(cr) Bereits um das Jahr 170 nach Christus wurden in Kleinasien Gottesdienste für Verstorbene gefeiert. Sie fanden am dritten Tag nach dem Begräbnis am Grab statt. Allerseelen am 2. November geht zurück auf den Heiligen Abt Odilo von Cluny (994 bis 1048). Er bestimmte für alle seine Klöster, dass am Tag nach Allerheiligen das Gedächtnis aller verstorbenen Gläubigen durch Messfeiern, Psalmen und Almosen gefeiert wird.
Unter seinem Einfluss verbreitete sich das Fest sehr schnell. In den liturgischen Büchern des Mittelalters finden sich verschiedene Formen für Totenmessen. Auch die mehrstimmige Vertonung des Requiems geht ins 15. Jahrhundert zurück. Damals trug der Priester ein schwarzes Messgewand, heute ist es violett.
Es gab Zeiten und Gemeinden, da wurden die Namen der Verstorbenen des Jahres an diesem Tag vorgelesen, die Vergänglichkeit sollte so den Hinterbliebenen vor Augen gehalten werden. Heute sind in den Friedhof- oder Pfarrkirchen die Totenblättchen des jeweiligen Jahres angebracht.
Bereits 1587 ist der Gräbergang an Allerheiligen nachgewiesen. Eigens für diesen Tag werden die Gräber der Vorfahren geschmückt. In vielen Fällen kommen die Verwandten von weit her angereist. Nach einer Andacht in der Kirche zieht die Gemeinde in einer Prozession auf den Friedhof, wo dann die Gräber gesegnet werden.
Im katholischen Teil der Oberpfalz gibt es zum Teil auch noch heute einen Brauch, der trotz der Trauerstimmung bei den Kindern Freude aufkommen lässt. Es war und ist üblich, dass die Mädchen und Buben von ihrem Tauf- oder Firmpaten ein Allerheiligenspitzl bekommen. Und diese ließen sich meist nicht lumpen. Einige Spitzl oder Allerheiligenzöpfe, wie dieses Hefegebäck im Volksmund genannt wird, waren manchmal bis zu einem Meter lang. Bäckereien stellen diesen kunstvoll geflochtenen Zopf aus Hefeteig her. In der Regel ist er mit Puderzucker bestreut, oft aber auch mit Zuckerguss bestrichen und mit süßen Mandeln belegt.
Heutzutage sind eher kleinere Zöpfe begehrt, denn sie sollen frisch bleiben. Doch wie bei fast allen Esswaren heute ist es für viele nichts Besonderes mehr, da die Bäcker derartige Zöpfe das ganze Jahr über anbieten.
Beinhäuser und Totenbretter
Manche Bräuche überschritten früher auch die Grenze zum Aberglauben. Im Volksglauben stand immer wieder die Aussage, dass bestimmte Tote "umgehen". Da ist die Rede von Seelengeistern, Irrlichtern oder von geheimnisvollen Tieren. Der Schriftsteller Peter Rosegger berichtet, dass in der Steiermark am Allerseelentag weder Tür noch Tor zugeschlagen werden dürfen. Es könnte ja "eine arme Seele eingequetscht werden".
Ein anderes Beispiel: Als das kleine Kirchlein am Tirschenreuther Friedhof sehr baufällig wurde, konnte es durch einen Gönner im Jahre 1783 erneuert und erweitert werden. Der Wohltäter war der Tuchmacher Georg Nebner, der in Tirschenreuth geboren wurde, aber in Vilsbiburg lebte. Er ließ in das Bauwerk einen Altar, eine Kanzel und Stühle bringen. Der Turm der Friedhofskirche trägt als Windfahne sinnigerweise den Tod mit der Sense in der Hand. Die älteren Tirschenreuther sagen "Dort wo er mit seiner Sense hinschaut, muss jemand sterben".
Wenn in früheren Jahrhunderten der Friedhof zu klein wurde, wurden die Knochen und Totenschädel aus aufgelassen Gräbern in einem Beinhaus, einem sogenannten Karner, aufbewahrt. Sie wurden hier regelrecht aufgestapelt. Solch ein Karner befindet sich heute noch auf dem Friedhof im Chamereck. Die kleine Kapelle auf dem Friedhof in Altenstadt/WN war früher auch ein Beinhaus.
Bekannt ist auch das Aufstellen von Totenbrettern, die es ebenfalls in der Region gab, aber heute nahezu alle verschwunden sind. Ursprünglich wurde der Tote auf einem Brett aufbewahrt und dann zu Grabe getragen. Man ließ den Toten vom Brett in das Grab rutschen. Oft wurde das Brett dann auf den Toten gelegt, oder aber - mit Namen und Geburts- und Sterbetag beschriftet - aufgestellt. Später vertieften noch Sprüche das Gedächtnis an den Verstorbenen. (cr)
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.