Ein Berliner Theaterprojekt, die Bühne für Menschenrechte e.V., gibt in einer Inszenierung mit dem Titel „NSU-Monologe“ denen eine Bühne, denen das NSU-Trio den Mann, den Sohn genommen hat. Und da sich die Bühne für Menschenrechte dem dokumentarischen Theater verschrieben hat, sind die Schauspieler in diesem Fall nur die Übermittler wortwörtlicher, unbearbeiteter Protokolle. Diese Mittlerrolle verkörpern sie allerdings schnörkellos mit einer beinahe brutalen Authentizität, was die Morde aus der Wahrnehmung über die Schlagzeile herausreißt und das Leid, das durch sie verursacht wurde, unmittelbar greifbar macht. Fühlbar macht. Nicht nachfühlbar, aber fühlbar.
Die Volkshochschule Weiden-Neustadt hat die Bühne für Menschenrechte im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus nach Neustadt geholt. Die beiden Schulvorstellungen am Vormittag sahen ungefähr 250 Schüler, die Abendvorstellung in der Stadthalle hatte gerade einmal 30 Zuschauer.
Eine gute Stunde lang erzählen Adile Simsek, Elif Kubasik und Ismail Yozgat - dargestellt von Elisabeth Pleß, Aylin Esener und Asad Schwarz - von ihren Männern Enver und Mehmet, von dem 21-jährigen Sohn Halit, erschossen zwischen 2000 und 2006 in Nürnberg, Dortmund und Kassel. Den Ermittlungen zufolge drei Opfer des Neonazi-Trios Böhnhardt-Mundlos-Zschäpe. Die Frauen beschreiben, wie sie ihre Männer kennen und lieben gelernt haben, wie sie von den Morden erfahren, wie sie der Nähe zum organisierten Verbrechen verdächtigt wurden, wie sie im Prozess Beate Zschäpe gegenübersaßen. Alles Originalaussagen aus Interviews, die die Theatermacher mit Simsek, Kubasik und Yozgat geführt haben. Neslihan Arol übernimmt verschiedene Rollen wie die der Ermittlungsbeamten, Lutz Spira begleitet das Stück sehr minimalistisch auf der Gitarre.
Nach der Vorstellung haben die Zuschauer Gelegenheit, mit Gavriil Boulgarides ins Gespräch zu kommen, dessen Bruder Theodoros 2005 in München erschossen wurde und ebenfalls als NSU-Opfer gilt. Boulgarides wird sehr deutlich, wenn es um die Aufarbeitung jener Mordserie geht, die als einer der größten Skandale in der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte gilt. Der Grieche, der eigenen Aussagen zufolge zu Gott gefunden und den Tätern heute vergeben hat, zeigt sich überzeugt davon, dass die Morde nicht allein die Taten „dieser drei Kinder“ gewesen seien. Diese seien vielmehr „unterstützt und finanziert“ worden. Die Politik möge sich das endlich eingestehen, sagt Boulgarides. Das Gerichtsverfahren gegen Beate Zschäpe bezeichnet er als „Farce“.
NSU-Morde
- Rassistisch motivierte Morde an Kleinunternehmern mit Migrationshintergrund
- Um Leben kamen acht Türkeistämmige und ein Grieche
- Verantwortlich war die die rechtsextreme Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)
- Im Zeitraum bis 2000 und 2006 in deutschen Großstädten
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