Neustadt an der Waldnaab
11.04.2022 - 14:51 Uhr

Theater an Lobkowitz-Realschule: Mit "Icebreaker" soll Depression im Jugendalter kein Tabu sein

Ab wann sind negative Gefühle und Gedanken, die Jugendliche beschäftigen mehr als nur eine pubertäre Laune? Beim Theater-Projekts "Icebreaker" setzen sich Realschüler aus Neustadt/WN mit dieser Frage auseinander.

Von Emily Hofmann

Rund 20 Schülerinnen und Schüler der Lobkowitz-Realschule in Neustadt warten gespannt in der Turnhalle auf den Beginn des Theaterstücks. Als Testpublikum bei der Generalprobe am Donnerstag dürfen die Schüler und einige Eltern beim interaktiven Theaterstück "Icebreaker" mitmachen. Das Thema des Stücks ist eher schwierig und sensibel: Depression bei Jugendlichen. Laut Regisseur und Theaterpädagoge Jean-Francois Drozak sollte aber alles rund um diese Erkrankung Jugendlichen so früh wie möglich nähergebracht werden. Depression sei eine Volkskrankheit, von der nicht nur Erwachsene betroffen sind. "Bis zu 20 Prozent der Jugendlichen in Deutschland unter 18 Jahren zeigen ein erhöhtes Risiko für psychische Auffälligkeiten", sagt Wolfgang Lindner von der AOK. Die Corona-Pandemie habe diese Situation noch verstärkt. Seit 2017 wird das Schulprojekt von der AOK Bayern gefördert.

Antriebslos, mutlos oder isoliert: Die Anzeichen einer Depression sind vielfältig. Mit Hilfe einer Checkliste soll das Publikum in dem 60-minütigen Stück als Facharztkollektiv selbst diagnostizieren. Drozak unterbricht das Schauspiel immer wieder und fragt: "Welche der zwei Hauptpersonen leidet an einer Depression?" Anhand der Symptome auf der Checkliste vergeben die Schüler im Publikum Punkte. Falls über fünf Punkte der Liste zutreffen, ist das ein deutliches Anzeichen für eine depressive Erkrankung. Ziel sei es, ein Bewusstsein für die Symptome der Krankheit zu schaffen. „Denn häufig kann man das gar nicht so schnell beurteilen“, sagt Drozak. Die Gefühlswelt eines 14-Jährigen sei nicht immer einfach zu durchschauen. Manchmal sei es "nur eine pubertäre Laune" und keine Depression. Im Stück wird auch die Problematik der Erkrankung und die Möglichkeit zur Therapie anschaulich und realitätsnah vermittelt.

4000 Euro Preisgeld für Theaterstück

Und das kommt an. Und wie. Am Mittwoch wurde das Stück im Wettbewerb "Gutes Beispiel" mit dem ersten Platz ausgezeichnet, der mit 4000 Euro Preisgeld dotiert ist. Der Wettbewerb prämiert jährlich Projekte, die sich mit gesellschaftlich relevanten Themen beschäftigen und dabei besonders zukunftsorientierte und innovative Ideen liefern. Unterstützt wird das Stück „Icebreaker“ vom bayerischen Gesundheits- sowie dem Kultusministerium. Dass sogar zwei wichtige Institutionen das Projekt würdigen, erfülle Drozak mit Stolz. „Das schafft sicherlich auch eine gewisse Sichtbarkeit und Reichweite für die Bedeutung des Themas. Jeder von uns kennt jemanden, der eine psychische Erkrankung hat. Deshalb ist das Wissen darüber auch so wichtig“, sagt Drozak.

"Wir müssen auf die Jugend aufpassen"

An fünf weiteren Schulen in der gesamten Oberpfalz soll das Stück nun in Präsenz aufgeführt werden. Geplant wurde es schon vor Pandemiebeginn, während der Coronazeit wurde das Thema über Videoclips den Schülern vermittelt. An der Lobkowitz-Realschule wird das Stück mit zehn freiwilligen Schülerinnen und Schülern aus verschiedenen fünften, sechsten und siebten Klassen seit Dienstag eingeübt. Mit dabei sind auch Anna Friedl und Milena Dörner, zwei Fünftklässlerinnen: „Wir wollten einfach über ein so wichtiges Thema aufklären.“ Persönlich belastet habe sie ihre Rolle nicht. Annas Vater, der im Publikum seiner Tochter zusieht, meint aber: „Wir werden sicherlich zu Hause noch mal über das Thema sprechen.“ Gerade pandemiebedingt verstärke sich die Belastung für Jugendliche enorm, meint Drozak. Sein Appell: „Wir müssen auf die Jugend aufpassen.“ Darum freut er sich, dass noch am Freitag vor den Ferien sich der Vorhang an der Lobkowitz-Realschule heben konnte: für die Premiere von "Icebreaker". 100 Schülerinnen und Schüler schauten gebannt zu.

Hintergrund:

Hilfe für psychisch kranke Kinder und Jugendliche

  • Schulpsychologischer Dienst am Staatlichen Schulamt Weiden/Neustadt: schulamt.neustadt.de
  • Telefonberatung für Kinder und Jugendliche: 0800/5458668, www.kopfhoch.de
  • Beratungsstelle der katholischen Jugendfürsorge, Telefon 0961/391740-0, www.beratungsstelle-weiden.de
  • Kinder- und Jugendtelefon: 116111, www.nummergegenkummer.de
  • Beratungsstelle für seelische Gesundheit, Bismarckstraße 21 in Weiden, Telefon 0961/38905-0
 
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