Neustadt an der Waldnaab
15.10.2018 - 20:21 Uhr

In der Wahl Musik drin

Nach einer sehr unruhigen Nacht löste sich am frühen Montagnachmittag bei Annette Karl die ganze Anspannung. Die Neustädterin ist auch die nächsten fünf Jahre im Landtag. Ein Anderer muss zu dem Zeitpunkt dagegen noch zittern.

Theresa und Janusz Skutella gratulieren Sohn Christoph zum Einzug in den Landtag. Bild: ms
Theresa und Janusz Skutella gratulieren Sohn Christoph zum Einzug in den Landtag.

"Da passiert nichts mehr", freut sich eine "total erleichterte" SPD-Landtagsabgeordnete kurz nach 14 Uhr. Bis auf Amberg und Schwandorf sind alle Oberpfälzer Stimmkreise in der Aufstellung des Landeswahlleiters enthalten. Mit 22 689 Stimmen führt Karl souverän vor der Regensburgerin Margit Wild (14 635). Damit sind beide wieder im Maximilianeum.

Wenn sich am Donnerstag in München die Fraktion trifft, erwartet Karl inhaltliche Veränderungen. Ob sie nach dem Rücktritt Markus Rinderspachers als Fraktionssprecherin zur Verfügung steht, darüber will sie sich noch Gedanken machen. Bis Donnerstag werde Klarheit herrschen.

Spannender sieht die 58-Jährige die Diskussion auf Parteiebene. Für notwendig hält die Vize-Landeschefin noch heuer einen Sonderparteitag mit Neuwahlen. Nach der Schlappe könne die Partei definitiv nicht mehr bis 2019 warten. "Wir müssen miteinander solidarisch, aber hart zur Sache gehen, inhaltlich und personell. Aber auch in Berlin muss alles auf den Tisch. Denn 80 Prozent des Wahlergebnisses haben wir Berlin zu verdanken." Diese nicht funktionierende, schlechte Regierung habe Deutschland nicht verdient.

Mit einem Gläschen Sekt wird an diesem Dienstag in ihrem Bürgerbüro in Neustadt auf ihre Wiederwahl angestoßen. Dazu werden Bezirkstagskandidatin Sabine Zeidler, Geschäftsführerin Gisela Birner, stellvertretende Landrätin Margit Kirzinger, Kreistagsfraktionschef Günter Stich und stellvertretender Kreisvorsitzender Jürgen Kürzinger kommen.

Immer noch ein wenig zittern muss der Weidener Christoph Skutella von der FDP, da bis Redaktionsschluss das Ergebnis aus dem Landkreis Schwandorf fehlte. Er führt aber mit 6998 Stimmen vor dem Neumarkter Huu Loi Vo (6203). Da dürfte nichts mehr schiefgehen. Am Abend brach Skutella zur Landesvorstandssitzung nach München auf. Der 33-jährige freiberufliche Musikschullehrer will weiter einen Teil seiner Schüler unterrichten.

Den Schwerpunkt seiner parlamentarischen Arbeit sieht er im Bereich Kunst und Kultur. Er will sich auch für gleichwertige Verhältnisse einsetzen. Eigenverantwortung ist für ihn das Nonplusultra. Seit er 16 ist, ist der Musiker Mitglied bei den Liberalen. "Das liegt wohl daran, dass ich ein freiheitsliebender Mensch bin", sagt der überzeugte Europäer. Seine Familie sei 1979 aus Polen geflohen. Skutella ist verheiratet, seine Frau Julia (31) ist Urologin am Klinikum Weiden.

Keine Zweifel gab es am Einzug Roland Magerls von der AfD in den Landtag. Der Manteler verteidigte unangefochten seinen Spitzenplatz auf der Oberpfalzliste und drückte Stefan Löw ganz fest die Daumen. Der Parteifreund aus Floß war im Stimmkreis Tirschenreuth angetreten und liefert sich mit dem Regensburger Benjamin Nolte ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den zweiten Listenplatz. Am Abend lag Löw mit 20 689 Kreuzchen vor Nolte (19 032).

Dagegen zeichnete sich bei den übrigen "Wackelkandidaten" frühzeitig ab, dass es nicht reichen wird. Nach dem großartigen Abschneiden im Stimmkreis Weiden fehlten dem Neustädter Freien Wähler Karl Meier ebenso wie seinem Erbendorfer Kollegen Bernhard Schmidt viele Zweitstimmen. Diese flossen vor allem nach Regensburg, wo die "Freien" mit Tanja Schweiger die Landrätin stellen, und nach Neumarkt, wo der Oberbürgermeister ein Freier Wähler ist. Meier war aber alles andere als enttäuscht. "Ich habe mit meiner Frau getanzt", verriet der Kreisrat.

Ähnlich erging es Klaus Bergmann von den Grünen, der am Sonntag noch guter Dinge war. Auch bei dem Neuhauser reichten die Zweitstimmen bei weitem nicht aus, so dass er etliche Mitbewerber vorbeiziehen lassen musste.

Kommentar:

Starke Riege im Landtag

Weil das Landratsamt Schwandorf immer noch auf Fehlersuche ist, wissen einige Kandidaten erst heute, ob ihr Arbeitsplatz künftig das Maximilianeum sein wird. Aber trotzdem steht schon fest: Der Raum Weiden/Neustadt/Tirschenreuth war noch nie mit so vielen Männern und Frauen in München präsent. Neben den beiden Stimmkreisabgeordneten Stephan Oetzinger und Tobias Reiß (beide CSU) werden künftig Annette Karl (SPD), Roland Magerl (AfD) und Anna Toman (Grüne) sowie höchstwahrscheinlich der Überraschungsmann Christoph Skutella (FDP) und Stefan Löw (AfD) die Interessen der Region im Landtag vertreten. Konstruktive Zusammenarbeit ist gefragt.
Für einen Paukenschlag könnte zudem Annette Karl sorgen. Nach dem Rücktritt von Markus Rinderspacher sucht die SPD einen Fraktionschef. Für viele wäre nicht überraschend, wenn die Neustädterin die stark geschrumpfte SPD-Riege in die neue Legislaturperiode führen würde. Für die nördliche Oberpfalz sicher kein Nachteil.

Martin Staffe

 
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