schon damals war sie mit vielen Projekten ihrer Zeit voraus. „Darauf bin ich besonders stolz“, freut sie sich. Annemarie Nachtmann wurde als Annemarie Greiner am 17. Mai 1935 in Neustadt geboren. Sie wuchs mit ihrer vier Jahre jüngeren Schwester Erna (Hauer) auf. Vater Xaver kehrte nicht mehr aus dem Krieg zurück. Mutter Maria zog die beiden Mädchen allein groß. Nach Beendigung ihrer Schulzeit gestaltete sich die Arbeitssuche schwierig. Eine Großtante bot ihr eine Anstellung als Haushaltshilfe in ihrer Zimmerei in Windischeschenbach an: „Wenn du mir dein Mädel gibst, darfst du die Lebensmittelmarken behalten“, schlug die Großtante ihrer Mutter damals vor. Nach ein paar Jahren fand Nachtmann dann Arbeit bei der Bleikristallglasfabrik Tritschler in Neustadt. Dort wurde sie zur Glasschleiferin angelernt und arbeitete dort bis zur Geburt ihres Sohnes Stefan im Jahr 1965. Ehemann Hans Nachtmann hatte sie 1958 geheiratet.
Traumberuf Kindergärtnerin
„Eigentlich wollte ich immer Kindergärtnerin werden. Doch nach dem Krieg hatte man 1948 dazu keine Chance“, erinnert sie sich. Die Arbeit mit Kindern war ihr dann aber trotzdem ihr ganzes Leben lang im Sport möglich gewesen. Ihr Talent, ihr offenes Wesen und ihre Gabe, anderen etwas beibringen zu können, halfen ihr dabei sehr weiter. Als junges Mädchen lag ihr Hauptaugenmerk auf der Leichtathletik. Mit einem Schmunzeln denkt sie an ihren Sieg bei den Stadtmeisterschaften im Dreikampf kurz nach Kriegsende zurück: „Als Gewinn bekam ich drei Pfund amerikanisches Eierpulver geschenkt“. 1967 absolvierte sie einen Lehrgang an der Sporthochschule München-Grünwald. 1971 legte sie die Prüfung zum A-Trainerschein ab.
Neben ihrem Einsatz für die DJK gab sie anschließend Sportunterricht an verschiedenen Schulen: an der Neustädter Hauptschule sowie später am Gymnasium und an Berufsfach- und -grundschulen.
Der Sport in Neustadt hat Annemarie Nachtmann viel zu verdanken: Von 1956 bis 1995 leitete sie als Abteilungsleiterin Gymnastik und Turnen bei DJK Neustadt. Gemeinsam mit Brigitte Steger gründete Nachtmann 1970 das Mutter-Kind-Turnen – eine Initiative, die bis heute Bestand hat. Von 1968 bis 2011 leitete sie zudem regelmäßig gemeinsame Gymnastikstunden zwischen DJK sowie Katholischem Frauenbund und sie fungierte über viele Jahre hinweg als Prüferin beim Ablegen des Deutschen Sportabzeichens.
Einsatz für Gemeinschaft
Für all dies Engagement ernannten sowohl DJK als auch Katholischer Frauenbund Annemarie Nachtmann schließlich ehrenhalber zum Mitglied beider Organisationen. Zudem engagierte sie sich innerhalb des BLSV-Kreises Weiden-Neustadt, wo sie unter anderem die legendären "Kirwa-Lehrgänge" organisierte. Neben ihrem sportlichen Wirken setzte sich Nachtmann jedoch ebenso tatkräftig für die Allgemeinheit ein. So zog sie bereits 1979 erstmals für die CSU-Fraktion in den Stadtrat ein. Insgesamt blieb sie 24 Jahre aktiv politisch tätig. 1984 folgte die Ernennung zur städtischen Sportreferentin. Ab 1981 organisierte die Jubilarin Seniorenfaschings und führte darüber hinaus auch einen Kinderfasching ein.
Für ihren großen Einsatz erhielt Nachtmann 2012 die Bürgermedaille verliehen. Nun freut sich die Jubilarin auf ihren runden Geburtstag, den sie gebührend mit Familie und Freunden im DJK-Sportheim feiern wird.
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