Die Fenster des Ledererhofs in der Lindenstraße waren nur mit Kerzen beleuchtet, Flur und Rußkuchel mit LED-Strahlern in rotes und violettes Licht getaucht. In der guten Stube brannte eine kleine Lampe am Tisch des Vorlesers Peter Märkl. Eng aneinander gedrängt saßen gut 30 Besucher der dritten Sitzweil des Neustädter Oberpfalzvereins unter der globigen Holzdecke zusammen, der Kachelofen strahlte wohlige Wärme aus, als Hausherr Josef Plößner erklärte, was es bedeute, jemanden das Fürchten zu lehren.
Peter Märkl las im Schein seiner Lampe schaurige Geschichten aus der Feder von Ernst Umann, dem Vorsitzenden des Oberpfalzvereins. Sie waren angelehnt an alte Sagen. So ging einmal ein Neustädter um Mitternacht an der hell erleuchteten Stadtpfarrkirche vorbei. Im Inneren saßen die Verstorbenen, jeder mit einer brennenden Kerze. Umann zeigte dazu sein Gemälde, das den Tod, eine Reihe Kerzen und das Gotteshaus im Hintergrund in düsteren Farben darstellt.
Die „Zupfer-Moidln“, Waltraud Neubauer-Zupfer und Renate Zupfer-Vilas, trugen zwei Lieder vor, die sie im reichhaltigen Fundus ihres verstorbenen Vaters, dem Original und Volksmusikanten Zupfer Bepp, entdeckt haben. „I lieg auf da Ofabänk“ und die Geschichte vom „Hofmichl-Bauern“, in der sich vermutetes Gespenstertreiben auf dem Dachboden als Techtelmechtel des Bauern mit der Magd herausstellten.
Roswitha Jobst erzählte die Geschichte vom Marzi Lix (Felix), ihrem Nachbarn aus der Lindenstraße. Da er nicht an übernatürliche Geschehnisse glaubte, suchte er mit einem Freund und einer geweihten Kreide die Herausforderung und fand sich auch in der Begegnung mit einem sonderbaren weißen Hasen. Immer schauriger wurde es, als der Vorleser Märkl die Sagen von der weißen Frau und deren grausamen Schicksal am Rabenbrückerl sowie dem verräterischen Hirtenpfeiferl, dessen Klang marodierende Söldner anlockte, die die Siedlung Kuhnhof nahe der Hohen Linde anschließend brandschatzten.
Die Sage vom Teufel, der tief unter dem Hafendeck nahe Störnstein haust und mit großen Steinen das Salvatorkirchlein vernichten wollte sowie das Sagen-Gedicht von Jobst über die wilde Jagd komplettierten den Reigen schauriger Geschichten, zu denen Umann seine dazu sehenswerten und zur Veranstaltung passenden Bilder auf der Staffelei wechselte.
Die waren dann auch schaurig schön aufgestellt in der alten Rußkuchel des Hofes hinter einem Spinnennetz am niederen Eingang, gedämpft beleuchtet mit rotem Licht. Die Altenstädter Cellistin Karin Ehrmann trug mit sanften Tönen und dem tiefen Klang ihres Instruments ebenfalls zum Gelingen der Veranstaltung bei. Sie trug perfekt Sätze aus der Suite Nr. 1 in G-Dur für Cello von Johann Sebastian Bach sowie aus den Sonaten 1 bis 5 von Antonio Vivaldi vor und erhielt dafür großen Applaus.
Die dritte Sitzweil des Oberpfalzvereins war eine stimmige, gelungene Veranstaltung, bei der sich die Besucher dank des einmaligen Ambientes des Ledererhofs wirklich in die Zeit zurückversetzt fühlten, in der derartige Veranstaltungen noch an der Tagesordnung waren.
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